Die Staatsanwaltschaft klagt vier Mitarbeiter des Veranstalters und sechs Mitarbeiter der Stadt Duisburg nach der Loveparade-Katastrophe an. Ihnen wird fahrlässige Tötung und fahrlässige Körperverletzung vorgeworfen.

Die Staatsanwaltschaft klagt vier Mitarbeiter des Veranstalters und sechs Mitarbeiter der Stadt Duisburg nach der Loveparade-Katastrophe an. Ihnen wird fahrlässige Tötung und fahrlässige Körperverletzung vorgeworfen.

Duisburg - Für die tödliche Katastrophe bei der Loveparade in Duisburg mit 21 Opfern sollen sich zehn Mitarbeiter der Stadt und des Veranstalters vor Gericht verantworten. Die Staatsanwaltschaft hat sie wegen fahrlässiger Tötung und fahrlässiger Körperverletzung angeklagt.

Wie Oberstaatsanwalt Horst Bien sagte, werden den Angeklagten schwere Fehler bei Planung, Genehmigung und Überwachung von Sicherheitsauflagen der Großveranstaltung im Juli 2010 vorgeworfen. Alle Angeklagten haben die Anschuldigungen laut Staatsanwaltschaft bestritten.

Bei der Loveparade vor mehr als dreieinhalb Jahren war eine Massenpanik ausgebrochen, bei der 19 junge Menschen erdrückt oder zu Tode getrampelt wurden. Zwei weitere starben später im Krankenhaus. Mindestens 652 wurden verletzt.

Den Ermittlungen zufolge entstand das größte und tödliche Gedränge damals in einem viel zu schmalen Zugang zur Loveparade in der Nähe des Duisburger Hauptbahnhofs. Dort hätten nicht genehmigte Einbauten gestanden.

Gegen den damaligen Duisburger Oberbürgermeister Adolf Sauerland (CDU) sowie den Geschäftsführer der Veranstalterfirma Lopavent, Rainer Schaller, war nicht ermittelt worden. Sie wurden von der Behörde aber als Zeugen benannt.

Vier Mitarbeitern des Veranstalters Lopavent wirft die Anklage vor, sie hätten erkennen müssen, dass das Sicherheitssystem versagen und lebensgefährliche Situationen entstehen würden. Den sechs Beschuldigten aus der Stadtverwaltung wird vorgeworfen, die Genehmigung trotz erkennbarer Undurchführbarkeit des Konzepts erteilt beziehungsweise das Genehmigungsverfahren nicht ausreichend beaufsichtigt zu haben. Ursprünglich war gegen 16 Beschuldigte ermittelt worden.

Das geplante Zu- und Abgangssystem war nicht geeignet, die Besucher sicher auf das Veranstaltungsgelände im Bereich des ehemaligen Duisburger Güterbahnhofs zu führen, so die Staatsanwaltschaft. Insbesondere die sogenannte östliche Rampe war deutlich zu eng, um die Besucherströme aufzunehmen. Deshalb musste es im Verlauf der Veranstaltung zwangsläufig zu lebensgefährlichen Situationen kommen, da zu viele Menschen auf zu engem Raum zusammengedrängt würden. Bei einer sorgfältigen und pflichtgemäßen Prüfung hätten die Mitarbeiter dies nach Ansicht der Ermittler erkennen müssen.

Keine Ermittlungen gegen früheren OB Sauerland und Veranstalterchef Schaller

Bei den vier angeklagten Lopavent-Mitarbeitern handelt es sich um den Gesamtleiter, den Produktionsleiter, den Verantwortlichen für die Sicherheit sowie den technischen Leiter des Projekts. Bei der Stadt wird zum einen ein Dreier-Team des Bauamtes verantwortlich gemacht, das für die Prüfung der Anträge zuständig war. Die anderen drei sind der für das Prüfungsteam zuständige Abteilungsleiter, die Amtsleiterin sowie der damalige für Stadtentwicklung zuständige Beigeordnete.

Es bestehe kein Grund, Ermittlungen gegen den früheren Oberbürgermeister Sauerland und den Veranstalterchef Schaller einzuleiten. "Es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass sie selbst Einfluss auf die fehlerhafte Planung oder die Erteilung der rechtswidrigen Genehmigung genommen habe. Sie durften auch darauf vertrauen, dass die für die Planung und Genehmigung Verantwortlichen das Vorhaben aufgrund ihrer Fachkenntnisse ordnungsgemäß prüfen würden", erklärte der Staatsanwalt.

Das Stadtoberhaupt musste jedoch rund eineinhalb Jahre nach der Tragödie den Hut nehmen - eine Bürgerinitiative setzte seine Abwahl durch. Er hatte lange Zeit jegliche Verantwortung von sich gewiesen.

Lässt das Landgericht die Anklage zu und eröffnet das Hauptverfahren, steht einer der größten Prozesse bevor. Die Anklageschrift hat allein einen Umfang von 556 Seiten. Die Akten umfassen 76 Bände mit mehr als 37.000 Seiten. Anwaltlich vertreten sind bislang 135 Opfer, die 61 Anwälte beauftragt haben.