Ab 1. August wird die Lkw-Maut auch auf ausgewählte Bundesstraßen ausgeweitet. Anders als bei der Einführung auf Autobahnen vor sieben Jahren verspricht Betreiber Toll Collect, dass ein Chaos dieses Mal ausbleiben wird. Foto: dpa

Einführung der Maut auf Autobahnen war Chaos – Nun scheint Toll Collect alles im Griff zu haben.

Esslingen - Der Aufkleber im Streifenwagen des Bundesamts für Güterverkehr (BAG) ist unmissverständlich: Wir akzeptieren Visa, Maestro, American Express. Schwarzfahrer oder solche, die bei der Streckenbuchung nur die falsche Anzahl an Achsen oder die falsche Schadstoffklasse gebucht haben, werden gleich abkassiert. „Wir haben auch Übersetzungshilfen in sämtlichen Sprachen – mit Ausnahme von Japanisch“, erläuterte Harald Horneff vom BAG auf einem Pressetermin zum Start der Bundesstraßen-Maut in Esslingen. Mit 0,3 Prozent ist die Verstoßquote aber sehr gering. Die meisten Speditionen, rund 90 Prozent, verlassen sich auf die satellitengestützte Abbuchung. Nur etwa ein Zehntel bucht die Fahrt an einem der Mautterminals manuell.

Ab 1. August werden sich die knapp 147.000 bei Toll Collect registrierten Speditionen aus 40 Ländern umstellen müssen. Dann gilt die Mautpflicht für Lkw ab zwölf Tonnen nicht mehr nur auf Autobahnen, sondern auch auf vierspurigen Bundesstraßen mit Autobahnanschluss und ohne Ortsdurchfahrt. Im Südwesten betrifft dies Teile der B 10, B 27, B 28, B 31 a, B 33, B 36 und der B 313 (siehe Info).

Durchschnittlich 17 Cent pro Kilometer

Insgesamt werden bundesweit 1100 Kilometer Bundesstraße bemautet – überwiegend jene Strecken, die bislang noch als mautfreie Ausweichstrecke zur Autobahn genutzt werden. Im Schnitt werden 17 Cent pro Kilometer fällig – so viel wie auf Autobahnen. Die Tarife bemessen sich nach der Zahl der Achsen und der Schadstoffklasse.

Zunächst war an 2000 Kilometer Bundesstraße gedacht worden, doch dafür reichte die Kapazität der Bordcomputer nicht aus. Ein Grund, warum das Bundesverkehrsministerium offenbar unzufrieden mit Toll Collect ist. Die Mautverträge laufen noch bis 2015, im kommenden Jahr beginnt die neue Ausschreibung.

Der Betreiber sieht sich für den Bundesstraßen-Start am 1. August indes gut gerüstet. Ein Chaos wie bei der Einführung der Maut auf Autobahnen, die 2005 erst mit 16-monatiger Verspätung eingeführt werden konnte, schließt das Unternehmen dieses Mal aus. Sämtliche Tests seien erfolgreich verlaufen.

Das Bundesverkehrsministerium rechnet mit zusätzlichen Einnahmen von 100 Millionen Euro pro Jahr. Knapp ein Drittel davon kassiert Toll Collect. Rund 70 Millionen fließen in den Straßenbau. Wie viel davon Baden-Württemberg zugutekommt, lässt sich laut Landesverkehrsministerium nicht genau sagen. Erfahrungsgemäß ist es etwa ein Zehntel. Im Vergleich zu den Einnahmen auf den deutschlandweit 13.000 Autobahnkilometern – 2011 waren dies 4,53 Milliarden Euro – nehmen sich die 100 Millionen für die Bundesstraßen freilich bescheiden aus.

Keine Mautbrücken und keine Schilder

Deswegen wird auch auf den Bau von Mautbrücken verzichtet. Stattdessen wird verstärkt das BAG Streife fahren. Auch Schilder, die auf einen mautpflichtigen Abschnitt hinweisen, soll es nicht geben. Stattdessen müssen sich die Lkw-Fahrer bzw. deren Spediteure im elektronischen Bundesanzeiger über die Mautstrecken informieren.

Ausweichverkehr in großem Stil erwarten weder Toll Collect noch das BAG. „Wenn man die Faktoren Benzin, Material und Zeit gegenrechnet, dann lohnt es sich nicht, von Bundes- auf Landstraßen auszuweichen,“, meint Harald Horneff. Claudia Steen von Toll Collect geht davon aus, dass der Verkehr „genauso weiterläuft wie bisher“. Aber erst in einem Jahr wisse man mehr.

Eine vom Bund angekündigte Studie zum Ausweichverkehr liegt noch nicht vor. Glaubt man dem Bundesverkehrsministerium, soll mit der Ausweitung der Maut auf Bundesstraßen gar nicht so sehr Ausweichverkehr unterbunden werden. Vielmehr will man auch den Güternahverkehr zur Kasse bitten. Ginge es nach Landesverkehrsminister Winfried Hermann (Grüne), würden auch Kleinlaster ab 3,5 Tonnen bemautet, da inzwischen etliche Speditionen auf kleinere Fahrzeuge umgestellt haben. Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) will dem Gewerbe aber erst mal keine weiteren Belastungen auferlegen – und stattdessen für eine Pkw-Maut kämpfen.