Die Münzen erzählen zuweilen eigene Geschichten. Foto: factum/Granville

Die Ludwigsburger Münzsammler gibt es als Verein seit nunmehr 40 Jahren. Aber ihre Zukunft ist ungewiss, es fehlt an Nachwuchs.

Ludwigsburg - Jede Münze hat eine Geschichte. Ewald Vogel kennt viele von ihnen. Der 69-jährige Ludwigsburger sitzt an einem riesigen Tisch im Forum am Schlosspark, umgeben vom Büchern und Edelmetall. Es ist ein Münzbörsen-Samstag, und Vogel ist dabei – Ehrensache als Vorsitzender der Ludwigsburger Münzfreunde. Besucher kommen vorbei, die ihn um Rat fragen und Händler, die mit ihm feilschen. Und zwischendurch erzählt Ewald Vogel die Geschichten der Münzen, eine nach der anderen, manche lustig, manche bewegend, alle historisch.

Für einen Brüning-Taler gab es eine Brezel

Da ist beispielsweise das 4-Pfennig-Stück, das 1932 in der Weimarer Republik geprägt wurde, der so genannte Brüning-Taler. „Damals haben Brezeln 4 Pfennig gekostet“, nennt er einen Grund für das ungewöhnliche Geldstück.

Da ist auch die Geschichte eines 20-Kronen-Stücks, eine Geschichte, die mit Ewald Vogels eigener eng verknüpft ist. Vier Monate lang sparte er anno1965, um sich die Prägung leisten zu können. 165 Mark kostete sie, viel Geld für einen Bankkaufmann-Lehrling. Doch damit war es um ihn geschehen. Vogel wurde zum Sammler, später zum Vorsitzenden der Münzfreunde.

Bei der Gründung gab es 72 Mitglieder

40 Jahre wird der Ludwigburger Traditionsverein in diesem Jahr alt, zum Festakt war sogar Albert Raff da, früherer Präsident der deutschen numismatischen Gesellschaft. Und, so erzählt Ewald Vogel während der Münzbörse an jenem Samstag, nicht nur von den Münzen selbst, sondern auch von den Menschen aus Ludwigsburg, die sie seit 40 Jahren sammeln, und von ihrem Verein. Im April 1976 kamen 72 Sammler in den Räumen der Kreissparkasse Ludwigsburg zusammen und gründeten die Münzfreunde, Vorsitzender war damals Karl Heinz Wacker.

Bald war die Anzahl der Mitglieder auf 85 angewachsen, die Numismaten organisierten Börsen, Vorträge, Ausstellungen. „Das erklärte Ziel war, das Münzensammeln noch bekannter zu machen“, erzählt Ewald Vogel. Das taten die Münzfreunde teilweise mit unorthodoxen Mitteln. So prägten sie um 1980 herum drei Gedenk-Medaillen aus Silber und Gold, die die württembergischen Herzoge Eberhard-Ludwig und Karl-Eugen zeigen. Um Werbung zu machen, verliehen die Münzfreunde die Medaillen an verdiente Persönlichkeiten der Stadt.

Eine Münze für Horst Köhler

Auch Horst Köhler sollte zu seiner Zeit als Bundespräsident eine bekommen, immerhin lebte er lange in Ludwigburg. Indes: über das Bundespräsidialamt einen Termin zu bekommen, war für Vogel schier unmöglich. So wartete er, bis der CDU-Politiker zu Gast war in Ludwigsburg bei einer Benefizveranstaltung in der Kreissparkasse. Über einen Bekannten kam er ebenfalls hinein – und überreichte Köhler in einer Pause die Medaille einfach. „Das war gute Werbung für uns und die Gedenkmünzen“, erinnert sich Ewald Vogel. Und winkt Silvano Rossi zu, dem Organisator der Münzbörse, der dankbar ist für die Hilfe der Münzfreunde. „Sie bieten ein neutrales Informationsangebot“, bei ihnen könne man sogar Gold bewerten lassen, sagt Rossi.

Vogel erzählt sodann eine weitere Anekdote aus der Vereinshistorie: Einmal habe jemand eine chinesiche Käschmünze aus der Qing-Dynastie vorbeigebracht. „Sein Sohn hatte sie irgendwo gefunden und spielte damit“, so Vogel. Es stellte sich heraus, dass die unscheinbare Münze mit den chinesischen Schriftzeichen sehr alt und sehr wertvoll ist. „Wir konnten sie für 6000 Euro versteigern lassen“, berichtet Vogel. Münzen können also viel wert sein, sie zu sammeln, ist ein teures Hobby. Deswegen fehlt es an Nachwuchs, aber auch, weil junge Menschen heute eher Sticker sammeln oder im Internet surfen. Aktuell hat der Verein nur noch 31 Mitglieder. Wenn Vogel über die Zukunft des Vereins spricht, wird er daher etwas ernster. „Ich weiß nicht, ob und wie es uns in zehn Jahren noch gibt“, sagt er, der Altersschnitt sei hoch bei den Münzfreunden. „Wir können nur dafür kämpfen, das Hobby am Leben zu halten.“

Da sieht auch Hans-Jürgen Rohbock so, 77 Jahre alt und ebenfalls Mitglied der Münzfreunde. Was die Faszination am Münzensammelnausmache? „Die Historie um die Entstehung des Geldes“, sagt das Gründungsmitglied. „Und wie das alles mit den Menschen zusammenhängt.“