Das Ludwigsburger Demoz betreibt politische Aufklärung. Foto: factum/Simon Granville

Das Finanzamt hat dem Ludwigsburger Verein Demoz den Status der Gemeinnützigkeit entzogen. Nun erhofft sich der Verein Rückendeckung ausgerechnet von der Oberfinanzdirektion.

Ludwigsburg - Seit das Ludwigsburger Finanzamt dem Demokratischen Zentrum (Demoz) die Gemeinnützigkeit aberkannt hat, reißt die Debatte nicht ab. Wollte Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) Ende November noch neue Richtlinien für die Gemeinnützigkeit von Vereinen erlassen, musste er diese aufgrund von massiven Protesten wenig später wieder kassieren. Derweil bekommen immer mehr Vereine und Organisatoren ablehnende Bescheide von den Finanzbehörden. Die Verunsicherung ist groß. Auch Yvonne Kratz vom Demoz-Vorstand weiß nicht, wie es nun weitergehen wird.

„Was kann gemeinnütziger sein als Antifaschismus?“ fragte jüngst Esther Bejarano (95), Auschwitzüberlebende und Ehrenvorsitzende eines antifaschistischen Verbands, dem das Finanzamt ebenfalls die Gemeinnützigkeit abgesprochen hat. Im Falle des Demoz hatte das Finanzamt dem Verein unter anderem vorgeworfen, ganze Gruppen auszuschließen. Tatsächlich macht Demoz auf seiner Website klar, dass Personen, „die rechtsextremen Parteien zuzuordnen sind oder die durch rassistische, nationalistische, antisemitische oder sonstige menschenverachtende Äußerungen in Erscheinung getreten sind“, nicht erwünscht sind.

Ausschluss von Extremisten zulässig

Grundsätzlich halten sich die Finanzbehörden in der Sache bedeckt. Meist mit Verweis auf den Datenschutz, so wie im Ludwigsburger Fall. Anfang Dezember aber hat die Oberfinanzdirektion ein Schreiben in Umlauf gebracht, das detailliert über das Thema Gemeinnützigkeit informieren soll. Hier nun steht ausdrücklich, dass Zugangsbeschränkungen eines Vereins für bestimmte Gruppieren nicht zur Aberkennung der Gemeinnützigkeit führen, „wenn hierfür sachlich relevante Gründe vorliegen“. Diese wiederum lägen vor, wenn „Mitglieder extremistischer Organisationen ausgeschlossen“ würden, heißt es in dem Schreiben der Oberfinanzdirektion. Yvonne Kratz vom Demoz sieht sich dadurch bestätigt.

Die Beamten des Bundesfinanzministers Scholz möchten dagegen die Gemeinnützigkeit noch weiter einschränken: Alle Vereine, die sich politisch äußern, sollten die Steuervergünstigungen gestrichen werden. Angeblich befürchtet man im Ministerium, dass sich politische Parteien per Vereinsrecht illegal Spenden erschleichen könnten. Doch durch ihren Vorstoß haben auch Karnevalsvereine die Sorge, man verpasse ihnen einen Maulkorb: Politische Satire wäre dann tabu, weil sie nicht dem Vereinszweck entspricht.

Ministerialbeamte stiften Verwirrung

Statt mehr Klarheit zu schaffen, hat das Bundesministerium mehr Verwirrung gestiftet. Aufgrund vieler Proteste musste Scholz die Richtlinien wieder kassieren. Nun soll an einer Neufassung des Gesetzes zur Gemeinnützigkeit gearbeitet werden. Was auch immer dabei herauskomme, „politisches Engagement für gemeinnützige Ziele muss steuerlich unschädlich sein“, meint der Grüne Europaabgeordnete Sven Giegold.

Seit im Frühjahr der Nichtregierungsorganisation Attac die Gemeinnützigkeit abgesprochen wurde, scheint ein Prozess in Gang gekommen zu sein, von dem inzwischen auch viele kleine Vereine betroffen sind. Erst kürzlich wurde auch dem Stuttgarter Bündnis Omas gegen rechts klar gemacht, dass ihnen der Status der Gemeinnützigkeit verweigert werde.