Mit strategischer Liegenschaftsberatung gegen Investitionsstaus im öffentlichen Immobilienbestand.
Viele Stuttgarter Schulen sind in einem desolaten baulichen Zustand. Zu lange wurde gewartet, um die teilweise aus den 50er und 70er Jahren stammenden Schulbauten zu sanieren, sagen die einen. Die Stadtverwaltung verweist gerne auf die klamme Haushaltslage. Rund 400 Schulgebäude gibt es in der Landeshauptstadt. Welche von einem ersten Investitionspaket von 100 Millionen Euro bis zum Jahr 2013 profitieren werden, soll jetzt eine strukturierte Bestandsdatenerhebung ergeben.
Strategische Liegenschaftsberatung heißt das Zauberwort, mit dem Kommunen landauf, landab versuchen, in Zeiten knapper Kassen des gewaltigen Investitionsstaus im öffentlichen Immobilienbestand Herr zu werden. Dabei kämpfen vielerorts die Kommunen nicht nur mit undichten Dächern, maroden Sanitäranlagen oder fehlenden Brandschutzeinrichtungen in ihren Liegenschaften, sondern auch gegen den Druck der öffentlichen Meinung. Ob Schule, Bezirksrathaus, Hallenbad oder Vereinsheim: Für jedes öffentliche Bauwerk gibt es unter Umständen eine Interessensgruppe.
"Über die Schließung einer Schule oder eines Hallenbades spricht man in der Öffentlichkeit anders, als wenn irgendwo ein Bürogebäude abgerissen wird", erklärt Diplomingenieur Matthias Stolz von Drees & Sommer die Problematik. Drees & Sommer soll in den nächsten Monaten über 160 Stuttgarter Schulen unter die Lupe nehmen. "Strategische Liegenschaftsberatung ist eigentlich nichts Neues", erklärt Mirco Beutelspacher von Drees & Sommer. Sie gewinne aber mit der Verschärfung der finanziellen Lage der öffentlichen Haushalte immer mehr an Bedeutung. "Es geht vor allem darum, wie die Prioritäten unter den Randbedingungen der begrenzten Mittel zu setzen sind." Die beiden Ingenieure lassen sich bei ihrer Arbeit nicht von Emotionen oder politischen Einflüssen leiten. Was zählt, sind Fakten.
"Wir versuchen die emotionalen Elemente in der Diskussion wieder auf eine rein sachliche Ebene zurückzubringen. Und entscheiden muss sowieso der Auftraggeber", erklärt Stolz seine Arbeit. Strategische Liegenschaftsberatung ist eine sehr trockene, technische Materie. Matthias Stolz greift zu einem Beispiel: In einer Stadt gibt es ein Hallenbad, eine Schule und ein Vereinsheim. Das Hallenbad braucht ein neues Dach, die Schule moderne Toiletten und das Vereinsheim eine Heizung. Das Geld reicht aber nur für eine halbe Dachsanierung und ein paar neue Kacheln in der Schultoilette. "Die strategische Liegenschaftsberatung beginnt damit, die Stärken, Schwächen, Chancen und Risiken für jede der drei Immobilien in geeigneten Kenngrößen zu beschreiben", so Beutelspacher über den ersten Teil seiner Arbeit.