24 Stunden Rennatmosphäre: Marc Lieb fährt den Porsche 919 Hybrid mit der Nummer 14 Foto: Getty

Die Strecke kennt er im Schlaf, die Atmosphäre rund um das 24-Stunden-Rennen ebenfalls – doch dieses Jahr ist der Start des Ludwigsburgers Marc Lieb in Le Mans etwas ganz Besonderes.

Die Strecke kennt er im Schlaf, die Atmosphäre rund um das 24-Stunden-Rennen ebenfalls – doch dieses Jahr ist der Start des Ludwigsburgers Marc Lieb in Le Mans etwas ganz Besonderes.

Le Mans - Die Augen glänzen. Die Vorfreude ist Marc Lieb ins Gesicht geschrieben. Diesen Samstag (15 Uhr/Eurosport) startet der Ludwigsburger wieder beim 24-Stunden-Rennen in Le Mans, es ist sein neunter Start. Und doch etwas Neues. „Ich starte in einer neuen Klasse, jetzt geht es um den Gesamtsieg“, sagt der 33-Jährige. Mit dem Porsche 919 konnte er sich mit der zweitbesten Zeit im Training zwischen die beiden Toyota schieben. Direkt hinter ihm wird der zweite 919 vor den drei Audi R18 ins Rennen gehen.

Die Bilanz des Ludwigsburgers in Le Mans kann sich sehen lassen. Viermal durfte sich Lieb, seit 2003 Porsche-Werkfahrer, bei diesem Rennen jeweils in einem 911 als Klassensieger feiern lassen – aber eben nur bei den GT-Sportwagen, die in der medialen Wahrnehmung eine untergeordnete Rolle spielen. „Es ist ein Traum um den Gesamtsieg mitfahren zu können“, sagt er vor seinem ersten Auftritt in der LMP1-Klasse.

„Es sind viele kleine Unterschiede“, zieht Lieb einen Vergleich zwischen dem Auftritt 2013 und dem 2014. Da ist die Geschwindigkeit. Während der 911 RSR GT3 auf der Hunaudières-Geraden etwa 285 km/h schnell ist, ist der 919 mit mehr als 330 km/h unterwegs. Auch die Kurvengeschwindigkeiten sind deutlich höher. Am Ende einer der 13,629 Kilometer langen Runden lässt sich dies an der Durchschnittsgeschwindigkeit ablesen. Während er nun mit 242,7 km/h unterwegs war, schafften seine früheren Kollegen 208,2 km/h. „Klar wirken andere Kräfte, aber dadurch ist es nicht anstrengender“, sagt Lieb. Die schnelleren Prototypen kleben durch ihre auf Abtrieb ausgelegte Karosserie mehr auf der Straße, sie liegen ruhiger, während sich Lieb an ständige Lenkkorrekturen im GT3-Porsche erinnert. „Man war ständig im Kampf mit dem Auto.“

Der große Geschwindigkeitsunterschied zwischen Prototypen und Sportwagen hat schon das Training spannend, aber auch anstrengend gemacht. „Während ich früher immer mit einem Auge in den Rückspiegel nach den schnellen Fahrzeugen geschaut habe, bin ich jetzt mehrmals in einer Runde selbst am Überholen.“ Fasziniert ist Rennfahrer Lieb, der ein Ingenieurstudium abgeschlossen hat, von der neuen Technik. Seit diesem Jahr geht es nicht nur um pure Leistung, sondern um größtmögliche Effizienz. Porsche gewinnt über zwei Systeme elektrische Energie, die dann beim Beschleunigen wieder eingesetzt wird. Zum einen speist ein Generator an der Vorderachse die Lithium-Ionen-Batterien, zum anderen wird über thermische Abgasrückgewinnung Energie gewonnen, die parallel zum Vier-Zylinder-Turbomotor die Hinterräder antreibt. Kurzzeitig sorgen etwa 1000 PS für gewaltigen Vortrieb.

Trotzdem reichen die Energie aus 4,79 Liter Superbenzin, die den Benzinern vom Reglement für eine Runde zur Verfügung steht, und die gewonnene elektrische Ladung nicht wirklich aus. Bis zu 300 Meter früher muss Lieb den Gasfuß lupfen und das Auto segeln lassen. „Am Anfang war das schon eine gewaltige Umstellung“, beschreibt er den Wechsel des Fahrstils. Mittlerweile glaubt er, dass ihm dies schon in Fleisch und Blut übergegangen ist. Wobei ein wenig Skepsis bleibt. „Ich frage mich, ob ich daran denke, wenn ich mich im Zweikampf mit einem Audi oder Toyota befinde.“

Dass Marc Lieb die Umstellung auf die 2014er-Ausgabe von Le Mans gelungen ist, bewies er beim Medientermin mit allen Porsche-Fahrern. Seine ehemaligen GT3-Kollegen ließ er links stehen, begab sich wie selbstverständlich zu Ex-Formel-1-Fahrer Mark Webber. Und dabei strahlten seine Augen ganz besonders hell.