Gunther von Hagens vor einer seiner Präparationen. Foto: AP

Der umstrittene Pärparator Gunther von Hagens zeigt seine "Körperwelten"-Schau ab Sommer.

Ludwigsburg - Nach zwei Jahren mit miserabler Auslastung werden sich die Belegungstage in der Ludwigsburger Arena 2012 sprunghaft erhöhen: Mit der Anatomie-Schau "Körperwelten" gastiert der umstrittene Plastinationskünstler Gunther von Hagens im Sommer gleich drei Monate lang in der defizitären Großsporthalle.

Für kontroverse Debatten ist gesorgt, wenn die Ludwigsburger Arena am 29. Juni ihre Pforten öffnet: Ist es ethisch verwerflich, künstlich konservierte Leichenteile zur Schau zu stellen? Nutzt der "Körperwelten"-Erfinder den Schockeffekt seiner Arbeiten aus, um mit makabren Posen die Kassen klingeln zu lassen? Oder hat der detaillierte Blick auf menschliche Körper eine pädagogisch wertvolle Komponente - und dient der medizinischen Aufklärung?

Wohl kaum eine Ausstellung löst so unterschiedliche Reaktionen von Besuchern aus wie die stets von einem großen Medien-Echo begleiteten Anatomie-Events des Heidelberger Präparators. Seit 1995 tanzt Gunther von Hagens auf dem schmalen Grat zwischen Faszination und Ekel, weltweit haben gut 34 Millionen Menschen seine spektakulären Ausstellungen besucht.

Mehr als 150.000 Besucher erwartet

Mit einem Besucheransturm darf bis zum 20. September auch in der Arena gerechnet werden. Ludwigsburg ist 2012 die bundesweit einzige Station der "Körperwelten"Schau - und soll der defizitären Großhalle endlich eine bessere Auslastung bescheren. Durch die dreimonatige Vermietung an die Ausstellungsmacher erhöht sich die Zahl der gebuchten Termine auf stattliche 129 Veranstaltungstage, der Verlust im Betrieb der Arena soll auf 300000 Euro sinken.

Nur zum Vergleich: Nach der pompösen Eröffnung im Herbst 2009 hatte es die Arena auf kümmerliche 35 Veranstaltungen gebracht. In städtischer Regie konnte die Zahl der Buchungen zwar auf 65 Termine gesteigert werden - dennoch blieb noch reichlich Luft bei der Vermarktung. Dass ausgerechnet Gunther von Hagens mit seiner Leichenschau die Großhalle füllen soll - Kuratorin ist seine Frau Angelina Whalley -, wurde im Rathaus wie ein Staatsgeheimnis gehütet. Obwohl die Vertragsverhandlungen mit der Agentur Eventstifter des Ludwigsburgers Michael Scholz seit sechs Monaten laufen, drückte sich OB Werner Spec noch kurz vor dem Jahreswechsel um Antworten zur Dauerbelegung. Durchs Rätselraten wurde schon spekuliert, ob die Stadt die Sommerpause im Basketball zum Verkauf von Heizdecken oder Insolvenzmöbeln nutzt. Mit Scheu vor öffentlichem Protest hatte die Zurückhaltung laut Vermarktungschefin Petra Roser allerdings nichts zu tun. Sie begründet die Geheimniskrämerei um die "Körperwelten"-Schau mit vertraglichen Detailfragen und hält den Zuschlag für "eine gigantische Chance, die Arena weit über die Region hinaus bekanntzumachen". Roser rechnet mit mehr als 150.000 Besuchern - ähnlich hohe Resonanz hatte der Anatomie-Event in Augsburg ausgelöst. Die Tickets sollen bei 13 Euro liegen.

Ludwigsburgs Stadträte nicht informiert

In Stuttgart waren im Jahr 2003 bei einer nur zehntägigen Ausstellung von Hagens über 100.000 Besucher in die Schleyerhalle geströmt. Weil das Rathaus zwei anstößig erscheinende Exponate entfernte, endete der Auftritt im juristischen Streit. Erst zwei Jahre später stellte der Mannheimer Verwaltungsgerichtshof fest, dass die Schau zwar eine "würdige Präsentation" gewährleisten müsse, aber nicht genehmigungspflichtig sei. Kurz gesagt: Das Ordnungsamt hätte die Finger von den Leichen lassen müssen.

In Ludwigsburg will von Hagens mit dem Motto "Herzenssache" die fatalen Auslöser von Arterienverkalkung und Herzinfarkt zeigen. Laut Sprecher Peter Kiefer sollen 200 Präparate und 20 Ganzkörper-Objekte auch Laien einen "unvergesslichen Blick ins Innenleben" der Organe bescheren. Als einziges Exponat aus der Tierwelt ist ein Pferd im Programm. Neben medizinischen Aspekten zum Thema Herz beleuchtet die Schau auch die Symbolik in Kunst und Religion. Der Kartenverkauf beginnt im Februar, eine Altersbeschränkung ist nicht geplant.

Ludwigsburgs Stadträte sind über das Podium für den umstrittenen Präparator nicht informiert worden. "Ich halte persönlich nichts von der Schau, aber sie ist legal, und es gehen Tausende Menschen hin", sagt CDU-Chef Klaus Herrmann. Seine Kollegin Rosina Kopf will sich die "polarisierende Ausstellung" nicht ansehen: "Den toten Körper braucht man nicht so zur Schau zu stellen." Bei der SPD hat Fraktionschef Eckart Bohn kein schlechtes Gefühl: "Man kann geteilter Meinung sein, aber das ist spannend. Und: Das Geschäft muss laufen."