Beim Memory-Spielen mit ihrer Erzieherin Fatma Demir lernen die Kinder spielerisch die deutsche Sprache. Foto: factum/Granville

Egal, ob Memory, Uno oder Puzzle an der Reihe sind: Im Kindergarten spielen Sprachbarrieren keine Rolle. Auch die Flüchtlingskinder in der neuen Kindergartengruppe verstehen sich ohne viele Worte.

Ludwigsburg - Die Polizeimütze ist derzeit sein größter Stolz. Sofort, nachdem er nachmittags um 14 Uhr den Raum seiner Spielgruppe betritt, greift der fünf Jahre alte Alan aus Syrien (Name von der Redaktion geändert) nach der dunkelblauen Schirmmütze und setzt sie nicht mehr ab. Die Polizeimütze ist freilich nur eines der Spielzeuge, mit denen sich seit dem 1. Februar die derzeit sechs Kinder aus Syrien, Albanien und dem Irak in ihrer Spielgruppe im Mehrgenerationenhaus im Ludwigsburger Grünbühl beschäftigen können. So gibt es in der neu gegründeten Spielgruppe für Flüchtlingskinder jede Menge Bälle, Karten- und Gesellschaftsspiele, Bücher, Kissen, Stofftiere und Puzzle sowie eine Kuschel- und Vorlese-Ecke.

Die Kinder sind teils schwer traumatisiert

Die Kinder dürfen in dieser von Stadt und Landkreis unterstützten Gruppe jeden Nachmittag zwischen 14 und 18 Uhr die spannende Welt eines deutschen Kindergartens erleben. So richtig heil und blumig ist diese Welt jedoch nicht immer, schließlich sind viele der nach Deutschland gezogenen Kinder schwer traumatisiert von den Erlebnissen in ihrer Heimat. Die Kita-Leiterin Renate Ludwig berichtet etwa von einem fünf Jahre alten Mädchen aus Syrien, das damals mit ansehen musste, wie sein Vater erschossen wurde; Gewalt und Aggression waren seine Antwort auf das Erlebte. „Es war sehr schwer, einen Zugang zu dem Kind zu finden. Nach ein paar Wochen hat es aber doch ein wenig Vertrauen zur Erzieherin gefasst und sich einigermaßen integriert“, erzählt Renate Ludwig. Als das Kind nach einigen Monaten mit seiner Familie in ein anderes Bundesland ziehen musste, hätten alle geweint.

Überhaupt ist das Abschied-Nehmen ein großes Thema in dieser Gruppe. Oftmals verbringen die Kinder nur zwei, drei Monate in der Einrichtung und werden dann entweder abgeschoben oder in eine andere Stadt verlegt. Auch bei diesem Thema muss die Erzieherin äußerst sensibel mit den Kindern umgehen und sich darauf einlassen. Nicht zuletzt deshalb habe es etwa ein Jahr gedauert, bis die Idee zu diesem Projekt tatsächlich umgesetzt werden konnte. „Wir mussten Personal finden, das sich ganz bewusst auf solche Situationen und Kinder einlassen kann und entsprechendes Einfühlungsvermögen hat“, sagt Rebecca Harscher, die Leiterin der Abteilung Kinder und Familie der Stadt.

Zwei Kinder müssen nach Albanien zurückkehren

Die sechs Kinder, die derzeit täglich in der Gruppe miteinander spielen, sind mittlerweile fast ein eingespieltes Team. Zwei von ihnen werden allerdings demnächst in ihre Heimat Albanien zurückkehren. Dafür wird ein Kind aus Nigeria in Kürze hinzukommen, und ginge es nach der Kita-Leiterin Renate Ludwig, könnten es ruhig noch mehr Kinder sein. Immerhin hat die Stadt mit bis zu 15 Kindern für diese Gruppe gerechnet, von Juli an soll die bisherige Erzieherin Fatma Demir sogar noch von einer zweiten Kraft unterstützt werden. „Die meisten Kinder aus der Flüchtlingsunterkunft Sonnenberg sind aber Schulkinder oder Teenager und kommen daher gar nicht zu uns“, sagt Renate Ludwig.

Den hohen Personalschlüssel, für den sie sehr dankbar sei, brauche es in dieser speziellen Gruppe dennoch. Das betont auch Rebecca Harscher. „Diese Kinder brauchen einen besonderen Schutzraum, und den bekommen sie in dieser Gruppe.“

Flüchtlingskinder brauchen einen besonderen Schutzraum

Die Kinder kommen sehr gerne in die Gruppe