Vor genau 20 Jahren ist der Limeshof, eine Einrichtung der Nikolauspflege für Menschen mit Handicap, eröffnet worden. Ein Bewohner der ersten Stunde erzählt, wie er die Entwicklung erlebt hat.
Welzheim - Rüdiger Bäuml ist ein Mann der ersten Stunde. Als auf der Baustelle des Limeshofs am Ortsrand von Welzheim das Richtfest gefeiert wurde, hat der leidenschaftliche Hobbyfotograf das in Bildern festgehalten. Und als am 16. Juni 1997 das Hauptgebäude der neuen „Filialeinrichtung“ der Nikolauspflege für blinde, sehbehinderte und mehrfachbehinderte Erwachsene fertiggestellt wurde, ist der heute 49-Jährige mit einem knappen halben Dutzend Mitstreitern eingezogen.
Umzug vor 20 Jahren
„Ich war so etwas wie die rechte Hand von Herrn Hohler“, sagt Rüdiger Bäuml stolz. Immer wenn etwas anfiel, habe er ihm geholfen, meint er. Karsten Hohler hat das Projekt der Nikolauspflege, in Welzheim auf einem ortsnahen Areal verschiedene Wohn- und Betreuungsformen sowie eine Arbeitsstätte für Menschen mit unterschiedlichen Handicaps zu schaffen, einst geplant und umgesetzt. Das war vor fast genau 20 Jahren.
Hohler war es auch, der Rüdiger Bäuml empfahl, vom Kräherwald nach Welzheim zu ziehen, wo er nicht nur eine neue Heimat, sondern auch Beschäftigung in der dort eigens eingerichteten Werkstatt finden sollte. Etwa zehn Jahre zuvor war dem damals 21-Jährigen, den unter anderem auch eine Sehschwäche beeinträchtigt, empfohlen worden, von der Obhut der Diakonie Stetten zur Nikolauspflege zu wechseln. „Ich hab mich dort beworben, und die haben mich genommen“, sagt Bäuml rückblickend.
Den Umzug nach Welzheim habe er nie bereut, sagt Rüdiger Bäuml. Klar sei man vom Kräherwald aus viel schneller in Stuttgart, aber in Welzheim habe er sich gleich zu Hause gefühlt. Und die Anfangsphase, als der Limeshof erst einmal besiedelt werden musste? „Ich war da mal in Griechenland im Urlaub und dann ging alles ratzfatz“, sagt er. Zurzeit sind es 72 Bewohner, die der Limeshof beherbergt, der sich keinesfalls als eine abgeschottete Einrichtung versteht, sondern eher als kleiner Stadtteil. Natürlich sei man oft im Ort unterwegs, sagt Rüdiger Bäuml: „Wir haben hier alles, sogar der Aldi ist gleich um die Ecke und Eiscafés gibt es auch.“
Unkompliziertes Miteinander
„Die Leute hier sind unkompliziert und hilfsbereit“, sagt Petra Mack, die heute den Geschäftsbereich „Erwachsene“ verantwortet und zuvor auch den Limeshof mehrere Jahre lang organisiert hat. Als eine Bewohnerin einmal einen neuen Fernseher mit öffentlichen Verkehrsmitteln nach Hause transportieren wollte, habe der Busfahrer kurzerhand die Route geändert und sei bis vor ihre Haustüre gefahren. Wenn im Supermarkt Dinge umgestellt würden und ein blinder Einkäufer seinen Quark nicht mehr finde, sei es für die Kassiererin ganz selbstverständlich, bei der Orientierung zu helfen. Die Werkstatt des Limeshofs sei eingebunden in die örtlichen Gremien wie den Handels- und Gewerbeverein. Und wenn einmal ein Fest anfalle, könne man mit Kuchenspenden von örtlichen Cafés oder auf Hilfe oder Utensilien aus dem Rathaus rechnen.
An diesem Sonntag ist es gleich eine ganze Bühne gewesen, die das Rathaus bereitgestellt hat, denn zum 20-jährigen Bestehen hat der Limeshof seine Tore nicht nur zu Jubiläumsmaultaschen und Kartoffelsalat geöffnet – wenngleich es nach Ansicht von Rüdiger Bäuml eigentlich hätte Pizza geben sollen, wie am Einzugstag und in den Folgejahren immer am 16. Juni. Umjubelte Auftritte hatten beim Fest unter anderem die Sixteens und und die Blackpoints, beides Limeshof-Bands. Letztere hatte sogar eigens einen Song auf die Einrichtung komponiert.
Für Rüdiger Bäuml gab es am Sonntag ein Wiedersehen mit Karsten Hohler – der sich bei der Nikolauspflege mittlerweile anderen Herausforderungen gestellt hat. Für Rüdiger Bäuml, der dieses Jahr seinen 50. Geburtstag feiert, kommt das, wie er betont, nicht mehr in Frage. Von Welzheim wegziehen, vielleicht zurück nach Stuttgart? „Nein, ich bleibe hier oben im Welzheimer Wald, denn hier habe ich wahre Freunde gefunden.“
Hilfe für Benachteiligte
Nikolauspflege
Die 1856 gegründete Stiftung hat sich vornehmlich zur Aufgabe gesetzt, blinden und sehbehinderten Menschen Hilfeleistungen anzubieten und deren schulische und berufliche Bildung sowie die gesellschaftliche und berufliche Teilhabe zu fördern.
Limeshof
72 blinde, sehbehinderte und mehrfachbehinderte Erwachsene leben heute im Limeshof in Welzheim in unterschiedlichen Wohn- und Betreuungsformen. Fast ebenso viele haben in der angegliederten Behindertenwerkstatt eine Beschäftigung gefunden. Diese besteht aus einer Hauptwerkstatt in Welzheim und Außenarbeitsplätzen in Esslingen und Stuttgart. Kunden sind hauptsächlich Industriebetriebe aus der Region.