Ein Hypnotiseur aus Ludwigsburg soll sich mehrfach an Patientinnen vergangen haben. Foto: picture alliance / maxppp/BOILEAU Franck

Ein 44-jähriger Hypnotiseur aus Ludwigsburg muss wegen sexuellen Missbrauchs ins Gefängnis. Der Mann ist schon zweimal wegen ähnlicher Vergehen verurteilt worden.

Ludwigsburg - Will jemand das Rauchen aufgeben, abnehmen oder eine kriselnde Beziehung beenden? Ein 44-Jähriger aus Ludwigsburg hat dafür seine Dienste angeboten. Seine bevorzugte Methode war Hypnose. Als im vorigen Oktober eine damals 25-jährige Frau zu ihm kam, die an Depressionen und Trennungsschmerz litt, soll der Hypnotiseur die Situation ausgenutzt haben. Die Frau gab an, er habe sie wiederholt an Brust, Bauch und Po betatscht und obszöne Dinge gesagt. Darum musste sich der Mann jetzt am Ludwigsburger Amtsgericht wegen sexuellen Missbrauchs verantworten – und dies bereits zum dritten Mal.

Einschlägig vorbestraft

Der 44-Jährige, der sein Gewerbe nach eigener Aussage vor 15 Jahren bei diversen Einrichtungen „in Bayern, der Schweiz und in Stuttgart“ erlernt hat, hatte auch 2016 und 2017 wegen des sexuellen Missbrauchs von Patientinnen vor Gericht gestanden. In beiden Fällen hatte er seine Unschuld beteuert, konnte damit aber die Richter nicht überzeugen. Die Frauen hatten ihm damals vorgeworfen, er habe sie während der Hypnose sexuell missbraucht. Der Mann ist beide Male zu Bewährungsstrafen verurteilt worden – einmal zu sieben, einmal zu 18 Monaten.

Seit 2017 hat er zwar nicht mehr als selbstständiger Coach – so seine eigene Berufsbezeichnung – praktiziert, aber als Angestellter eines Berliner Hypnose-Unternehmens weiterhin Patienten in der Ludwigsburger Praxis empfangen. Sein Verteidiger hatte ihm nach den angeblich zu Unrecht erhobenen Vorwürfen von Patientinnen geraten, zu seinem eigenen Schutz in seinem Hypnoseraum Überwachungskameras zu installieren.

Der Angeklagte beteuert seine Unschuld

Mit den Aufzeichnungen dieser Kameras hofften er und sein Verteidiger nun die neuerlichen Vorwürfe entkräften zu können. Die junge und zierliche Frau hatte unter anderem angegeben, dass sie während der Behandlung die meiste Zeit geweint habe, dass sie sich von dem großen und kräftigen Mann bedrängt fühlte, aber dass sie dennoch nicht in der Lage gewesen sei, die Behandlung abzubrechen: „Dafür habe ich mich hinterher sehr geschämt, aber ich hatte Angst vor ihm.“ Auf den Filmen sei ganz deutlich zu erkennen, so der Angeklagte, dass er nicht übergriffig geworden sei und dass die junge Patientin anders als von ihr behauptet während der mehrstündigen Behandlung ganz gelöst und fröhlich gewesen sei. „Sie hat sogar mit dem Hypnotiseur geschäkert“, ergänzte sein Verteidiger. Sein Mandant sei unschuldig und müsse daher frei gesprochen werden.

Also schauten sich das Gericht, die Staatsanwältin und die Anwältin der jungen Frau die Videoaufnahmen vom fraglichen Tag im Oktober 2018 an – kamen jedoch zu dem Schluss, dass die Geschädigte die Wahrheit gesagt hat.

„Das Entscheidende fehlt“

Von einem Schäkern könne keine Rede sein, sagte die Staatsanwältin nach der Sichtung. Die Bewegungen und die Körpersprache der jungen Frau zeigten vor allem, dass sie sich unwohl und von dem Coach bedrängt gefühlt habe, sagte die Anwältin der Frau. Alle Beteiligten beanstandeten die mindere technische Qualität der Aufnahmen und dass nicht zu hören ist, was gesprochen wurde. Nach Aussage der Kriminaltechnik hatte es zwar eine Tonspur auf dem Film gegeben, aber sie konnte nicht wieder hörbar gemacht werden.

„Außerdem fehlt das Entscheidende in diesen Filmen“, sagte Richterin Andrea Henrich. In vier Szenen, in denen es um die sexuellen Handlungen des Angeklagten ging, war nur er zu sehen, während sich die Patientin außerhalb des Bildausschnitts befand. „Man sieht nur, dass Sie sehr eng an sie heranrücken und dass eine Hand von Ihnen nach vorne geht“, sagte die Staatsanwältin. Und die Anwältin der Patientin ergänzte: „Sie haben die Kamera genau so eingestellt, dass man das, worum es hier vor allem geht, gerade nicht sieht.“

Diese Tatsache und die Art, wie die Patientin die Anschuldigungen vorgebracht habe, seien ausschlaggebend für das Urteil, sagte die Richterin: „Die junge Frau war bei ihrer Aussage immer noch sehr mitgenommen. Und sie hat keinen Belastungseifer an den Tag gelegt.“

Bewährung ausgeschlossen

Die Staatsanwaltschaft hatte ein Jahr Gefängnis gefordert, das Gericht verurteilte den Mann zu neun Monaten Haft. „Um diese Strafe zur Bewährung aussetzen zu können, bedürfte es einer positiven Prognose“, sagte die Richterin. „Aber nachdem Sie schon zweimal einschlägig vorbestraft sind, sehe ich die nicht.“