Gerade noch in Buenos Aires, nun zurück im kalten Paris: Fußball-Weltmeister Lionel Messi Foto: AFP/BERTRAND GUAY

Die argentinischen Weltmeister sind nach ihrem Sonderurlaub gar nicht so leicht wieder einzugliedern. Nun kehrt auch Superstar Lionel Messi mit Paris Saint-Germain in den Alltag zurück, um schon bald wieder nach Katar zu jetten.

Es war aus PR-Zwecken ja wenig verwunderlich, dass die Kamera des clubeigenen TV-Senders von Paris Saint-Germain am Dienstag fast ausschließlich auf den bärtigen Mann hielt, der rote Schuhe und schwarze Handschuhe trug. Und der beim Kreisspielchen nicht einmal in die Mitte musste. Untrügliches Zeichen, dass Lionel Messi trotz eines Sonderurlaubs wenig bis nichts verlernt hat. Doch irgendwann muss auch der argentinische Megastar wieder in den französischen Alltag zurückkehren.

PSG-Trainer Christophe Galtier äußerte sich nach dem Abschlusstraining hocherfreut über den anstehenden Re-Start von Messi und Neymar, für deren Wiedereingliederung sich das Heimspiel des Tabellenführers gegen Schlusslicht Angers SCO an diesem Mittwoch (21 Uhr) förmlich anbietet. In der Ligue 1 gibt es keinen leichteren Gegner als das abgeschlagene Schlusslicht. Vor Anpfiff dürfte sich der proppenvolle Prinzenpark applaudierend vor Messi verneigen, nachdem der 35-Jährige bereits in der Vorwoche durch ein Spalier klatschender Mitspieler trabte.

Kylian Mbappé wird Paris fehlen

Fehlen wird noch Kylian Mbappé: Der im WM-Finale dreimal erfolgreiche Franzose war viel früher als Messi bei seinem Arbeitgeber aufgeschlagen, hatte aber am Neujahrstag bei der Niederlage beim Überraschungszweiten RC Lens (1:3) so ausgelaugt gewirkt, dass ihm jetzt eine schöpferische Pause zugestanden wird. Gemeinsam müssen Messi, Mbappé und Neymar ja erst wieder stürmen, wenn es im Achtelfinale der Champions League gegen den FC Bayern (14. Februar/8. März) ernst wird.

Nächste Woche wird das Starensemble noch mal schnell zu einem Kurztrip nach Katar und Saudi-Arabien jetten, um erst in Doha ein Showtraining abzuhalten, ehe in Riad ein Showmatch gegen den zu Al-Nassr gewechselten Messi-Rivalen Cristiano Ronaldo steigt. Solche Abstecher sind Teil der globalen Marketingstrategie, von der auch Messi enorm profitiert. Weil sein Vertrag im Sommer in Paris ausläuft, könnte noch ein heißer Poker um die Dienste des weltbesten Fußballers bevorstehen.

Helden in der Heimat

Jeder hat ihm und seinen Mitspielern nach dem überwältigen Empfang in Buenos Aires gegönnt, sich in der Heimat ein bisschen im Glanze des Goldpokals sonnen zu können. Die reich befüllten Social-Media-Kanäle bezeugten, dass vor allem Familien und Freunde an der Freude der Weltmeister teilhaben durften.

Messi schrieb zum Jahreswechsel zu einem Bild mit Frau und Söhnen erneut von einem Traum, der nichts wert gewesen wäre, wenn er es „nicht mit einer wunderbaren Familie teilen könnte“.

Ähnliche äußerte sich auch Elfmeterheld Emiliano „Dibu“ Martinez, der sich bei einer Zusammenkunft mit Angehörigen in Mar del Plata im Hintergrund am Sofa abstützte, was deutlich anständiger aussah, als der nach der Siegerehrung vor seine Hose gehaltene goldene Handschuh für die Auszeichnung als bester WM-Torwart. Diese obszöne Geste (und andere Unarten) fand sein Vereinstrainer Unai Emery bei Aston Villa gar nichtig witzig, weshalb der Spanier ein klärendes Gespräch mit dem Kindskopf zwischen den Pfosten führte.

Martinez hat bislang nur im Heimspiel gegen Wolverhampton Wanderes (1:1) das Tor gehütet, als Villas Stammkeeper mit argentinischen Fahnen und Transparenten begrüßt wurde. Doch selbst bei der FA-Cup-Blamage gegen den Viertligisten Stevenage (1:2) saß der 30-Jährige am Sonntag auf der Bank, als sein Stellvertreter Robin Olsen patzte. Das könnte Martinez nun im Punktspiel gegen Leeds United (Freitag, 21 Uhr) wieder in die Startelf bringen. Auch andere Helden haben ihre Stammplätze zumindest vorläufig verloren oder kämpfen um den Anschluss.

Bankdrücker: Rodrigo de Paul

Der unter Weltmeistertrainer Lionel Scaloni bei der WM gesetzte Kämpfer Rodrigo de Paul wurde von Landsmann Diego Simeone bei Atlético Madrid im Spitzenspiel gegen den FC Barcelona (0:1) nicht mal eingewechselt. Und Messis Sturmpartner Julian Alvarez lief für Manchester City zuletzt im Pokal gegen Chelsea (4:0) nur auf, weil die Stammelf geschont wurde. Alvarez traf immerhin per Elfmeter, wird aber wohl schon im Derby gegen Manchester United (Samstag, 13.30 Uhr) erneut Joker sein.

Andere wollen die Steigerung des eigenen Marktwerts lieber heute als morgen für sich nutzen: Enzo Fernández, ein weiterer verlässlicher Mittelfeld-Bodyguard für Zauberer Messi, dringt bei Benfica Lissabon auf die Freigabe, weil ihn Chelsea unbedingt möchte. 80 Millionen Euro stehen als Ablöse für den 21-Jährigen im Raum. Fans des portugiesischen Traditionsvereins beschimpfen ihn bereits als Verräter. So bleibt der Grat für jeden Weltmeister schmal. Die Gefahr besteht, dass die Gier nach noch mehr Ruhm und Reichtum dem einen oder anderen den Kopf verdreht. Wer dann noch glaubt, vielleicht einen Schritt weniger machen zu müssen, hat meist schon verloren. Am ehesten ist wohl Messi zuzutrauen, diese Fallstricke nach dem größten aller Titel auszutricksen. Nur er scheint die Gabe zu besitzen, schwierigste Aufgaben ohne größeren Aufwand aufzulösen.