Ella und Adolf Grünenwald haben die Gaststätte vor 35 Jahren übernommen. Am 29. April ist Schluss. Foto: Caroline Holowiecki

Sie sind traurig, aber es geht nicht anders. Altershalber verabschieden sich Ella und Adolf Grünenwald; das Gasthaus „Zur Linde“ in Stuttgart-Heumaden schließt Ende April. Für viele Stammgäste gibt es deshalb zurzeit nur eine Lösung.

Heumaden - Die Grünenwalds haben ihr Leben lang geschafft. Adolf Grünenwald, 65 Jahre alt, ein großer Mann mit kräftigen Händen. Ein gelernter Metzgermeister. Ella Grünenwald, ebenfalls 65 Jahre alt, Hauswirtschafterin und Allrounderin, wie sie sich selbst nennt. Dabei lacht sie fröhlich. Vor 35 Jahren hat das Ehepaar die Gaststätte „Zur Linde“ in Alt-Heumaden von Adolf Grünenwalds Eltern übernommen, eine traditionelle schwäbische Gastwirtschaft, zu der bis zum Jahr 2008 auch die Metzgerei nebenan gehört hat. Doch Ende April ist Schluss. Am 29. April werden die hausgemachten Maultaschen, für die Leute aus ganz Stuttgart anreisen, das letzte Mal serviert.

Mit der Linde verliert Heumaden einen Dreh- und Angelpunkt, das Dorf-Wirtshaus mit dem prägnanten bunten Weinstuben-Fenster. „Das Alter“, sagt Ella Grünenwald. Sie sagt es nicht entschuldigend. Sie und ihr Mann sind mit sich im Reinen und mit dem Entschluss, der schon vor zwei Jahren gefallen ist. „Wir möchten noch ein paar schöne Jahre für uns. Es ist genug.“ Der Job sei anstrengend, fünfeinhalb Tage die Woche hinterm Tresen und in der Küche. An manchen Tagen seien die Wirtsleute gar nicht rausgekommen. Urlaub: selten. „Wir waren nie Ski fahren“, sagt Adolf Grünenwald, ein Ur-Heumadener.

Leichter wird es in der Gastro-Branche auch nicht

Was beide bekennen: Leichter wird es in der Branche auch nicht. Die Ausgehkultur habe sich gewandelt, erläutert Ella Grünenwald, die Geselligkeit im Wirtshaus habe nicht mehr den Stellenwert wie früher. Die großen Stammtischgruppen seien weniger geworden. Das Personal ist gemeinsam mit den Chefs älter geworden. Investitionen ins Haus wären auch nötig gewesen.

Einen Nachfolger haben die Grünenwalds nicht gesucht. Zum einen wohnen sie im Obergeschoss; Strom-, Wasser- und Gaskreisläufe sind im gesamten Haus verbunden. Mit einem neuen Pächter wäre wohl ein Auszug nötig, das will das Paar aber nicht. Zudem: Fremde Leute in der Gaststube, die die Eltern 1950 gekauft haben – für Adolf Grünenwald wäre das komisch. Die Kinder haben sich für andere Jobs entschieden. So wird die Linde von Mai an leer stehen. Was mit dem Haus passieren soll, das haben die Grünenwalds noch nicht entschieden. „Kommt Zeit, kommt Rat“, sagt Adolf Grünenwald. „Wir müssen erst mal runterkommen“, fügt seine Gattin hinzu.

Der Mittagstisch ist in Stuttgart-Heumaden höchst beliebt

Die sieben Angestellten wissen schon seit Herbst, dass sie sich neue Arbeitsstellen suchen müssen. Auch die Stammkundschaft haben die Gastronomen bereits informiert. Viele bedauern den Entschluss, hat Adolf Grünenwald festgestellt. „Ihr könnt doch nicht aufhören, es kann doch nicht sein, dass es euch nicht mehr gibt“, haben er und seine Frau in den vergangenen Wochen häufig gehört. In der Linde ist in den letzten Tagen viel los. Gäste, die sonst einmal im Monat kamen, zeigen sich nun einmal die Woche. Um „ihre Witwer“ tut es Ella Grünenwald besonders leid. Viele ältere Leute aus dem Stadtteil kommen regelmäßig und nutzen mehrmals die Woche den Mittagstisch, den Ella Grünenwald in der ehemaligen Metzgerei ausgibt. Bis zu 70 Essen gehen dort pro Tag weg. „Das wird fehlen“, weiß sie.

Je näher der Abschied kommt, desto enger wird’s der Heumadener Wirtin ums Herz. „Ich habe meinen Beruf immer gern gemacht“, betont Ella Grünenwald. Doch die Freude auf das Leben danach überwiegt trotzdem. Sie haben dann mehr Zeit für die drei Enkel, den Hund Dina und den Garten, sagt ihr Ehemann Adolf, möglicherweise auch fürs Reisen. Ella Grünenwald lächelt. Und vielleicht wollen sie auch mal auswärts essen gehen.