Kampf unterm Korb: Ludwigsburg (mitr Johannes Thiemann) bekommt es im Halbfinale mit dem Meister Bamberg (rote Trikots) zu tun. Foto: Baumann

Die Basketballer haben’s eilig: Zumindest im Pokal-Wettbewerb. In dem benötigt ein Verein nur drei Siege zum Titel. Beim Final Four in Berlin sind auch die MHP Riesen Ludwigsburg dabei.

Ludwigsburg - Die Fans waren aus dem Häuschen. „Berlin Berlin, wir fahren nach Berlin“, skandierten die Zuschauer vergangenen Samstag in der MHP-Arena. In der Vorfreude auf das Final Four im Pokal an diesem Wochenende. Wobei der Austragungsort aus der Sicht der Basketballer eher Zufall ist, und keineswegs die Tradition wie inzwischen im Fußball aufweist. Was der Vorfreude keinen Abbruch tut, wobei das Sprichwort „der Pokal hat seine eigenen Gesetze“ auf keine gängige Sportart so zutrifft wie auf die Korbjäger.

In der Kürze liegt die Würze: drei Siege reichen zum Titel. Der Wettbewerb wird im Schnellverfahren durchgezogen. Der Ausrichter, der jedes Jahr wechselt, ist gesetzt. Dazu gesellen sich die Sieger des so genannten Viertelfinals, das in Wirklichkeit aber nur aus drei Begegnungen besteht. Für die wiederum haben sich die Mannschaften qualifiziert, die zur Halbserie der Liga in einer eigenen Pokal-Tabelle (ohne den Gastgeber, dieses Mal also Alba Berlin) die ersten sechs Plätze belegen. Warum einfach, wenn’s auch kompliziert geht?, lautet die durchaus berechtigte Frage.

Kritik am Pokal-Modus

Ludwigsburgs Vorsitzender Alexander Reil ist die Problematik – auch in seiner Funktion als Präsident der BBL – durchaus bewusst. So gab es bei der letzjährigen Auflage des Final Four in München auch Fan- Banner mit der Aufschrift: „Wir sind gegen den Pokal-Modus.“ Aber er sagt: „Wenn man unsere Erfahrungswerte und den Zeitfaktor zugrunde legt, ist das der beste Kompromiss.“ Schließlich wurde der Pokal-Wettbewerb auch im Basketball lange Zeit nach dem bewährten Strickmuster Groß gegen Klein durchgeführt; mit bescheidenem Erfolg, denn die Überraschungen und damit die Zuschauer blieben aus. Das liegt letztendlich weniger an der Qualität des Sports, als in seiner Durchführung. Anders als im Fußball kann ein unterklassiger Gegner eben nicht über die gesamte Spielzeit sein Heil in der Defensive suchen und vorne den lieben Gott helfen lassen, so dass Überraschungen als Salz in der Suppe fehlten. „Ich kenne keinen Drittligisten und kaum einen Zweitligisten, der gegen einen Bundesligisten gewinnen würde“, sagt Reil.

Der zweite Knackpunkt ist inzwischen der Terminkalender, zumindest für die Vereine, die international vertreten sind – und das sind diese Saison immerhin acht. Allen voran Brose Bamberg, das allein in der Euroleague 28 Gruppenspiele absolviert, dazu 34 in der Liga, drei im Pokal, die Play-offs noch gar nicht eingerechnet, macht bis zu 80 Spiele. Wo soll da noch ein Platz für nationale Pokal-Partien sein?

Wie eng der Zeitplan im Basketball gestrickt ist, zeigt ja das Final Four in vollendeter Form. Ludwigsburg tritt am Samstag um 20 Uhr im Halbfinale gegen Bamberg an – und am Sonntag um 12 Uhr eventuell bis wahrscheinlich im Spiel um Platz drei. „Das ist fast unmenschlich“, sagt der Trainer John Patrick. Dennoch ist die Motivation hoch: „Vielleicht sind wir unrealistisch optimistisch, aber an einem guten Wochenende haben wir die Chance auf den Titel.“ Wie heißt es so schön: Wir haben keine Chance, aber die wollen wir nutzen. So sieht es auch der Vorsitzende Alexander Reil: „Bamberg hat sicher mehr zu verlieren als wir. Und wir fahren nicht nach Berlin, um einen Betriebsausflug zu machen.“ Damit ist zur Zielsetzung alles gesagt.

500-Riesen-Fans in Berlin

Ganz unabhängig vom Ausgang ist die vierte Teilnahme der Ludwigsburger – nach 2005, 2007 und 2008 – auf jeden Fall ein nicht zu unterschätzender Imagegewinn, das unterstreicht auch der Hauptsponsor MHP, dessen Marketingleiter Ingo Guttenson sagt: „Wir haben innerhalb kurzer Zeit unsere 300 Karten verkauft.“ Insgesamt werden knapp 500 Fans die Riesen in der Hauptstadt begleiten. „Basketball ist eine perfekte Sportart für uns und besitzt bei unseren jungen Mitarbeitern ein extrem hohes Interesse.“ Hinzu kommen noch die Prämien, auch wenn die eher ein besseres Zubrot im Etat eines Erstligisten sind: 45 000 Euro für den Sieger bis zu 15  000 für den Vierten, die zumindest hat Ludwigsburg sicher. Nach dem Abzug einer Pauschale von 10 000 Euro für den Gegner Ulm gab’s zuvor noch die Einnahme aus dem „Viertelfinale“. Damit kann man leben, obwohl die Teilnahme am Final Four sportlich keinen Anspruch auf einen der Europapokalplätze nach sich zieht, die werden erst nach der Saison ausschließlich über die Tabellenstand der Liga vergeben.

Trotzdem schauen die Basketballfans am Wochenende nach Berlin, dessen Geschäftsführer Marco Baldi zum Modus übrigens pragmatisch erklärt: „Wer einen Vorschlag hat, wie wir es besser machen sollen, kann es gern sagen.“ Jedenfalls stehen die Clubs Schlange, um das Final Four gegen die Zahlung einer Garantiesumme auszurichten. Auch Ludwigsburg? „Ich halte die MHP-Arena zwar für eine der schönsten Hallen in Deutschland“, sagt reil, „aber dafür müsste sie 1500 Plätze mehr haben.“ Also müssen die MHP Riesen für einen Pokal-Erfolg weiter in die Ferne schweifen – zum Beispiel nach Berlin.