Absperrungen, Schilder, Security: Wer in die alte Klinik in der Region Stuttgart möchte, muss sich ausweisen und lernt ein verwaistes Krankenhaus kennen.
„Kein Durchgang. Bitte gehen Sie in den Neubau.“ Und: „Bereich nicht in Betrieb. Zutritt verboten.“ Die Schilder am früheren Nachteingang der alten Klinik machen unmissverständlich deutlich: Hier hat (fast) niemand mehr etwas zu suchen. Und so leicht kommt man hier auch gar nicht mehr hoch. Die Zufahrt ist gesperrt und nur noch für Anlieferverkehr freigegeben. Auch der Fußgängersteg vom Parkhaus rüber zum alten Krankenhaus ist unpassierbar.
Ein Mann schaut sich neugierig in der früheren Raucherecke um und geht dann wieder. Das aufmerksame Sicherheitspersonal passt hier jeden Tag bis 19 Uhr auf, dass kein Unbefugter das Haus betritt. „Es wird alles dokumentiert. Wer warum ins Gebäude geht und auch, dass er das Haus wieder verlässt“, sagt Wolfgang Schmid, der Kaufmännische Geschäftsführer des Alb-Fils-Klinikums, bei einem Rundgang durch die verlassene Klinik. Fünfeinhalb Wochen ist der Umzug in den Neubau her. Dort läuft der Vollbetrieb, im Altbau der Klinik am Eichert in Göppingen werden nur noch Patienten in der Strahlentherapie versorgt, die ihre Behandlung an den alten Linearbeschleunigern beenden müssen. Das Personal ist daher in dieser Abteilung aufgeteilt: Eine Mannschaft im Neubau, eine hier in der alten Klinik. Das wird noch bis Ende September so bleiben.
Klimaanlage heruntergefahren, Luft stickig
Die Patienten kommen von hinten über den Paul-Goes-Weg, der Weg in das Gebäude ist durch eine eingezogene, verschlossene Holztür verriegelt. Die Tür am Haupteingang bleibt offen, solange Mitarbeiter noch letzte Sachen aus dem Altbau holen müssen. „Die Sterilguteinheit ist auch noch in Betrieb“, sagt Thomas Hille, Technischer Leiter des Alb-Fils-Klinikums. Am 23. August soll auch hier Schluss sein. Der Großteil der rund 40 Jahre alten Klinik am Eichert ist jedoch verlassen. Die Notaufnahme liegt im Dunkeln, die Bänke sind abmontiert. Fast ein bisschen gruselig. Wo einst rund um die Uhr Betrieb und Gewusel war, ist es nun still. Hier und da liegt eine Wasserflasche, in der Ecke stapelt sich Kabelsalat. Technische Überbleibsel, die im Neubau nicht mehr gebraucht beziehungsweise mit den modernen Geräten nicht mehr kompatibel sind.
Auffällig ist: Im gesamten Haus ist es sehr warm, die Klimaanlage wurde längst heruntergefahren. Im OP-Saal 11 riecht es knapp sechs Wochen nach dem letzten Eingriff schon etwas muffig. Bildschirme und Tastaturen gibt es hier noch, die OP-Säule wartet jedoch vergebens darauf, dass hier jemals wieder ein OP-Tisch arretiert wird. Die Uhr an der Wand zeigt 11.47 Uhr. Sie funktioniert, ansonsten scheint in diesem Raum die Zeit stillzustehen. In Behältern an der Wand lagern noch jede Menge OP-Utensilien. „Alles ohne Umverpackung muss man wegschmeißen, da gibt es strenge Hygienevorgaben. Selbst wenn es ungenutzt ist“, erklärt der Klinikchef.
Aus dem Automaten gibt es noch Schokoriegel
"Lost Place mit technischer Warte"
Auf dem Weg durch das alte, noch sehr saubere Krankenhaus wird deutlich: Leer ist die Klinik noch lange nicht. Im Flur stehen Betten, überall finden sich noch alte medizinische Geräte, die im Neubau nicht mehr genutzt werden. Lampen, Uhren, Gitterboxen, Pflanzen, Möbel. Alles wird im Untergeschoss gesammelt. „Die medizintechnischen Geräte nimmt ein professioneller Händler mit und versucht, sie Richtung Osten oder Afrika zu verkaufen“, sagt Schmid. Was er nicht an den Mann bringt, wird gespendet oder verschrottet. Alles, was nicht mit Medizin zu tun hat, wird den Mitarbeitenden zum Verkauf angeboten. Der eine oder andere Automat wurde abgebaut, doch noch bekommt man im Altbau Kaffee und Schokoriegel per Knopfdruck.
Der einstige Bäcker samt Caféteria ist hingegen komplett verschwunden. Wichtig im Altbau: die Technische Warte. Hier sitzen rund um die Uhr zwei Mitarbeiter, weil hier sämtliche Fehlermeldungen auflaufen, erläutert Thomas Hille. „Wenn es brennt und die Alarmanlage losgeht, muss ja jemand da sein“, sagt der Geschäftsführer. Auch der Aufzug ist noch in Betrieb. Bleibt der Lift stecken, landet der Notruf hier in der Infozentrale. Erst wenn im Oktober oder November in dem alten Krankenhaus komplett die Lichter ausgehen, hier also auch der Zugang zu Strom, Wasser und Fernwärme gekappt ist, werden die Mitarbeiter am Eingang und in der Technischen Warte überflüssig. „Dann wird das Haus nur noch bestreift“, sagt Wolfgang Schmid.
Bauzaun soll für Sicherheit sorgen
Ein Bauzaun soll zusätzlich für Sicherheit sorgen. „Im Herbst und Winter wird das Gebäude dann minimal beheizt, um es frostfrei zu halten. Die Belüftung wird auf ein Minimum reduziert, und es gibt eine Notbeleuchtung“, fügt der Geschäftsführer hinzu. Kommt denn nicht ein kleines bisschen Wehmut auf bei dieser Tour? Wolfgang Schmid schüttelt entschieden den Kopf: „Nein, wirklich nicht.“