Leeres Ludwigsburger Marstall-Center: Zu welchen Konditionen wird der Einzelhandel wieder öffnen können? Foto: factum/Andreas Weise

Die Kreise Böblingen, Göppingen und Rems-Murr verkünden, am Montag werde der Einzelhandel öffnen. Landrat Dietmar Allgaier will das für den Landkreis Ludwigsburg zwar auch so schnell wie möglich erreichen – aber keine Nägel mit Köpfen machen, bevor die neue Corona-Verordnung überhaupt veröffentlicht ist.

Landkreis Ludwigsburg - Die Sieben-Tages-Inzidenz für die drei Landkreise Böblingen, Göppingen und Rems-Murr liegt seit Tagen stabil unter dem Grenzwert von 50. Die Landräte Roland Bernhard (Böblingen), Edgar Wolff (Göppingen) und Richard Sigel (Rems-Murr-Kreis) haben deshalb am Freitagabend in einer gemeinsamen Pressemitteilung angekündigt, für sie sei es klar, dass es in ihren Kreisen von Montag an Lockerungen geben müsse, selbst wenn die maßgebliche Corona-Verordnung des Landes Baden-Württemberg noch nicht bekannt sei. Der Einzelhandel werde öffnen können.

Der Ludwigsburger Landrat Dietmar Allgaier hingegen erklärt, dass, „wenn es nach der neuen Corona-Verordnung des Landes rechtlich möglich ist, auch wir den Einzelhandel Anfang nächster Woche öffnen werden“. Zwar lag die Sieben-Tage-Inzidenz am Mittwoch und Donnerstag knapp über 50, doch zuvor hatte sie wochenlang teils deutlich unter dem 50er-Wert gelegen, und auch am Freitag rutschte sie wieder auf 48,7. „Aus dieser Verstetigung der Zahlen und nicht aus einer Momentaufnahme heraus“, so Allgaier, schöpfe er die Zuversicht, dass die Öffnung möglich sein werde.

Allgaier: Unglückliches Timing

„Aber: Die neue Verordnung ist nun einmal noch nicht raus, auch wenn es unglücklich ist, dass es in Baden-Württemberg damit mal wieder bis zum Wochenende dauert“, sagt Allgaier. Deshalb wundert er sich auch, dass die Kreise nicht gemeinsame Sache machten und ihr Vorgehen abstimmten, zumal mit Böblingen und Rems-Murr zwei direkt zu Ludwigsburg benachbarte Kreise mit von der Partie seien. „Wir haben von dem Schritt der Kollegen aber auch nur durch die Pressemitteilung erfahren“, sagt der Ludwigsburger Landrat verschnupft.

Bernhard, Wolff und Sigel verkünden: „Der Einzelhandel braucht Planungssicherheit. Es ist nicht praktikabel, Öffnungen von der Inzidenz am Sonntagnachmittag abhängig zu machen.“ Dies besonders vor dem Hintergrund, dass Öffnungen Vorbereitung bräuchten und die Vorbereitungszeit ohnehin knapp genug bemessen sei. „Wir haben großes Vertrauen in den Einzelhandel und gerade auch den Fachhandel, der seit Wochen in den Startlöchern steht, um mit ausgefeilten Hygienekonzepten zu öffnen, um endlich wieder für seine Kunden da sein zu können“, heißt es in der Pressemitteilung weiter. So groß die Freude über diesen Lichtblick sei, müssten aber doch Vorsicht und Verantwortung oberste Priorität haben: „Die Öffnung des Einzelhandels könnte zu einem kurzen Intermezzo werden, wenn die Inzidenzwerte wieder steigen. Bei einem mehrtägigen Überschreiten der 50-er-Inzidenz müsste erneut über Schließungen nachgedacht werden.“

Im Notfall wieder umschwenken

Daran will das Landräte-Trio aber erst einmal nicht denken: Bund und Länder hätten bei der Ministerpräsidentenkonferenz am 3. März beschlossen, dass mögliche Corona-Lockerungen je nach regionalem Infektionsgeschehen umgesetzt werden sollten, „und auch in Baden-Württemberg wird dieser Beschluss umgesetzt“, betonen sie in ihrer gemeinsamen Erklärung. „Bei einer stabilen Sieben-Tages-Inzidenz unter 50 treten Lockerungen in Kraft und können 14 Tage später noch erweitert werden, wenn die Inzidenz weiterhin stabil unter 50 liegt.“ Und dafür orientiere man sich eben nicht an einem landesweiten Inzidenzwert, sondern auf die Werte in den Landkreisen.

„Sollte die für das Wochenende erwartete Corona-Verordnung doch anderweitige Regelungen treffen, müsste darauf kommende Woche ebenfalls reagiert werden“, erklären die Landräte. „Uns war aber wichtig, noch vor dem Wochenende ein klares Signal an den Einzelhandel für unsere Landkreise zu senden.“

In Sachen Absprache gibt es Luft nach oben

Die Risiken, die mit einer Öffnung auf Landkreisebene einhergingen, habe der Landkreistag im Vorfeld angesprochen und sie seien vom Land abgewogen worden. „Wir hoffen, dass diesem ersten Schritt bald weitere folgen können und sich in unseren Landkreisen auch für andere Branchen, insbesondere auch für die leidgeplagte Gastronomie und Hotellerie, spätestens zu Ostern Perspektiven bieten.“

Das hofft man auch im Landkreis Ludwigsburg. In einer Situation, in der ohnehin reichlich Verwirrung über die Öffnungsmodalitäten herrscht, will Dietmar Allgaier dennoch erst Tatsachen schaffen, wenn das Land die rechtliche Grundlage dazu publik gemacht hat. In Sachen kreisübergreifender kollegialer Absprache zu diesem Thema, findet er, gebe es noch Luft nach oben.