Ein verschwommenes Bild aus dem Fotoalbum des Großvaters.Foto:Peter Foto:  

Als Levin Peter bei seinem Großvater ein Fotoalbum mit Bildern aus dem ukrainischen Mariupol findet, ist der alte Mann schon dement. Peters Film „Hinter dem Wintersturm“ erzählt von der Suche nach der Wahrheit.

Ludwigsburg/Berlin - Am Ende der Dreharbeiten ist Levin Peter seinem Großvater ganz nah gekommen. „Hinter dem Schneesturm“ heißt der Dokumentarfilm, den er über die Annäherung an den heute 95-Jährigen gedreht hat. Der Film, für den Peter in die Ukraine gereist ist, ist mehr als eine touristische Erkundung des für ihn unbekannten Landes, in dem sein Großvater als Soldat stationiert war. Er ist eine Mischung aus Vergangenheitserforschung und Familiengeschichte unter dem Vorzeichen der Demenz.

In seinem Diplomfilm legt der 30-jährige Filmakademie- Student sowohl eine deutsche wie auch eine sehr private Erinnerungsgeschichte frei. Preise hat der 90-Minüter schon eingefahren – auf dem Max-Ophüls-Filmfestival und bei den First-Step-Awards wurde er ausgezeichnet. Nun läuft er auf der Berlinale. Es geht darum, einen Verleih und einen Sendeplatz zu finden.

Der Großvater war dort, wo der Krieg war

Als Levin Peter in das ukrainische Mariupol fuhr, um mehr über seinen Großvater zu erfahren, der dort 1943 als deutscher Wehrmachtssoldat im Einsatz war, hatte er viele Fragen im Gepäck. Denn als er im Schrank seines Großvaters ein Fotoalbum mit alten Schwarz-Weiß-Bildern entdeckt hatte, konnte der aufgrund seiner Demenz nicht mehr auf alle Frage antworten. Die Aufnahmen, das war klar, wurden in der Gegend um Mariupol fotografiert. Es sind Bilder vom Krieg. Denn dort im Donezbecken verlief die Front.

Doch wie ergründet man das Leben eines Menschen, dessen Erinnerungen langsam schwinden? Wie bringt man in Erfahrung, was er getan hat, wenn man auf Fragen keine zuverlässigen Antworten mehr bekommen kann? Vor und nach seiner Reise, die er noch vor dem Ausbruch der kriegerischen Auseinandersetzungen in der Ukraine machte, besuchte Peter seinen Großvater regelmäßig im Pflegeheim in Jena. In der Ukraine nahm er Geräusche auf und brachte sie als Konserve nach Deutschland: das Rauschen des Meeres etwa und das Quietschen der Züge. Beides brachte dem alten Mann die Vergangenheit nahe, die nicht nur er gefangen hält, sondern die umgekehrt auch ihn gefangen hält und quält.