Der Autor T. C. Boyle (links) und der Journalist Günter Keil unterhielten nicht nur sich, sondern auch 1000 Zuschauer. Foto: Horst Rudel

Das zweiwöchige Literaturfestival endet an diesem Samstag. Renate Luxemburger und Gudrun Fuchs von der Stadtbücherei berichten, dass sie der große Andrang zwar freut, aber dem Festival-Charakter eigentlich nicht ganz gerecht wird.

Esslingen - Der Kassenknüller bei dieser Lesart war T. C. Boyle, der seinem trockenen Humor etwa 1000 Besucher im Neckar Forum unterhielt. Aber nicht nur an ihm lag es, dass das Esslinger Literaturfestival in diesem Jahr auf eine Rekord-Besucherzahl von knapp 5000 zusteuert.

Dabei könnte das Festival doppelt soviele Besucher anlocken, da sind sich Renate Luxemburger, die Programmchefin für Belletristik und Gudrun Fuchs, die Leiterin der Stadtbücherei, sicher. Aber die Bücherei hatte nicht die erforderlichen Räume zur Verfügung. Außerdem – und darin waren sich wieder beide einig – würden zu große Räume die Intimität zwischen Autor und Publikum zerstören. Aber genau das sei es, was den Erfolg der Lesart ausmache.

Die längste Anfahrt hatte ein US-Amerikaner

Die Besucher kamen von Schwäbisch Gmünd bis Tübingen aus der ganzen Metropolregion. Die längste Anfahrt hatten ein Berliner und ein US-Amerikaner, der T. C. Boyle hinterher gereist war.

Bestimmte thematische Schwerpunkte setzt die Lesart traditionell keine, wohl aber sucht sie den Mix zwischen neuen Talenten und bewährten Stars. Wie gut die Auswahl in der Vergangenheit war, zeigt eine ziemlich lange Liste von Autoren, die zuerst zur Lesart kamen und wenig später große Preise erhielten. Herta Müller beispielsweise, die gänzlich unbekannt war, hat kurz nach der Lesart den Nobelpreis bekommen.

Doch nicht nur große Töne wurden bei der Lesart gespielt, wichtig waren auch die Veranstaltungen im Kutschersaal der Stadtbücherei. Sie zeigten, wohin neue Wege der Literatur gehen können. Ein Wermutstropfen war es, dass der eigens für die Lesart entwickelte Lyrikabend in der Villa Merkel aus Platzgründen nicht mehr stattfinden konnte. Hier sucht die Lesart ein Ausweichquartier. Etwa 1000 Besucher kamen ins Schul- und Kinderprogramm, für das Bettina Langenheim verantwortlich gezeichnet hat.

Gut hat das Festival auch dem Buchhandel getan. Bei Osiander aus Tübingen, der vier Büchertische veranstaltete, freue man sich, dass die Marke durch den Festivalcharakter und das umfangreiche Programmheft viel stärker in der Öffentlichkeit auftauche, als das bei einer einzelnen Lesung der Fall ist, berichtet Monika Plößl von der Marketing-Abteilung des Unternehmens. Bei der Esslinger Osiander-Filiale gab es etliche Rückmeldungen. „Die Leser kommen nach den Veranstaltungen und erkundigen sich nach den Autoren oder kaufen Bücher“, für die Buchhändlerin Barbara Strobel ist das „ein ganz tolles Feedback.“

Karten gingen weg wie warme Semmeln

Der Hauptsponsor der Lesart ist von Anfang an die Kreissparkasse Esslingen-Nürtingen gewesen. Ulrich Unger ist der Pressesprecher der Bank. Für ihn ist die Lesart eine gute Gelegenheit, sein Unternehmen „bis weit über die Kreisgrenzen hinaus bekannt zu machen.“ Vor allem freut ihn, wie sehr die Lesart inzwischen bei den Esslingern ankommt, was er daran sieht, „dass die Mitarbeiter-Karten weggingen wie warme Semmeln“.

Alle Beteiligten, Buchhändler wie Sponsoren, rühmen die gute Zusammenarbeit mit der Stadtbücherei. Die Bücherei reichte das Lob an das Esslinger Publikum weiter. Es sei genauso interessiert wie konzentriert den Autoren gefolgt, sagt Renate Luxemburger, und auch das sei ein Grund, warum die Lesart gerne von bedeutenden Schriftstellern besucht werde.

Was bleibt, wenn ein Heer von Großliteraten, originellen Köpfen und klugen Schreibern durch eine 90 000 Einwohner-Stadt zieht? Manche der Esslinger Bürger konnten endlich ihre Stars sehen, und manche bekamen selbst wieder Lust, sich auf den Hosenboden zu setzen und zu fabulieren. Natürlich bleibt auch die Vorfreude auf die nächste Lesart, für die Renate Luxemburger und Bettina Langenheim schon emsig Pläne schmieden.