Mitarbeiter der Pariser Metro sprühen einem Pendler in einer Metrostation etwas hydroalkoholisches Gel auf die Hände. Die Franzosen begannen am Montag zum ersten Mal seit zwei Monaten ihre Häuser und Wohnungen ohne Erlaubnisscheine zu verlassen. Foto: dpa/Francois Mori

In Frankreich sind die strengen Ausgangsbeschränkungen gelockert worden. Die Regierung mahnt, die Pandemie weiter erst zu nehmen.

Paris - Es regnet in Frankreich. Das freut nicht nur die Bauern, sondern auch die Regierung in Paris. Der Grund: Am Montag wurden nach knapp zwei Monaten die sehr strengen Ausgangsbeschränkungen im Land gelockert. Der befürchtete Ansturm auf die Geschäfte und Parks in den großen Städten blieb wegen des schlechten Wetters allerdings aus. Auch in der Millionenmetropole Paris verlief der Tag überraschend ruhig. Die Seine-Ufer waren zum ersten Mal seit Wochen wieder für Radfahrer und Jogger geöffnet, doch angesichts des Regens blieben die Sportbegeisterten zuhause.

Volle Züge im Berufsverkehr

In den Zügen des Pariser Nahverkehrs herrschte am Morgen auf manchen Bahnsteigen allerdings großes Gedränge. Die Lage habe sich aber schnell entspannt, sagte die Präsidentin der Pariser Nahverkehrsgesellschaft, Catherine Guillouard. Sicherheitspersonal kontrollierte, ob die ab Montag geltende Maskenpflicht eingehalten wird. Ganz vereinzelt liefen Menschen ohne Schutzmaske herum - sie wurden direkt angesprochen. An den Eingängen der Bahnhöfe verteilten Mitarbeiter Desinfektionsgel an die Pendler.

Die Franzosen dürfen ihre Wohnungen nun wieder ohne strenge Auflagen und ohne Passierschein verlassen. Viele Geschäfte haben ebenfalls geöffnet. Zudem können rund eine Million Kinder wieder zur Schule gehen. Frankreich ist von der Coronavirus-Krise hart betroffen, mehr als 26 000 Menschen sind bisher gestorben. Wegen der höheren Infektionszahlen im Pariser Großraum und dem Grenzgebiet zu Deutschland bleiben dort Kaufhäuser vorerst geschlossen, auch weiterführende Schulen oder Parks öffnen erst später.

Warnung der Regierung an die Franzosen

Die Befürchtung der Regierung ist, dass die Franzosen die Pandemie nun auf die leichte Schulter nehmen. Gesundheitsminister Olivier Véran mahnte deshalb am Morgen in einem Interview mit dem Sender BFMTV sehr eindringlich zur Vorsicht. Sollten die Virus-Infektionen wieder stark zunehmen, werde die Regierung erneut Sperrmaßnahmen ergreifen. Am Wochenende war die tägliche Zahl der Corona-Toten in Frankreich auf den niedrigsten Stand seit Beginn der Ausgangssperre gesunken. Innerhalb von 24 Stunden seien lediglich 70 infizierte Menschen gestorben, teilten die französischen Gesundheitsbehörden mit. Das sind so wenige wie seit Beginn der Ausgangssperre am 17. März nicht mehr.

Der Präsident kämpft gegen das Umfragetief

Vor allem im Präsidentenpalast werden die Verantwortlichen während der kommenden Wochen jeden Morgen gebannt auf die Zahl der Neuinfektionen starren. Denn gelingt der „Déconfinement“ nicht, werden die Franzosen dafür Emmanuel Macron verantwortlich machen. Der dümpelt wegen der Gelbwesten-Proteste und der Demonstrationen gegen die Rentenreform seit Monaten in einem Umfragetief. Viele Wähler trauen dem angeschlagenen Staatschef nicht mehr zu, das Land nun auch noch aus der Corona-Krise zu führen. Der Präsident bewege sich auf einem sehr schmalen Grat, heißt es besorgt aus dem Élysée-Palast, in dieser Situation könne der kleineste Fehler zum endgültigen Absturz führen. Das wittern natürlich auch die Oppositionsparteien. Standen sie angesichts der großen Bedrohung bisher geschlossen hinter dem Präsidenten, wird ihre Kritik an der Regierungspolitik nun immer lauter.