Von Süden kommt man nach Ludwigsburg nur noch auf einer Spur. Foto: Simon Granville / 

Es ist nicht mehr nur Einbildung – der Kreis Ludwigsburg hat aktuell ein Verkehrsproblem. Wichtige Achsen sind verengt und der öffentliche Nahverkehr ist auch keine Hilfe. Das Problem sind nicht die Bauarbeiter und Städte – sondern die Schuldenbremse.

Erinnern Sie sich noch an die Baustellen des vergangenen Jahres? Da war die Umleitung bei der Autobahnauffahrt Pleidelsheim, die Arbeiten an der Neckarbrücke in Freiberg, die Fahrbahnerneuerung auf der B27 beim XXXLutz in Ludwigsburg und die Sperrung des Grotztunnels in Bissingen. Im Winter, als die Bagger für ein paar Wochen Pause machten, schöpften einige Hoffnung: Vielleicht war der Spuk ja endlich vorbei. Doch diese Hoffnung war trügerisch. Kaum steigen die Temperaturen, geht es erst so richtig los.

 

Mittlerweile ist die gefühlte Wahrnehmung ein Fakt: In der Region gibt es derzeit auffällig viele Verkehrsbehinderungen – auf der Straße wie auf der Schiene. Und es wird nicht besser. Der jahrzehntelang aufgestaute Sanierungsbedarf in der Infrastruktur wird greifbar – und die Pendler müssen die Folgen der Schuldenbremse ausbaden.

Kornwestheim ist abgeschnitten

Aktuell etwa in Affalterbach, auf der wichtigen Verbindung von Marbach zur B 14, sorgt eine Baustellenampel für lange Wartezeiten. Ausweichen? Kaum möglich – denn auf der Umleitung in Richtung Remseck wird ebenfalls gebuddelt. Auch Ludwigsburg ist wieder betroffen. Wer auf der B27 von Kornwestheim in die Innenstadt fahren will, braucht aktuell vor allem eines: Geduld. 1,3 Kilometer Baustelle auf einer der zentralen Verkehrsachsen der Region.

Besonders den Kornwestheimern müsste so langsam der Kragen platzen. Denn die sind Richtung Norden quasi vom restlichen Landkreis abgeschnitten. Auf der B27 gibt es Dauerstau, zudem ist die Ludwigsburger Straße zum neuen W&W-Gelände seit Monaten gesperrt. Viele fahren weite Umwege, um nach Ludwigsburg zu kommen.

Die Staus in Affalterbach treffen auch Marbacher und Menschen aus Winnenden. Foto: Werner Kuhnle

Die Kornwestheimer könnten doch einfach in die S-Bahn steigen, oder? Auch die Stadt Ludwigsburg und das Polizeipräsidium raten, wegen der B27-Baustelle auf öffentliche Verkehrsmittel umzusteigen. Doch auch hier vor allem eins: Frust. Am Sonntag entgleiste ein Zug in Stuttgart, hinzu kommen Gleisarbeiten zwischen Bietigheim und Ludwigsburg sowie eine riesige Maßnahme im Enzkreis. All das sorgt für eine Häufung an Ausfällen und Verspätungen, wie man sie schon lange nicht mehr erlebt hat.

Hauptursache Schuldenbremse

Ein Ende ist nicht in Sicht, auf den Straßen und Schienen des Kreises wird 2025 in rekordverdächtiger Weise weiter gewerkelt. In diesem Jahr starten Bauarbeiten auf der Neckarbrücke in Neckarweihingen. Zwischen Freiberg und Pleidelsheim wird die Neckarkanalbrücke und die Brücke über die Autobahn erneuert. Besonders hart trifft es Bietigheim-Bissingen. Das umfangreiche Modernisierungsprojekt auf der B27 quer durch die Stadt beginnt – zusätzlich werden die Einfallstraßen Richtung Sachsenheim und Freiberg wochenlang komplett gesperrt.

All diese Maßnahmen sollten niemanden überraschen. Jahrelang wurden Sanierungen aufgeschoben, Investitionen in die Infrastruktur immer wieder gekürzt – und das, obwohl immer mehr Menschen darauf angewiesen sind. Den Kommunen oder Landkreisen nun die Schuld zuzuschieben, wäre unfair. Die Baustellen sind nötig – das Problem ist ihre gleichzeitige Häufung. Hauptgrund für den Rückstand, der nun aufgeholt werden muss, ist die Schuldenbremse – neben der Migrationspolitik das wohl folgenreichste Erbe der Ära Angela Merkel.

Wer sich heute über Baustellen und Zugausfälle ärgert, sollte nicht auf Bauarbeiter oder Stadtverwaltungen schimpfen – sondern auf eine Politik, die Investitionen in öffentliche Infrastruktur jahrelang als lästiges Beiwerk behandelt hat.