Fee Katrin Kanzler Foto: promo

Starke Kontraste prägen das Schaffen der vier jungen Schriftsteller, die vom Land Baden-Württemberg jetzt ein Stipendium bekommen haben.

Starke Kontraste prägen das Schaffen der vier jungen Schriftsteller, die vom Land Baden-Württemberg jetzt ein Stipendium bekommen haben.

Stuttgart - Eigenwillige Sprachwelten sind es, die vier junge Schriftsteller geschaffen haben, die Stipendiaten des Landes Baden-Württemberg aus dem Jahr 2013. Starke Kontraste werden sichtbar, wenn sie lesen. Und Lesungen sind ein Teil ihres Stipendiums. Als Marie T. Martin, Philipp Schönthaler, Fee Katrin Kanzler und Lisa Kränzler im Mai in Bonndorf bei Waldshut, Karlsruhe und Stuttgart vor ein Publikum treten, wird die Individualität ihrer Ansätze deutlich.

Zwei der jungen Autoren, Marie T. Martin und Philipp Schönthaler, erhielten je ein mit 12 000 Euro dotiertes Vollstipendium des Landes, zwei weitere, Lisa Kränzler und Fee Katrin Kanzler, teilen sich ein Stipendium.

Marie T. Martin veröffentlichte einen Band mit Erzählungen und hat nun, mit „Wisperzimmer“, ein Buch mit bilderreich dahinfließenden, sehr natürlich wirkenden und doch immer wieder überraschenden Gedichten vorgelegt: „Ist das nicht Leidenschaft“, liest die Autorin, die 1982 in Freiburg geboren wurde, „ein Dach blau anzustreichen und darunter zu wohnen?“

Fee Katrin Kanzler wiederum, geboren 1981 in Ulm, tritt in ihrem ersten Roman „Die Schüchternheit der Pflaume“ nicht weniger emotional und evokativ auf – ihre Heldin ist eine Schwärmerin, die vielleicht solche Gedichte schreiben würde. Aber die Autorin zeigt sie als gefährdet, zwischen abbrechenden Schnellstraßen und Autounfällen, auf der Suche, vielleicht irrend, in einer Welt, die Risse bekommen hat – eine „bröckelige Lebenswelt“ ist das für Astrid Braun, Geschäftsführerin des Schriftstellerhauses, die die Lesung der Stipendiaten in Stuttgart moderiert.

„Es ist alles so schön sauber hier“, sagt Lisa Kränzler, als sie Platz nimmt, vor ihren Zuhörern im sehr weißen Café Lesbar in der neuen Stadtbibliothek. Kränzler wurde 1983 in Ravensburg geboren, ihr zweiter Roman „Nachhinein“ ist im Verbrecher-Verlag erschienen. „Ich muss an Charles Bukowski denken. Würde er lesen, stünde hier jetzt ein Kühlschrank voller Bier. Aber ich bin ja nicht Charles Bukowski.“ Eine gewisse bittere Schärfe allerdings hat Kränzler, eine sprachliche Vehemenz, die durchaus an den trinkfreudigen Amerikaner erinnern kann – von „Schädelbasisbruch und Bumsen“ schreibt sie, vom kaltblütigen Mord an jungen Katzen, bei dem das Hirn der Tiere spritzt. Mit einer Mischung aus Sinnlichkeit und Weltekel erzählt sie von der Freundschaft zweier junger Mädchen, die aus Erinnerungen wieder ersteht: eindringlich, manchmal erschreckend, kein Idyll.

Philipp Schönthaler schließlich, geboren 1976 in Stuttgart, nun in Dresden lebend, nannte seinen Debütroman „Das Schiff das singend zieht auf seiner Bahn“, ein Titel, der sich als graziöse Bosheit entpuppt. Die Jury des Literaturpreises lobte die „große Welthaltigkeit“ des Buchs – und die Welt, die es beschreibt, erscheint in der Tat glaubwürdig, greifbar und erfüllt von leisem Grauen. Es ist die Welt der selbstoptimierten Büromenschen der Gegenwart, ihrer Selbstsuggestionen und Karriereängste, ihrer Rituale. Der Autor beobachtet diese Menschen in knappen Sätzen, lässt die Sprossen in der Tretmühle ihres Daseins zu den sarkastischen Refrains seiner Prosa werden. Sein Text besitzt Präsenz: die Limousine, in der der Vertreter eines fiktiven Kosmetikunternehmens auf den Fildern über den Schlossplatz gleitet, glaubt man vor sich zu sehen.