Die Polizisten Katharina Zinth und Dirk Stiller zeigen Präsenz gegen Einbrecher in einem Ludwigsburger Wohngebiet. Foto: factum/Granville

Überall ist die Polizei machtlos gegen gut organisierte Einbrecherbanden. In Ludwigsburg hat sie es geschafft, mit massiver Präsenz und Aufklärung die Zahl der Taten zu halbieren.

Ludwigsburg - Man kennt die Schlagzeilen aus der ganzen Republik: Immer mehr Wohnungseinbrüche, die Menschen fühlen sich im eigenen Heim nicht mehr sicher, die Ermittler sind machtlos gegen die organisierten osteuropäischen Banden, die meistens schnell wieder in ihrem Heimatland sind. Nahezu machtlos wirkt der Staat, die Aufklärungsquote ist schlecht, auch wenn im vergangenen Jahr die Zahlen etwas besser geworden sind.

Auch in Ludwigsburg sind seit dem Jahr 2014 deutlich mehr Einbrüche zu verzeichnen. „Vor allem entlang der großen Straßen in den Wohngebieten Pflugfelden, Eglosheim und in der Weststadt häufen sich die Fälle“, sagt der Revierleiter Michael Neuweiler. Derzeit kommen viele Täter aus Georgien und sind gut organisiert: Ein so genannter Resident wohnt vor Ort und späht Objekte aus. Dann kommen die mobilen Täter, begehen 10 bis 20 Einbrüche pro Nacht, erbeuten jeweils Diebesgut im Wert von bis zu 5000 Euro, vorwiegend Schmuck, Bargeld und kleine Elektrogeräte wie Smartphones – und weg sind sie.

Die Täter sind gut organisiert und schnell weg

„Es wurde sogar Diebesgut aus dem Kreis Ludwigsburg in Bayern bei Kontrollen von Fernbussen entdeckt, die auf dem Weg nach Ex-Jugoslawien waren“, sagt Marcel Bischof, der Leiter der Ermittlungsgruppe im Polizeirevier. Allein im vergangenen Jahr 119 Taten – das war den Polizeibeamten zu viel. Also haben sie sich zusammen gesetzt und überlegt: „Was können wir vor Ort tun?“ Einfach hinnehmen wollten sie die Entwicklung nicht.

Und so wurde zusammen mit der Stadt ein ausgeklügeltes Konzept entwickelt, mit mehreren Bausteinen. Der erste ist Präsenz, Präsenz und nochmals Präsenz. In den am stärksten betroffenen Wohngebieten in Eglosheim, Pflugfelden und der Weststadt wurden von September bis April ständig Autos und Personen kontrolliert. Polizeistreifen waren, zu Fuß oder mit dem Auto, schon zur Mittagszeit unterwegs.

„Unser Ziel ist: vor dem Täter am Tatort sein“, erklärt der Revierleiter die Strategie. Allein die starke Präsenz, so die Hoffnung, soll die Täter verunsichern und schon beim Ausspähen lukrativer Objekte stören. „Wir haben einen enormen Aufwand betrieben“, sagt Michael Neuweiler, „das geht nur in der dunklen Jahreszeit.“ Also von September bis April. In diesen Monaten ist auf der Straße weniger los, dafür ist es die Hochzeit der Einbruchsbanden.

Doch das alleine hätte noch nicht ausgereicht. Gleichzeitig hat man eine äußerst umfangreiche Aufklärungskampagne gestartet. In den Wohngebieten und in Mehrfamilienhäusern wurden Plakate aufgehängt und Flyer verteilt. „Ich habe den Kollegen aber gesagt: Verteilt nicht nur das Material, sondern klingelt an jeder Haustür und sprecht mit den Leuten“, erzählt Michael Neuweiler.

Fast jeder Bürger wird direkt angesprochen

Gesagt, getan: von September bis Dezember wurde so praktisch jeder Bürger in den drei Wohngebieten angesprochen, dazu gab es Informationsabende in Eglosheim und Pflugfelden, ein Infomobil des Landeskriminalamtes wurde aufgestellt. All das hatte das Ziel, die Bürger als Helfer zu gewinnen.

„Jeder noch so kleine Hinweis soll sofort gemeldet werden“, appelliert auch der Ermittlungsleiter Marcel Bischof. Die Polizei komme sofort und könnte die Täter im Idealfall auf frischer Tat ertappen. Inzwischen erhält das Revier tatsächlich deutlich mehr Hinweise. Und noch etwas haben die Beamten beobachtet: Viele Menschen haben sich beraten lassen und ihr Haus einbruchsicher gemacht. All das hatte Erfolg. So sind die Zahlen im Winter 2015/16 von 119 Einbrüchen auf nur noch 58 gesunken, ein Minus von 61 Prozent. Im zuvor so geplagten Pflugfelden hatte kein Täter Erfolg, nur zwei abgebrochene Versuche gab es.

Allerdings haben die Ordnungshüter auch beobachtet, das die Täter ihre Aktivitäten verlagert haben – etwa in die Oststadt oder in den Bereich jenseits der Autobahn nach Asperg, Tamm oder Möglingen. Aber auch darauf hat man reagiert und den Aktionsradius entsprechend geändert.

Trotz aller Erfolge – aufgeklärt werden weiterhin nur wenig Fälle. Vor zwei Wochen wurden zwei Einbrecher im Stadtteil Grünbühl verhaftet, und das Ludwigsburger Präsidium hat kürzlich eine Bande geschnappt, der 70 Taten zugeordnet werden konnten. Doch das sind Einzelerfolge. Unabhängig davon will das Revier seine Kampagne fortsetzen. Michael Neuweiler sagt: „Wir legen im Herbst wieder los.“