Die Stadt will wenigstens Reste des einstigen Dorfes Pflugfelden erhalten – erntet für ihren Plan aber nicht nur Lob.
Ludwigsburg - Bis vor kurzem war auch das barocke Ludwigsburg nicht gegen architektonischen Wildwuchs gefeit. Vor allem in der Unteren Stadt zeugen einfallslose Betonklötze davon, dass jahrelang Masse vor Klasse ging. Erst vor vier Jahren haben Verwaltung und Gemeinderat dem einen Riegel vorgeschoben, indem sie gegen viele Widerstände eine Erhaltungssatzung für die Innenstadterlassen haben. Wer seither baut, muss Rücksicht auf stadtbildprägende Merkmale nehmen. Jetzt wird diese Satzung auch auf die Stadtteile ausgedehnt. Der Anfang wird im ehemals eigenständigen Dorf Pflugfelden gemacht.
„Das kommt 50 Jahre zu spät für Pflugfelden“, sagte der CDU-Stadtrat Reinhold Noz, der selbst Pflugfeldener ist. Von einstigen historischen Ortskern sei kaum noch etwas übrig. Diese Auffassung teilten auch die Vertreter anderer Fraktionen: „Wir müssen rasch machen, es wird immer weniger“, sagte Uli Bauer (Grüne). „Der Beschluss kommt fast zu spät, aber die Erhaltung ist notwendig“, sagte Regina Orzechowski (SPD). „Wir haben es gewünscht und gefordert, jetzt müssen wir es auch beschließen.“ Am Ende der Debatte votierte der Bauausschuss geschlossen für eine Gestaltungssatzung für Pflugfelden.
Identität der Ortsteile
Als Grundlage für die neue Satzung wird die Bestimmung eines historischen Ortskerns herangezogen, der vor allem die Dorfstraße, die Straße Beim Rathaus sowie die Stammheimer Straße umfasst. Ein von der Stadt Ludwigsburg beauftragter Bauhistoriker hat in diesem Bereich insgesamt 16 erhaltenwerte und fünf ortsbildprägende Gebäude ausgemacht und katalogisiert.
Das unterstreicht Aussagen wie die von Reinhold Noz, tatsächlich ist ein Großteil der historischen Bausubstanz längst der Abrissbirne zum Oper gefallen. Dennoch pocht die Verwaltung auf das Ziel „ein historisches Stadtbild zu erhalten“. Im Bereich des historischen Ortskerns zeigten „im 17. bis 20. Jahrhundert erbaute Gebäude den ursprünglichen Dorfcharakter der damals eigenständigen Gemeinde“. Es gehe um „die städtebauliche und architektonische Identität der Ortsteile und damit ein Gedächtnis der Stadt“.
Kritische Anmerkungen kamen von Seiten der Freien Wähler: „Man wohnt heute anders als früher“, sagte Bernhard Remmele. „Es ist sehr wichtig, dass die alten Häuser nicht nur erhalten werden, sondern auch bewohnbar sind.“ Der Ortskern Pflugfelden solle nicht zu einem Museum werden. „Man muss auch an die Zukunft denken, nicht immer nur an die Vergangenheit“, meinte auch der parteilose Stadtrat Harald Lettrari. Auch Noz wollte sichergestellt haben, „dass wir mit der Satzung keinen Hemmschuh bauen“.
Hauseigentümer und Bauwillige in Pflugfelden könnten nun ähnliche Erfahrungen machen wie die im Zentralort, meinte Stadtplaner Martin Kurt: „Die Satzung ist nicht nur eine Belastung, sie ist auch eine Chance.“ Denn jeder könne nun auf eine Beratung durch unabhängige Experten des Gestaltungsausschusses zählen.
Die Qualität muss stimmen
Ab sofort sei jeder Umbau genehmigungspflichtig, sagt Kurt. „Wir haben jetzt ein schärferes Instrument.“ Das aber heiße nicht zwangsläufig, dass ein Abriss pauschal verboten sei. Wer jedoch abreißen wolle, müsse gute Argumente vorbringen – oder belegen, dass nur ein Abriss wirtschaftlich ist. Das Regelwerk gehe aber nicht so weit, dass künftig die Stadt auch bei jedem neuen Farbanstrich an der Fassade mitreden wolle, sagte der Stadtplaner. Wichtig sei, dass die Qualität stimme: „Ein Neubau muss künftig mindestens so gut oder besser sein als ein Altbau.“
Die Satzung soll nach und nach auch auf die Teilorte Eglosheim, Poppenweiler, Hoheneck, Neckarweihingen und Oßweil ausgedehnt werden, versprach der Baubürgermeister Michael Ilk dem Grünen-Stadtrat Bauer. Dieser hatte wissen wollen, wie es mit der Erhaltungssatzung nun weitergeht – nachdem in den verschiedenen Stadtteilausschüssen bereits seit zwei Jahren über ihre Einführung diskutiert werde.
Die weitere Verstädterung der Stadtteile ist wohl nicht mehr aufzuhalten. Trotzdem aber sollen nicht alle Zeugnisse, die an die charakteristischen Gebäude der einst vor allem von Handwerkern und Bauern bewohnten Gemeinden erinnern, aus den Ortbildern verschwinden.