Gerät mit ihren Positionen immer weiter an den Rand ihrer Partei: Linken-Politikerin Sahra Wagenknecht. Foto: dpa/Michael Kappeler

Spitzenpolitiker der Linkspartei bekennen sich auf einem Krisentreffen zur Einheit der Partei – und positionieren sich klar gegen die Positionen der populären Abweichlerin Sahra Wagenknecht.

In der Linkspartei geht seit langem das Gespenst der Spaltung um. Getrieben werden diese Spekulationen vom Verhalten ihrer populärsten Politikerin. Sahra Wagenknecht, die sich stets in einer Oppositionsrolle gegenüber der Parteiführung und den Mehrheitsbeschlüssen der Partei gefallen hatte, war zuletzt aufgrund ihrer Russland-freundlichen Positionen immer mehr in die Isolation geraten. Hinter den Kulissen laufen längst Sondierungen der Gruppe ihrer Unterstützer, ob eine Abspaltung genug personelle und organisatorische Wucht entfalten könnte, um erfolgreich zu sein.

Ein Bekenntnis zur Einheit der Partei

Vor diesem Hintergrund trafen sich am Wochenende in Leipzig die Spitzen der Bundespartei, der Bundestagsfraktion, sowie die Vorsitzenden der Landesparteien und Landtagsfraktionen zu einem zweitägigen Krisengipfel. Am Ende der Beratungen stand eine „Leipziger Erklärung“, die ein Bekenntnis zur Einheit der Partei darstellt. „Wir sind bereit für unsere gemeinsame Partei zu kämpfen, das historische Projekt einer geeinten, pluralen sozialistischen Partei zu verteidigen und weiterzuentwickeln“, heißt es in dem Papier, das auch selbstkritisch die gegenwärtige Situation der Linkspartei beschreibt.

Die Partei sei „in Gefahr“, heißt es in dem Beschluss. Relevante Gruppen in der Gesellschaft fühlten sich von ihr nicht mehr angesprochen. Zu oft biete die Linke „ein Bild der Zerstrittenheit und gegensätzlicher Antworten“, schlechte Wahlergebnisse und Verluste von Mitgliedern seien „deutliche Alarmzeichen“. Die innerparteilichen Konflikte mündeten „aktuell in einem zerstörerischen Gegeneinander“.

Auch Bartsch geht auf Distanz zu Wagenknecht

Die versammelten Parteispitzen fassen in dem Beschluss noch einmal zusammen, wofür die Partei steht – und machen damit auch klar, dass Wagenknechts Positionen in wichtigen Punkten damit nicht vereinbar sind. Das gilt zum Beispiel für die Energiepolitik, wo die Linke ein „Vorantreiben der Energiewende“ und Milliarden für den Ausbau von erneuerbaren Energien fordert. Wagenknecht dagegen hatte stets betont, auch weiterhin an russischen Öl- und Gasimporten festhalten zu wollen. Das gilt aber vor allen beim für die Linke zentralen Thema der Friedenspolitik. „Wir bekennen uns zum Selbstverteidigungsrecht der Ukraine und fordern die volle Wiederherstellung der ukrainischen Souveränität“, heißt es in dem Beschluss. Wagenknecht betont dagegen immer wieder die Mitverantwortung der NATO und hatte im Parlament der Bundesregierung vorgeworfen, einen Wirtschaftskrieg gegen Russland „vom Zaun gebrochen“ zu haben.

Es waren aber nicht nur diese Standpunkte, die für Spannung in der Partei gesorgt haben. Zuletzt hatte Wagenknecht mit ihrer Einschätzung für Empörung gesorgt, sie halte die Grünen „für die gefährlichste Partei im Bundestag“. Das hatte ihr einen in der Partei viel beachteten Konter von Fraktionschef Dietmar Bartsch eingetragen, der auf Twitter feststellte:„Die gefährlichste im Bundestag vertretene Partei ist und bleibt die AfD.“ Bartsch hatte sich lange mit Wagenknecht und ihrem Lager in Fraktion arrangiert. Inzwischen scheint auch hier die Distanz erheblich gewachsen zu sein.

Kernthemen Gerechtigkeit, Ökologie, Frieden

Die hat sich nun darauf verständigt, mit welchem Schwerpunkt sie in das Jahr 2023 gehen will, in dem es Landtagswahlen in Berlin, Bremen, Hessen und Bayern geben wird. Die Linke soll als Partei positioniert werden, „die soziale Gerechtigkeit, ökologische Vernunft und eine konsequente Friedenspolitik zusammen bringt“, sagte der Bundesvorsitzende Martin Schirdewan.

Spannend wird sein, wie Wagenknecht reagiert. In der Partei wird derzeit nicht mehr mit einer schnellen Abspaltung gerechnet. Vielmehr kursiert die Vermutung, dass Wagenknecht abwartet, ob sich im Frühling eine Welle der Unzufriedenheit in der Bevölkerung aufbauen könnte, zu deren Sprachrohr sie sich machen könnte. Das wäre dann eventuell der geeignete Zeitpunkt für eine eigene Parteigründung. Jedenfalls sendet das Leipziger Treffen eine Botschaft an Wagenknecht, die das Stuttgarter Mitglied im Bundesvorstand der Linken, Luigi Pantisano, so zusammenfasst: „Es ist das klare Signal an Wagenknecht, wie die Partei zu allen Spaltungsfantasien steht. Es ist ein Zeichen der Stärke. Wir haben die Positionen der Partei klar gemacht. Daran hat sich auch Wagenknecht zu halten.“