Die RAF-Terroristen, der Tesla-Anschlag, Lina E.: Plötzlich wird wieder viel über Linksextremismus gesprochen. Doch dabei sollte man sich die Zahlen genau anschauen, findet unsere Berlin-Korrespondentin Rebekka Wiese.
Eine linksextremistische Gruppe bekennt sich zu einem Brandanschlag auf die Fabrik des Autoherstellers Tesla, die Polizei jagt RAF-Terroristen und in Leipzig kann man an vielen Hauswänden von Solidarität mit der als Gewalttäterin verurteilten Studentin Lina E. lesen. Nun sind vermehrt Warnungen vor der Szene zu hören – und sogar Vorwürfe, die Gefahr sei übersehen worden.
Doch das wird der Lage nicht gerecht. Die Situation ist komplexer, als es aktuell oft klingt. Wer Linksextremismus bekämpfen will, muss das vor Augen haben.
37 Prozent weniger Straftaten
Der Verfassungsschutzbericht aus dem Jahr 2022 zeichnet ein differenziertes Bild davon, wie sich die Szene entwickelt hat. Obwohl das linksextremistische Personenpotenzial im Jahr 2022 anstieg, ging die Zahl der Straftaten aus dem Bereich zurück: um 37 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Setzt man die Delikte ins Verhältnis zu denen aus dem rechtsextremistischen Milieu, sind sie ohnehin deutlich geringer: Knapp 7000 linksextremistisch gegenüber knapp 23 400 rechtsextremistisch motivierten Straftaten zählten die Behörden im Jahr 2022.
Hinzu kommt: Wie sich die Szene entwickelt, ist lokal sehr unterschiedlich. Für Berlin meldeten Behörden eine „Stagnation“, in Sachsen hingegen ein Wachstum, in Baden-Württemberg zeigen Zahlen einen leichten Rückgang.
Kleiner Aufwand, enormer Effekt
Schaut man sich aber an, wie weit die Auswirkungen solcher Straftaten sind, wird klar, wie gefährlich das Vorgehen von Linksextremisten trotzdem sein kann. Der Brandschlag gegen Tesla konzentrierte sich nur auf einen einzigen Strommast – doch der Effekt war enorm. Eine Woche wird die Produktion wohl stillstehen. Die Täter wussten genau, was sie tun.
Wenn die Behörden gegen Linksextremismus vorgehen, müssen sie das sehr konzentriert tun. Es geht um weniger Taten, die dafür umso größere Auswirkungen haben könnten. Dieser Strategie muss die Polizei sich anpassen – und zwar nicht panisch, sondern sehr gezielt.