So sah die Vordere Straße früher aus. Wäre nicht die Kirche, würde man sie heute nicht wiedererkennen. Foto: privat

900 Jahre ist es her, dass Poppenweiler erstmals urkundlich erwähnt wurde. Das ist Grund für das frühere „Bobbenwilare“, den Ludwigsburger Stadtteil mit verschiedenen Aktionen das ganze Jahr über zu feiern.

Es soll neu Zugezogene geben, denen es ein wenig peinlich ist, zu sagen, wo sie wohnen. Nicht wegen des jüngsten Ludwigsburger Stadtteils selbst, der sich seine ländliche Idylle und eine gut funktionierende Dorfgemeinschaft bewahrt hat. Nein, es liegt am Namen Poppenweiler, der in manchen Köpfen zweideutige Assoziationen weckt. Dabei könnten auch Neubürger nicht nur zum Namensursprung, sondern auch zum Ort einiges erzählen, wenn sie sich mit dessen Geschichte befassen würden. Immerhin begeht er in diesem Jahr sein 900-Jahr-Jubiläum. Das wird mit einer Vielzahl von Veranstaltungen gefeiert, die auch die eine oder andere Wissenslücke schließen dürften.

Der Name kommt von einem mittelalterlichen Vornamen

Anno 1123 taucht der Name „Boppenwilare“ erstmals auf – in einer Stiftungsurkunde zugunsten des Klosters Odenheim. Zurückzuführen ist die Ortsbezeichnung vermutlich auf den mittelalterlichen Vornamen Boppo oder Poppo, den die Grafen von Lauffen häufig trugen. Vermutlich haben sich aber schon viel früher Menschen auf dem Gemeindegebiet angesiedelt, sagt Günther Albrecht vom Heimatverein Poppenweiler: „Bei Ausgrabungen nahe der Baumschule Müller ist man auf keltische Spuren gestoßen.“

Lange Zeit ging man übrigens davon aus, der Ort sei bereits 1122 erstmals schriftlich genannt worden. Denn diese Jahreszahl steht auf der erwähnten Urkunde. Doch das Stadtarchiv Ludwigsburg habe zusammen mit Historikern herausgefunden, dass das gar nicht sein könne, berichten Dieter Rottner und Sandra Braun vom Kulturring Poppenweiler. Denn der Unterzeichner der Urkunde sei damals noch gar nicht in Amt und Würden gewesen.

Ein von Marbach und Ludwigsburg begehrtes Dorf

Wie auch immer: Im Lauf des 14. Jahrhunderts gelangte Poppenweiler jedenfalls an die Grafschaft Württemberg und unterstand dem Amt Marbach. Gegen den Widerstand der Marbacher Amtsversammlung verfügte Herzog Karl Eugen dann im Jahr 1762, dass Poppenweiler zum Oberamt Ludwigsburg zu gehören hatte – das Dorf war reich an Steinbrüchen, Weinbauflächen, Obstbäumen und Wald; das könnte ein Grund für das Dekret gewesen sein.

Auch vor knapp 50 Jahren, bei der Gebietsreform, zog Marbach gegenüber Ludwigsburg den Kürzeren – Poppenweiler fiel nicht an die Schillerstadt und formte auch nicht, was ebenfalls in der Diskussion war, eine neue Einheit mit Hochberg und Hochdorf, sondern wurde am 1. Januar 1975 Teil der Barockstadt. Die hatte schon damals zu wenig Flächen für eine Erweiterung. Mit seiner Gemarkungsfläche von 7,64 Quadratkilometern war Poppenweiler deshalb attraktiv . Heute ist es der größte Stadtteil.

Wechselvolle Geschichte

Über die zwangsweise Eingemeindung war nicht jeder glücklich. Auch heute noch fühlt sich so mancher von der Kernstadt abgehängt. Allerdings müssen selbst Kritiker einräumen, dass sich die Infrastruktur seither verbessert hat, was beispielsweise Straßenbeleuchtung und Busanbindung betrifft. Zudem kam Ludwigsburg der vertraglich zugesicherten Aufgabe nach, die historische Zehntscheuer und die Kelter zu sanieren.

Dass diese Gebäude aus den Jahren 1596 und 1597 überhaupt erhalten geblieben sind, ist nicht selbstverständlich. Im Dreißigjährigen Krieg, durch Franzoseneinfälle 1688 und 1698 sowie im spanischen Erbfolgekrieg 1707 gab es im Ort etliche Zerstörungen. Durch einen Brand 1816 wurden 15 Gebäude vernichtet. Dennoch zeichnet sich der alte Ortskern auch heute noch durch sehenswerte Fachwerkhäuser aus – etwa die „Krone“ oder das ehemalige Schul- und Gemeindehaus. Generell verfügen noch viele Gebäude über eine mittelalterliche Bausubstanz. Dass es einst als Haufendorf entstanden ist, merkt man in Poppenweiler noch an dem dichten Netz unregelmäßig und strahlenförmig zusammenlaufender Straßen und Gassen.

Das Stück heile Welt wird sogar im Lied besungen

Bis heute hat Poppenweiler, anders als andere Stadtteile, sein dörfliches Erscheinungsbild bewahrt, was auch daran liegen dürfte, dass es recht weit von der Kernstadt entfernt im Grünen liegt und zudem, anders als in anderen Eingemeindungen, auch keine Hochhäuser gebaut wurden. Dörflich im positiven Sinne sind auch der Zusammenhalt und das aktive Vereinsleben im Ort. Der Kulturverein Poppenweiler etwa stieß mit seinem Aufruf, Ideen und Aktionen für das Jubiläum einzubringen, auf offene Ohren, sodass das ganze Jahr über ein abwechslungsreiches Programm stattfindet.

Seit Ende Dezember hat Poppenweiler sogar ein eigenes Lied, das zu allen Festen gesungen werden soll und seit wenigen Tagen auch mit einem Video bei Youtube zu finden ist. Geschrieben wurde der Song, der Poppenweiler als „städtenahe Dorfidylle“ und eine kleines Stückchen heile Welt schildert, eigens für das Jubiläum von dem Musiker Alex Krämer, gesungen von ganz vielen verschiedenen Menschen. „Wir haben zusammen genau das geschaffen, was so ein Lied über uns und unsere Gemeinschaft aussagen soll“, so Krämer. Und ganz besonders freut er sich darüber, dass das Lied auch schon von den Kindern an der Grundschule gesungen wird.

Auftaktfeier des Jubiläumsjahrs

Gefeiert wird das Jubiläum des heutigen Ludwigsburger Stadtteils das ganze Jahr über. Zum Auftakt lädt Oberbürgermeister Matthias Knecht zu einem Festakt „900 Jahre Poppenweiler“am Samstag, 28. Januar 2023, um 19 Uhr in die Kelter, Erdmannhäuser Straße 1. Organisiert wird die Veranstaltung ehrenamtlich vom Kulturring Poppenweiler. Im Jahresverlauf gibt es zahlreiche weitere Aktionen und Veranstaltungen von Kulturring, Vereinen und Bürgern, die alle unter www.poppenweiler.de/900 zu finden sind.