In einem langwierigen Verfahren wird aus dem Londoner Fettberg Biokraftstoff hergestellt. Foto: AFP

Der Londoner Fettberg hat für viele Schlagzeilen gesorgt. Nun naht sein Ende: Der Koloss von Whitechapel soll aus der Kanalisation gesaugt und zu Seife und Biodiesel weiterverarbeitet werden.

London/Stuttgart - Der Fettberg, der Teile der Londoner Kasnalisation verstopft, soll in bis zu 10 000 Liter umweltfreundlichen Kraftstoff umgewandelt werden. Das bestätigte das britische Wasserversorgungsunternehmen Thames Water. „Er mag ein Monster sein, aber der Whitechapel-Fettberg verdient eine zweite Chance“, erklärte der Verantwortliche für Abwassersysteme bei Thames Water, Alex Saunders.

So wird aus Fettbergen Biodiesel

„Fatberg“, „Fatty McFatberg“ oder „Fat the Ripper“, wie das 130 Tonnen schwere Gebilde aus Fett und Abfall liebevoll genannt wird, wird in den „Circle of Life“ – also den Kreislauf des Lebens – zurückkehren und der Zivilisation gute Dienste leisten. Ein Drittel des Fettberges ist bereits abgetragen worden, wie es hieß. Wie die Transformation technisch abläuft, erklären wir jetzt:

Erster Schritt: Abbau des Fettbergs

In mühevoller Handarbeit wird der Fettberg mit Schaufel, Hacke, Spaten und Hochdruckreinigern in transportable Klumpen zerkleinert und zu einem Brei aufgelöst. Spezialfahrzeuge der Kanalreinigung saugen die Klumpen mit Hilfe von Hochdruckpumpen und Spezialschläuchen aus dem Untergrund. Die Reste landen in den Lkw-Tanks. Obwohl die Kanalarbeiter rund um die Uhr schuften, wird die Fettabsaugung mindestens drei Wochen dauern.

Zweiter Schritt: Transport zum Kraftwerk

Die Lkws bringen ihre stinkende Fracht in den Londoner Stadtteil Beckton. Dort wurde im August 2015 ein moderne Anlage in Betrieb genommen, das aus Abwasserfetten und weiteren Fettabfällen bis zu 130 Gigawattstunden Energie pro Jahr erzeugt. Dies entspricht dem Bedarf von knapp 40 000 durchschnittlichen Wohnhäusern.

Die Dieselmotoren des Kraftwerks werden unter anderem mit den Biokraftstoffen angetrieben, die aus Bestandteilen von Fettbergen (Lebensmittelfetten, Speiseöl und anderen Fetten) gewonnen werden.

Dritter Schritt: Trennverfahren

Die Abfälle werden in der Anlage in einem langwierigen Verfahren recycelt und weiterverarbeitet. Fette sind chemische Verbindungsprodukte (sogenannte Ester), die nach Aussage von Experten extrem schwierig aus Abwasser und Kanalrückständen herauszufiltern sind.

Dies geschieht mit Hilfe eines mehrstufigen Reinigungssystems in einem Klärwerk. Weil Fett leichter ist als Wasser, schwimmen die Rückstände auf der Oberfläche. Zuerst wird mittels eines überdimensionalen Rechens neben anderen Stoffen wie Windeln und Plastik größere Fettklumpen abgeschöpft. Danach wird der Brei in einem sogenanntem Ölsandfang gefiltert. Dank Luftzufuhr werden verbliebene Fettkügelchen abgetrennt.

Vierter Schritt: Chemische Umwandlung

Biodiesel wird durch chemische Vorgänge aus pflanzlichen und tierischen Fetten und Ölen gewonnen. Diesen Vorgang nennt man Umesterung. Die Fette gehören zu einer Stoffgruppe chemischer Verbindungen des Glycerins, das in in allen natürlichen Fetten und fetten Ölen vorhanden ist.

Die Fette werden mit Methanol gemischt und in Reaktoren einige Stunden erhitzt. Der bei diesem chemischen Prozess entstandene Biodiesel und das Glycerin werden getrennt. Der Biodiesel wird von Laugen- und Methanolrückständen gereinigt und destilliert.

Während das Glycerin zu Seife, Kosmetika und Reinigungsmittlen weiterverarbeitet wird, dient der Biodiesel als Kraftstoff für Autos oder wird im Kraftwerk in Beckton zur Strom- und Wärmeerzeugung verwendet.