Zu den bekanntesten Comic-Titeln des Ludwigsburger Verlags Cross Cult zählen Sin City, The Walking Dead oder Hellboy. Jetzt hat Cross Kult einen viel beachteten Band über David Bowie im Programm. Ein Gespräch mit Geschäftsführer Andreas Mergenthaler über das Comic-Geschäft, Top-Titel und Corona-Folgen.
Ludwigsburg - Cross Cult aus Ludwigsburg zählt zu den renommiertesten Verlagen in der Comic-Szene. 2001 gegründet, beschäftigt das Unternehmen zehn feste Mitarbeiter und 20 Freelancer, die übersetzen und lektorieren. Der Jahresumsatz lag zuletzt im Durchschnitt bei rund 1,6 Millionen Euro. Neu im Programm ist der Comic „Bowie“ – ein Band, der auf viel Beachtung stößt.
Herr Mergenthaler, wie haben Sie „Bowie“ ins Verlagsprogramm bekommen?
Wir hatten schlichtweg einen guten Draht zum US-Verlag Insight Editions. Die zuständige Lizenzmanagerin hat uns vor Jahren sogar in Ludwigsburg besucht, obwohl wir nicht viele Titel von ihnen lizensiert haben, da Insight eher Artbooks und andere Sachbücher im Programm hat und nur wenige Comics. Zudem kannte und mochte ich die Werke des Zeichners Mike Allred, obwohl noch kein einziger seiner Comics auf Deutsch erschienen ist. Bis auf einen Marvel-Comics-Band vielleicht. Und jetzt eben „Bowie“. Allred hat immer die Comics gezeichnet, die in den Filmen von Regisseur Kevin Smith zu sehen sind. Ich liebe diese Filme. Also war es eine Ehre, einen neuen Band des Zeichners in unser Programm zu nehmen.
War es auch ein Erfolg?
Das große Potenzial des Bands ist uns erst später klar geworden. So viel Resonanz von Musikmagazinen, Zeitungsredaktionen, Radiostationen und sogar TV-Sendern hatten wir seit „Sin City“ nicht mehr. Was uns sehr freut.
Wie lief das Jahr 2019 für Cross Cult?
Recht gut. Im Herbst 2019 haben wir uns allerdings von einer unserer Comic-Topsellerreihen verabschieden müssen: „The Walking Dead.“ Das ist natürlich schon ein Einschnitt. Gleichzeitig haben wir die Ende 2017 gestartete Manga-Sparte ausgebaut und erste Erfolge verzeichnet. Aber dieser Aufbau gestaltet sich relativ langwierig und schwierig. Die Romansparte haben wir etwas zurückgefahren, da wir als relativ kleiner Verlag, mit normaler Belletristik nur schwer in den Buchhandel kommen. Und wir haben aktuell nicht viele gute neue, lizensierbare Titel gefunden. In der Vergangenheit liefen Romane zu Nerd-Themen wie Star Trek, Castle oder James Bond sehr gut. Aber 2019 erschien dazu nicht viel Neues.
Was waren die Top-Titel?
Eine Neuausgabe der „The Umbrella Academy“-Comics, da die Netflix TV-Serie sehr gut angekommen ist. Auch der neue Band der deutschen Comicreihe „Gung Ho“ und der Abschlussband 32 von „The Walking Dead“, bei den Manga „Cells at Work! Black“. Das ist ein wissenschaftlich recht fundierter Einblick in die Abläufe im Körper mit Leukozyten und Erythrozyten als „Helden“, die sich mit allerhand Gefahren herumschlagen müssen. Black ist dabei die Version für ältere Leser – mit schlimmeren Krankheiten.
Wie wichtig sind Mangas?
Wir sehen darin eine populäre Form der Comics, die seit über 20 Jahren auch immer viele neue, junge Leser anspricht, während die Comicleser wohl im Schnitt älter werden. Für uns ist der Aufbau unseres Manga-Programms also eine Investition in die Zukunft. Mit „Demon Slayer“ haben wir seit Jahresbeginn die aktuell in Japan erfolgreichste Serie im Programm, die 2019 den Jahresverkaufsspitzenreiter „One Piece“ von Platz eins verdrängt hat. Von „Demon Slayer“ wurden 2019 mehr als zwölf Millionen Exemplare verkauft. So weit sind wir mit der deutschen Ausgabe natürlich noch lange nicht, aber es ist ein erfolgversprechendes Zeichen, das uns als neuem Mangaverlag Aufmerksamkeit im Handel und unter Fans bringt.
Wie wirkt sich die Corona-Krise auf Ihren Verlag aus?
Die Hälfte unseres Teams kann zu Hause arbeiten, die anderen kamen in den Verlag. Wir haben große Räume, also klappt das Abstandhalten gut. Druckereien und Auslieferungen arbeiten glücklicherweise weiterhin. Unsere Lizenzgeber und Verlage in den USA tun sich da viel schwerer. Da verschiebt sich Einiges, weil dort der wichtigste Comicvertrieb von März bis Mai seine Arbeit komplett eingestellt hat.
Was heißt das für den Absatz?
Wir und viele andere mittelgroße Verlage sind relativ gut durch die erste Zeit der Krise gekommen. Da wir im Buchhandel nicht so massiv vertreten sind wie die Großen der Branche, trafen uns die Ladenschließungen nicht so hart.
Wo liegen die Unterschiede bei den Kunden?
Unsere Kunden kaufen viel online oder in Comicshops, die sich rasch neue Möglichkeiten gesucht hatten, ihre Kunden zu beliefern. Aber da der Buchhandel so lange geschlossen hatte und noch viele weitere Monate eher wenige Kunden in den Buchhandel gehen werden, müssen die großen Verlage gut aufpassen, was sie veröffentlichen und was erst mal nicht. Ein Bestseller mit 100 000 Auflage braucht nun mal die Auslage i im Buchhandel. Das alles online zu verkaufen, ist kaum möglich.
Wie sieht es mit den Auflagezahlen aus?
Die liegen zumeist zwischen 1000 und 5000. Einige wenige Longseller verkaufen sich über viele Auflagen hinweg auch 20 000 oder 30 000-mal. Davon lebt der Verlag dann quasi. Es gibt auch Titel, die sich nur 500-mal verkaufen. Das sind dann Bände nicht so beliebter Reihen, die man aber nicht abbrechen möchte, um es sich mit den Fans nicht zu verscherzen. Treue Leser sind unser wichtigstes Kapital. Diese Titel werden durch die Topseller querfinanziert. Aber zu viele dieser schwachen Titel kann man sich als Verlag auf Dauer natürlich auch nicht leisten.