Allein der behandelnde Arzt entscheidet, wie lange Sie krankgeschrieben sind. Die Dauer der AU hängt von der Art Ihrer Erkrankung ab. Foto: Imago/Sascha Steinach

Grundsätzlich haben Arbeitnehmer in Deutschland Anspruch auf maximal sechs Wochen oder 42 Kalendertage Lohnfortzahlung im Krankheitsfall. Für die betroffenen Betriebe kommt diese Regelung allerdings teuer zu stehen.

Für die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall haben deutsche Arbeitgeber im vergangenen Jahr eine Rekordsumme von 76,6 Milliarden Euro ausgegeben. Wie aus einer noch nicht veröffentlichten Studie des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) hervorgeht, haben sich die Kosten damit binnen 14 Jahren verdoppelt.

Ist eine Trendumkehr bei den Ausgaben zu erwarten?

Nein. Das Institut beruft sich auf Daten des Bundesarbeitsministeriums und der Betriebskrankenkassen sowie auf eigene Schätzungen. Der hohe Beschäftigugsstand, starke Lohnerhöhungen, aber auch der unverändert hohe Krankenstand lassen demnach für das laufende Jahr keine Trendumkehr erwarten.

Sofern erkrankte Beschäftigte innerhalb von drei Tagen ein ärztliches Attest vorlegen, wird das Gehalt für bis zu sechs Wochen vom Arbeitgeber weitergezahlt. Die Bescheinigung kann bei Atemwegserkrankungen auch nach telefonischem Kontakt durch den Arzt ausgestellt werden.

Dauert die Genesung länger als sechs Wochen, zahlen die Krankenkassen ein Krankengeld in Höhe von 70 Prozent des regelmäßigen Bruttoentgelts.

Ein Anspruch auf bezahlte Freistellung zur Pflege von Kindern oder anderer naher Angehörigen nach § 616 BGB wird bejaht, sofern nur eine anderweitige Versorgung nicht angebracht oder nicht realisierbar ist. Allerdings ist die Entgeltfortzahlung dann im Sinne des § 616 BGB zeitlich beschränkt. Foto: Imago/Sascha Steinach

Ist auch der Krankenstand gestiegen?

Ja. Dem Studienautor Jochen Pimpertz zufolge erklären der hohe Beschäftigungsstand und deutlich gestiegene Löhne und Gehälter den Kostenanstieg nur zum Teil. „Denn auch der Krankenstand ist gestiegen: Verzeichnete der Dachverband der Betriebskrankenkassen (BKK) im Jahr 2010 noch durchschnittlich 13,2 Kalendertage, an denen ihre beschäftigten Mitglieder ein ärztliches Attest vorlegten, so waren es im Jahr 2022 bereits 22,6 Tage“, schreibt Pimpertz.

Die Daten einer monatlichen Stichprobe der teilnehmenden Betriebskrankenkassen legten nahe, dass der Krankenstand im Jahr 2023 kaum gesunken sei. Das Institut plädiert deshalb dafür, die Möglichkeiten der Krankschreibung ohne direkten persönlichen Kontakt mit einem Arzt wieder mehr einzuschränken.

Wer entscheidet über die Krankschreibung?

  • Grundsätzlich gilt: Allein der behandelnde Arzt entscheidet, wie lange Sie krankgeschrieben sind.
  • Die Dauer der AU hängt von der Art Ihrer Erkrankung ab. Allerdings gibt es einige wichtige Einschränkungen, die wir Ihnen hier erläutern:

Wie lange gilt die Krankschreibung?

  • Der Zeitraum der Krankschreibung darf nicht länger als zwei Wochen betragen.
  • In Ausnahmefällen darf eine AU auch für einen ganzen Monat gelten. Jedoch bedeutet dies nicht, dass Sie dann wieder zur Arbeit gehen müssen.
  • Diese Regelung ergibt sich aus den Arbeitsunfähigkeitsrichtlinien. Dort heißt es explizite in Paragraf 5 Absatz 4: „Die voraussichtliche Dauer der Arbeitsunfähigkeit soll nicht für einen mehr als zwei Wochen im Voraus liegenden Zeitraum bescheinigt werden. Ist es auf Grund der Erkrankung oder eines besonderen Krankheitsverlaufs sachgerecht, kann die Arbeitsunfähigkeit bis zur voraussichtlichen Dauer von einem Monat bescheinigt werden.“
Der Zeitraum der Krankschreibung darf nicht länger als zwei Wochen betragen. In Ausnahmefällen darf eine AU auch für einen ganzen Monat gelten. Jedoch bedeutet dies nicht, dass Sie dann wieder zur Arbeit gehen müssen. Foto: dpa/Alexander Heinl

Kann man sich erneut krankschreiben lassen?

  • Ja. Haben Sie sich auch nach einem Monat nicht von Ihrer Krankheit vollständig erholt, können Sie sich wieder krankschreiben lassen.
  •  Dafür muss ein Arzt Sie erneut untersuchen und eine neue AU ausstellen. Über die Länge entscheidet wiederum allein der behandelnde Arzt.

Wie lange darf man sich krankschreiben lassen?

  • Grundsätzlich gibt es keine Höchstgrenze für die Dauer einer Krankschreibung.
  • Arbeitsrechtlich stellt die AU eine Prognose des Arztes über die Dauer der Genesung dar. Er befragt den Patienten im Rahmen der sogenannten Anamnese nach der Vorgeschichte und dem aktuellen Verlauf einer Krankheit. So bestimmt der Mediziner Art sowie Schwere der Beschwerden. Anhand dieser Daten legt er die Dauer der AU fest.
  • Fazit: Wie lange die Krankschreibung in Anspruch genommen wird, hängt davon ab, wie lange man krank ist und der sogenannte gelbe Schein durch den Arzt verlängert wird.

Darf man vor Ablauf der Krankschreibung wieder arbeiten?

  • Ja. Wer sich vor Ablauf der AU wieder gesund fühlt, kann/darf wieder zur Arbeit gehen.
  • Das letzte Wort hat allerdings der Arbeitgeber. Er hat eine Fürsorgepflicht und kann offenkundig arbeitsunfähige Mitarbeiter, die trotz AU zum Dienst erscheinen, wieder nach Hause schicken.

Wie verlängert man eine Krankschreibung?

  • Wer zum Ende der AU weiterhin krank ist, kann sich erneut vom Arzt krankschreiben lassen. 
  • Dazu ist ein erneuter Arztbesuch vor dem Ende der ersten Krankschreibung nötig.
  • Auch die neue AU – auch Folgebescheinigung genannt – muss dem Arbeitgeber zugestellt werden.

Welche Konsequenzen drohen bei Versäumen der Fristen?

  • Wer erst am Folgetag zum Arzt geht, dem drohen mitunter arbeitsrechtliche Konflikte mit der Krankenkasse und/oder dem Arbeitgeber.
  • Die Krankenkasse kann darin eine Unterbrechung der Krankschreibung sehen.
  • Arbeitgeber können einen Tag ohne Krankenschein als unentschuldigtes Fehlen deuten und eine Abmahnung aussprechen.

Kann man sich rückwirkend krankschreiben lassen?

  • Ja. Eine rückwirkende Krankschreibung ist möglich, wenn man nicht rechtzeitig zum Arzt geht. Er muss dabei allerdings strenge Regeln beachten.
  • In der Regel schreibt der Arzt einen Patienten ab dem ersten Tag der Behandlung krank. Eine rückwirkende Krankschreibung ist maximal zwei Tage rückwirkend zulässig. In diesem Fall muss jedoch eindeutig ersichtlich sein, dass der Patient schon vorher arbeitsunfähig war.
  • Ab dem vierten Krankheitstag muss dem Arbeitgeber eine AU zugestellt werden, sodass im Regelfall eine rückwirkende Krankschreibung nicht nötig ist.

Darf man trotz Krankschreibung in Urlaub fahren?

  • Ja, aber mit Einschränkungen. Eine AU befreit den Arbeitnehmer von seiner Pflicht, bei der Arbeit zu erscheinen. Das bedeutet allerdings nicht, dass die ganze Zeit zuhause verbringen muss. Einkäufe, Spaziergänge oder ähnliche gesundheitsfördernde Aktivitäten darf er ausüben.
  • Das gilt auch für den Urlaub trotz AU, allerdings kommt es immer auf den Einzelfall an. Wenn der Urlaub der Genesung nicht förderlich ist, ist er nicht erlaubt und es besteht ein triftiger Kündigungsgrund.
  • Generell gilt: Auch im Urlaub muss der Arbeitgeber ab dem ersten Krankheitstag über die Krankschreibung informiert werden. Zusätzlich muss auch am Tag der AU ein ärztliches Attest eingeholt werden, dass die Krankheit und die Arbeitsunfähigkeit bestätigen.

Kann ein Arzt die Bitte eines Patienten um Krankschreibung ablehnen?

  • Ja. Ein Arzt hält sich bei der Ausübung seiner Tätigkeit an das ärztliche Berufsrecht. Dieses verpflichtet ihn, alle Maßnahmen aufgrund begründeter Einschätzungen und Fakten zu treffen. Eine Krankschreibung gilt als eine solche medizinische Maßnahme.
  • So ist es möglich, dass der Arzt zu dem Schluss kommt, ein Patient sei zwar krank, dadurch jedoch nicht arbeitsunfähig. In solchen Fällen verweigert er die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung aus rechtlichen Gründen.

Was kann ein Patient in einem solchen Fall tun?

Schreibt ein Arzt seinen Patienten ohne nachvollziehbaren Grund krank, können ihn der Arbeitgeber und die Krankenversicherung des Patienten später auf Schadenersatz verklagen. Darüber hinaus drohen dem Arzt wegen des „unärztlichen Verhaltens“ Probleme mit der Ärztekammer.

Es ist allerdings das gute Recht eines jeden Patienten, einen anderen Arzt aufzusuchen und sich erneut untersuchen zu lassen (mit AFP/dpa-Agenturmaterial).