Spötter behaupten ganz zu Unrecht, ARD und ZDF lieferten nur müde Sandmännchenprogramme. Foto:RBB Foto:  

ARD und ZDF zeigen noch immer das beste Fernsehprogramm der Welt. Wer das nicht glaubt, ist nur zu faul, in der Fülle des gebührenfinanzierten Angebots richtig zu suchen.

Stuttgart - Fernsehen ist kein Wunschkonzert. Wenn man das Angebot nicht zeitversetzt via Mediathek wahrnehmen will, muss man sich an vorgegebene Programmabläufe halten. Natürlich gibt es auch Alternativen, zum Beispiel einen Streamingdienst wie Netflix, bei dem man rund um die Uhr die Folgen seiner Lieblingsserien abrufen kann. Doch das funktioniert nur mit ordentlichem Internetanschluss, außerdem kosten Netflix, Amazon & Co. Geld. Für ARD und ZDF gilt das allerdings natürlich auch: 17,50 Euro pro Monat und Haushalt. Weil der Deutsche eine gewisse Neigung zum Nörgeln hat, wird vermutlich allenfalls noch über das Wetter und die Bahn so oft geschimpft wie über das öffentlich-rechtliche Fernsehen.

Das wiederum ist keine Überraschung, denn die Sender wollen es jedem recht machen und können gerade deshalb nie alle Wünsche erfüllen. Praktisch jede Programmform polarisiert: Die einen hätten gern noch mehr Talkshows, die anderen würden am liebsten alle Quasselbuden schließen. Die einen wollen mehr Fußball, die anderen überhaupt keinen. Die einen stöhnen über die Krimischwemme, die anderen befürchten, weniger Krimi hieße womöglich mehr Schnulzen à la Rosamunde Pilcher.

Mutiger und unbequemer, bitte

Die einen ärgern sich, dass die besten Filme erst nach 23 Uhr laufen, die anderen würden um 20.15 Uhr lieber mehr Dokumentationen sehen. Serienfreunde fragen sich, warum die ARD nicht öfter so großartige Produktionen wie „Babylon Berlin“ hervorbringt und stattdessen jahrein, jahraus „Um Himmels Willen“ und „In aller Freundschaft“ zeigt. Eine Minderheit ist außerdem der Meinung, das Programm sollte mutiger, unbequemer und anspruchsvoller sein.

Ganz zu schweigen von Musik! Früher war ja ohnehin alles viel überschaubarer, nicht nur das TV-Programm: Es gab Pop (englisch) und es gab Schlager (deutsch). Die jeweiligen Fanlager waren fein säuberlich getrennt. Mittlerweile hat sich die Musikbranche jedoch so stark vereinzelt wie vermutlich kein anderer populärer Kulturbereich, weshalb es praktisch unmöglich ist, mit einer Musiksendung eine Mehrheit anzusprechen. Wie sich so was anhören würde, zeigt sich an den Popwellen, die mit ihrem Mainstream-Gedudel einen musikalischen Einheitsbrei bieten.

Die vielen Nischen

Sämtliche Behauptungen gelten allerdings in erster Linie für die Hauptprogramme, also das Erste und das Zweite. Wer zur besten Sendezeit anspruchsvolle Dokumentationen, Filme oder Serien will, den bedienen ARD und ZDF in ihren Spartenkanälen; die kennt jedoch kaum jemand. 3 Sat und Arte sind zwar fast allen Zuschauern ein Begriff, aber längst nicht jeder weiß, dass beide zur großen öffentlich-rechtlichen Senderfamilie gehören. Bei ZDF Neo steht der Bezug schon im Namen, doch bei One muss man schon ein bisschen mitdenken, um die ARD-Verwandtschaft zu erkennen.

Und dann sind da noch die reinen Informations- und Dokumentationskanäle Phoenix, ARD Alpha, Tagesschau 24 und ZDF Info. Im Einzelfall lässt sich über das Angebot sicher streiten, weil etwa Adolf Hitler und der Zweite Weltkrieg bei ZDF Info genauso oft rauf- und runterdekliniert werden wie bei N-TV. Wer jedoch das öffentlich-rechtliche Fernsehen kritisiert und damit in erster Linie die beiden Hauptprogramme meint, ist im Grunde bloß zu faul zum Suchen nach den vielen Nischenangeboten.

Anlass für substanzielle Kritik bieten dagegen die Dritten, die ihr Angebot nicht zuletzt aus Sparsamkeitsgründen zu großen Teilen mit ARD-Wiederholungen bestreiten und ansonsten wohl am liebsten nur Reisereportagen wie „Wunderschön!“ zeigen würden. Im Grunde könnte man die sieben Programme auch zusammenlegen, denn an manchen Tagen besteht die Vielfalt zu bestimmten Uhrzeiten allein darin, dass in verschiedenen Sendern ein jeweils anderer „Tatort“ läuft.

Meckern ist leichter

Die Marktanteile der Dritten werden gern mit ihrem Gesamtwert ausgewiesen, weil sie das meiste Publikum im jeweiligen Sendegebiet erreichen und WDR, NDR oder SWR in absoluten Zahlen viel mehr Menschen ansprechen als zum Beispiel der Rundfunk Berlin-Brandenburg. In kumulierter Form liegen die dritten Programme regelmäßig ganz vorn; im Mai zum Beispiel mit 13,1 Prozent noch vor Dauermarktführer ZDF (12,7 Prozent) und dem Ersten (11 Prozent).

Das von Kritikern wegen Anspruchs- und Einfallslosigkeit beharrlich geschmähte Angebot scheint also bei vielen Menschen gut anzukommen; zufrieden sind sie natürlich trotzdem nicht. Dennoch lässt sich unterm Strich resümieren: ARD, ZDF und ihre vielen Ableger zeigen das beste Fernsehen der Welt. Man muss es sich allerdings selbst zusammenstellen; deshalb meckern die meisten Zuschauer lieber über das schlechte Programm.