Doris Schlichter (links) und Sieghilde Schaller sorgen für Kerzen-Nachschub in der kleinen idyllischen Lourdes-Grotte auf dem Friedhof im Wendlinger Stadtteil Unterboihingen. Foto: gw

Fünf rührige „Blumenfrauen“ pflegen auf dem Friedhof im Wendlinger Stadtteil Unterboihingen die Kapelle im Hürnholz und die kleine Lourdes-Grotte nebenan.

In der Grotte ist es schummrig, nur durch den Eingang und zwei kunterbunte runde Glasfenster fällt etwas Licht. Eine Lourdes-Madonna, weiß gekleidet, blau gegürtet, mit zum Gebet gefalteten Händen, zwei große weiße Hortensienbüsche und viele brennende Kerzen machen diesen kleinen Raum auf dem Friedhof im Wendlinger Stadtteil Unterboihingen zu einem Ort der Ruhe und des Trostes. Fünf rührige Damen kümmern sich darum, dass die Lourdes-Grotte ebenso wie die Kapelle im Hürnholz allzeit gepflegt, hübsch hergerichtet und jahreszeitlich mit Blumen geschmückt ist.

 

Die fünf Frauen, die sich ehrenamtlich und mit großer Hingabe seit vielen Jahren um diese beiden Orte der stillen Einkehr kümmern, firmieren im katholischen Pfarramt Wendlingen-Unterboihingen als die „Blumenfrauen“. Die Fünf, die alle in Friedhofsnähe wohnen, teilen sich die anfallenden Aufgaben. Sie halten die Wege um die Kapelle und die Grotte herum sauber, kehren welkes Laub zusammen, öffnen am Sonntagmorgen mit dem riesigen alten Schlüssel die Kapelle für Besucher und schließen sie abends wieder.

Überraschende Entdeckungen im Kleinod

Die Kapelle im Hürnholz mit ihren Wandmalereien, Inschriften und Epitaphen wird heute für Gottesdienste, Taufen, Hochzeiten, Andachten und Konzerte im kleinen Rahmen genützt. In der Fastenzeit werden hier die Laudes, vor Pfingsten wird neun Tage lang die Pfingstnovene gebetet. Die Blumenfrauen halten Ordnung, sie putzen, saugen Staub und waschen die Altardecken. Und sie machen manchmal überraschende Entdeckungen im denkmalgeschützten Kleinod, wie Doris Schlichter erzählt, die in der Sakristei nach einer Vase suchte: „Im Schrank hab’ ich eine entdeckt. Und plötzlich schauen oben zwei Pfötchen und ein rosa Schnäuzchen raus – ein kleiner Siebenschläfer, der in der Kapelle überwintert hat.“ Waltraud Denneler bewundert die Coolness ihrer Kollegin: „Wenn ich aufschließe, klopfe und rüttle ich immer erst einmal an den alten Schränken, damit mögliche tierische Besucher sich aus dem Staub machen.“

Natürlich sorgen die Frauen auch für einen zur Jahreszeit passenden Blumenschmuck – von Frühlingsblühern bis zu Weihnachtssternen. „Im Winter und im Hochsommer weichen wir auf künstliche Blumen aus, da ist es echten Pflanzen zu kalt oder zu heiß“, erläutert Silvia Andreae, die Blumen-Spezialistin im Team. Hinter der beeindruckenden uralten Eichenholztür, die in die Hürnholz-Sakristei führt, lagern in großen Kisten jede Menge Plastikblumen. Wenn sie in der Kapelle oder in der Grotte arrangiert sind, sehen sie täuschend echt aus und werden von wohlmeinenden Besuchern immer mal wieder auch gegossen, wie Ruth Zeller lachend erzählt. Der Einsatz der „Blumenfrauen“ ist rein ehrenamtlich, die Kosten für Blumenschmuck, Kerzen und Putzutensilien übernimmt die katholische Kirchengemeinde.

Kerzen werden täglich aufgefüllt

Die fünf Damen sind auch dafür verantwortlich, dass in der Lourdes-Grotte immer ausreichend Opferlichter vorhanden sind: Jeden Tag werden die ausgebrannten Kerzen entsorgt, Nachschub wird aufgefüllt: „Hier brennen immer Kerzen. Manchmal bringe ich abends 80 neue Lichter, und schon bis zum nächsten Mittag sind alle aufgestellt und angezündet worden“, erzählt Sieghilde Schaller. „Hier gibt es viele Menschen, die jeden Tag das Grab ihrer Lieben besuchen, Zwiesprache halten und dann in der Grotte ein Kerzlein anzünden“, ergänzt Ruth Zeller.

Immer wieder gibt es für die Damen auch Lob und Wertschätzung von Friedhofsbesuchern, wie Doris Schlichter berichtet: „Manche sagen: Das ist für mich ein ganz besonderer Ort. Schön, dass Sie das immer so liebevoll herrichten, vielen Dank.“ Das Ensemble, das die „Blumenfrauen“ betreuen, hat seinen ganz besonderen Reiz als Kraftort für Halt-, Schutz- und Trostsuchende, dem sich auch Paul Magino, der langjährige Dekan des katholischen Dekanats Esslingen-Nürtingen und ehemaliger Pfarrer in Wendlingen, nicht entziehen konnte: „Dieser geistliche Ort war für mich zu mancher Tages- und Nachtzeit auch ein wichtiger Ort der persönlichen Einkehr und der Stärkung“, schreibt er im kürzlich erschienenen Buch über die Kapelle im Hürnholz.

Ein Ort mit positiver Energie

Auch Waltraud Denneler genießt die Ruhe in malerischer Lage: „Es ist so eine positive Energie an diesem Ort.“ Silvia Andreae, deren Mutter das Team der „Blumenfrauen“ jahrelang geleitet hat, empfindet ebenso: „Ich bin auch gern allein da, höre den Vögeln zu, hier kann man runterkommen und die Seele baumeln lassen. Und das ist so eine schöne gemeinschaftliche Zusammenarbeit.“ Die „Blumenfrauen“ sind eine Gruppe, in der man sich aufeinander verlassen kann, in der man füreinander da ist und die sich darüber hinaus gut versteht: Lachend verraten die Fünf, dass sie nach größeren Arbeitseinsätzen auch mal gemeinsam auf der Bank vor der Kapelle in der Sonne sitzen und mit einem Gläschen Sekt auf die getane Arbeit im fleißigen Ehrenamt anstoßen.

Orte der stillen Einkehr

Kapelle
Vor 750 Jahren wurde die Kapelle im Hürnholz auf dem Friedhof im Wendlinger Stadtteil Unterboihingen erstmals urkundlich erwähnt. Aus diesem Anlass wurde die Geschichte dieses stadtgeschichtlichen Kleinods, das prägnant über dem sogenannten „Kapellenbuckel“ emporragt, in einem vor Kurzem erschienenen Buch aufgearbeitet. Darin wurden Archivmaterial, aktuelle Forschung und Geschichten über das vermutlich älteste Gebäude der Stadt Wendlingen, das immer sonntags geöffnet ist, zusammengetragen.

Grotte
Die jederzeit während der Friedhofsöffnungszeiten zugängliche Lourdes-Grotte steht ein paar Schritte entfernt im Schatten der Kapelle im Hürnholz. Sie ging 1958 aus einem beinahe verfallenen Ölberghäuschen hervor. Die heute in der Grotte stehende Statue Unserer lieben Frau von Lourdes, auch „Lourdes-Madonna“ genannt, wurde vom früheren Pfarrer Gebhard Niedermaier gestiftet. Sie trägt das typische weiße Gewand mit blauem Gürtel und hat die Hände zum Gebet gefaltet.