Ministerpräsident Winfried Kretschmann wollte sich am Donnerstag zu den Beschlüssen äußern und mit Eisenmann die nächsten Schritte besprechen. Foto: dpa/Marijan Murat

Der Lockdown wird gelockert - mit einem Stufenkonzept. Kreise mit niedrigen Infektionszahlen dürfen mehr. Es soll sich lohnen sich anzustrengen vor Ort, sagt die Kanzlerin. Baden-Württemberg muss das jetzt umsetzen - spannend bleibt die Schulfrage.

Stuttgart - Baden-Württemberg trägt die Entscheidung der Bund-Länder-Runde für regionale Lockerungen des Corona-Lockdowns ab einer Inzidenz von 50 mit. So soll es auch im Südwesten regional eine schrittweise Öffnung des Einzelhandels geben, wenn die Zahl der Infektionen unter 50 je 100 000 Einwohner in sieben Tagen liegt, hieß es in der Nacht zu Donnerstag. Der Lockdown zur Bekämpfung der Corona-Pandemie wird aber angesichts weiter hoher Infektionszahlen und der Gefahr durch Virusvarianten grundsätzlich bis zum 28. März verlängert. Die grün-schwarze Koalition im Südwesten muss die Beschlüsse aber noch für das Land umsetzen.

Kretschmann und Eisenmann sprechen über Schulen

Unklar ist bisher, ob schon vom kommenden Montag an auch die weiterführenden Schulen schrittweise wieder öffnen können, wie Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) dies gefordert hatte. Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) wollte sich erst am Donnerstag zu den Beschlüssen äußern und mit Eisenmann die nächsten Schritte besprechen. Der Grüne hatte sich zuletzt skeptisch gezeigt, ob es so schnell gelingen kann, die Wiedereröffnung der Schulen mit genügend Schnelltests bei Schülerinnen und Schülern abzusichern.

Unter 50: Geschäfte, Museen und Zoos dürfen öffnen

Der Beschluss von Bund und Ländern sieht vor, dass vom kommenden Montag an bei einer 7-Tage-Inzidenz von unter 50 der Einzelhandel wieder öffnen kann - allerdings mit einer Begrenzung von einer Kundin oder einem Kunden pro 10 Quadratmeter beziehungsweise 20 Quadratmeter je nach Verkaufsfläche. Möglich sind dann auch die Öffnung von Museen, Galerien, Gedenkstätten, zoologischen und botanischen Gärten sowie auch kontaktfreier Sport in kleinen Gruppen mit bis zu maximal zehn Personen im Außenbereich, auch auf Außensportanlagen. Bei einer 7-Tage-Inzidenz von bis zu 100 Neuinfektionen je 100 000 Einwohner gelten eingeschränkte Lockerungen für diese Bereiche. Shopping geht dann nur mit Termin (Click&Meet) und auch in anderen Einrichtungen muss man einen Termin buchen.

20 von 44 Kreisen im Südwesten unter Inzidenz von 50

Allerdings steigt die Zahl der Neuinfektionen mit dem Virus pro 100 000 Einwohner in Baden-Württemberg weiter. Der Wert lag nach Angaben des Landesgesundheitsamts in Stuttgart vom Mittwoch (Stand 16.00 Uhr) bei landesweit 54,4 nach 52 am Vortag. Unter der Inzidenz von 50 lagen demnach 20 von 44 Stadt- und Landkreisen. Zwischen 50 und 100 liegen weitere 22 Kreise, 2 überschreiten derzeit die 100er-Marke: Rottweil und Schwäbisch Hall.

Kontaktregeln werden erleichtert

Bund und Länder verständigten sich auch darauf, die strikten Kontaktregeln von Montag an zu lockern. Dann sollen wieder Treffen des eigenen Haushalts mit einem weiteren Haushalt erlaubt sein - beschränkt auf fünf Teilnehmer, Kinder bis 14 Jahre nicht mitgezählt. Und: Paare, die nicht zusammenwohnen, sollen künftig als ein Hausstand gelten. Derzeit sind private Zusammenkünfte nur im Kreis des eigenen Hausstands mit einer weiteren Person von außerhalb gestattet.

Auch hier soll es in Regionen mit einer Sieben-Tage-Inzidenz von unter 35 weitere Lockerungen geben. Dann können drei Haushalte mit zusammen maximal zehn Personen zusammenkommen. Auch hier sind Kinder bis 14 Jahre ausgenommen. Derzeit liegen im Südwesten 6 von 44 Kreisen unter der Inzidenz von 35: Böblingen, Enzkreis, Ostalbkreis, Freudenstadt, Schwarzwald-Baar-Kreis und Heilbronn.

Weitere Öffnungsschritte frühestens am 22. März

Die nächsten Öffnungsschritte werden davon abhängig gemacht, dass die vorherige Stufe 14 Tage lang nicht zu einer Verschlechterung der Sieben-Tage-Inzidenz geführt hat. Dann geht es zunächst um die Öffnung der Außengastronomie, von Kinos, Theatern, Konzert- und Opernhäusern sowie um kontaktfreien Sport im Innenbereich und um Kontaktsport im Außenbereich. Im nächsten Schritt sind weitere Sportmöglichkeiten und Freizeitveranstaltungen dran. Auch hier gilt: Bis zu einer 100er Inzidenz soll es höhere Auflagen wie tagesaktuelle Tests oder einen Buchungszwang geben.

Wichtige Elemente für weitere Öffnungen sollen Impfen und Testen sein. Vereinbart wurde, dass Ende März/Anfang April die haus- und fachärztlichen Praxen umfassend in die Impfkampagne eingebunden werden, um diese zu beschleunigen. Kostenlose Corona-Schnelltests für alle Bürger sollen voraussichtlich von nächster Woche an möglich werden. Pro Woche soll mindestens ein Schnelltest möglich sein, den geschultes Personal etwa in Testzentren oder Praxen abnimmt.

Eisenmann fordert Tempo beim Testen und Schulöffnung

Kultusministerin Eisenmann verlangte bei „Bild live“ am Mittwochabend eine schnelle Öffnungsperspektive für die Schulen. „Wir können nicht sagen, die Schulen müssen alle zubleiben, wenn wir nicht genug Tests haben.“ Kürzlich hatte sie erklärt, man könne sich nach der Öffnung der Grundschulen im Wechselunterricht vor zehn Tagen durchaus zutrauen, auch die weiterführenden Schulen behutsam ab kommenden Montag wieder zu öffnen. „Wir können nicht sagen, die Schulen bleiben zu auf ewig, bis wir andere Strukturen geschaffen haben.“

Die CDU-Spitzenkandidatin bemängelte nun erneut das Krisenmanagement von Gesundheits- und Sozialminister Manne Lucha (Grüne). „Auch in Baden-Württemberg hängt bei uns manches. Da ist der Sozialminister auch schwer dabei, der Entwicklung ein stückweit hinterherzulaufen.“ Er hätte früher auf Schnell- und Selbsttests setzen müssen, monierte Eisenmann. Von grüner Regierungsseite hieß es dagegen, man wäre mit den Selbsttests schon viel weiter, wenn Eisenmann am 13. Februar die Bestellung solcher Tests nicht blockiert hätte. Das damalige Argument dagegen sei gewesen, diese Tests seien noch nicht ausgereift.