Ibuprofen ist mit Abstand das wichtigste Schmerzmittel in Deutschland. Foto: dpa

Der Bedarf nach dem Schmerzmittel Ibuprofen steigt rasant an. Doch derzeit kommt es zu Lieferengpässen. Der Grund: Ein BASF-Werk in den USA kann wegen technischer Probleme nicht mehr produzieren. Es ist eine von sechs Fabriken, die Ibuprofen weltweit herstellt.

Bishop/Berlin - Ibuprofen ist der am meisten verordnete Arzneistoff in Deutschland. Doch jetzt droht bei dem weit verbreiteten Schmerzmittel ein Engpass, berichtet der Branchendienst Apotheke adhoc. Von dem nicht-steroidalen Antirheumatikum, das zur Behandlung von Schmerzen, Entzündungen und Fieber eingesetzt wird, wurden im vergangenen Jahr mehr als 27 Millionen Packungen auf Rezept verordnet und insgesamt rund 51 Millionen verkauft.

Dosierungen ab 400 Milligramm sind rezeptpflichtig. Der Wirkstoff gilt als Klassiker gegen leichte und mittelschwere Schmerzen aller Art. Insgesamt hat sich der Absatz in den vergangenen Jahren fast verdoppelt.

Engpässe bei Arzneien

Produktions- und Lieferengpässe bei Arzneien gibt es immer wieder. Meistens sind es aber Spezialpräparate, an denen es kurzfristig mangelt. Dass nun auch eine Massenware wie Ibuprofen knapp wird, ist neu. Der Grund: Im BASF-Werk in Bishop (U-Bundesstaat Texas) steht die Produktion des Wirkstoffs derzeit komplett still, wie der deutsche Pharmakonzern mitteilte.

Der Ausfall wird demnach möglicherweise drei Monate dauern. Dadurch drohe jetzt ein „Mega-Engpass“, schreibt der Branchen-Dienst. Nur sechs Fabriken stellen Ibuprofen für den Weltmarkt her.

Knallharter Wettbewerb bei Generika

Die texanische Produktionsstätte hat eine Kapazität von rund 5000 Tonnen pro Jahr und ist damit einer der führenden Produzenten von Ibuprofen-Präparaten. Wie sich der Produktionsstopp auf Deutschland auswirkt, sei bisher nicht bekannt, heißt es weiter. Weitere Fabriken gibt es in China, Indien und den USA. Weil der Bedarf nach Ibuprofen weltweit gestiegen ist, will BASF in Ludwigshafen eine neue Produktionsstätte bauen, die 2021 in Betrieb gehen soll.

Den Grund, warum ein so beliebtes Medikament wie Ibuprofen an nur wenigen Standorten produziert wird, erklärt ein Kenner der Pharmabranche. Insbesondere Generika – also preiswerte Nachahmerpräparate von Marken-Produkten – würden einem knallharten Preiswettbewerb unterliegen,. Das führe zu einer globalen Konzentration auf wenige Hersteller. Europäische Standorte, die in der Regel ein höheres Qualitätsniveau hätten, könnten sich auf dem Weltmarkt oft nicht gegen Billiglohnländer wie Indien oder China durchsetzen.

„Alle Hersteller auf der Welt haben Produktionsengpässe“

Nach Angaben des Landesapothekerverbandes (LAV) Baden-Württemberg hat es insbesondere bei Ibuprofen in der Vergangenheit immer wieder Liefer-und Versorgungsengpässe gegeben. „Wenn der Wirkstoff nicht in ausreichender Menge oder nur mit Qualitätsmängeln verfügbar ist, haben alle Hersteller auf der Welt Produktionsengpässe“, erklärt LAV-Sprecher Frank Eickmann.

Lieferengpässe seien ein generelles Problem der Apotheken – bei Schmerzmitteln genauso wie bei Cholesterin- oder Blutdrucksenkern. „In Deutschland, der ehemaligen Apotheke der Welt, findet die Arzneimittelherstellung kaum noch statt“, so Eickmann. „Wir sind in Europa in den meisten Arzneimittel-Wirkstoffbereichen nicht mehr autark. Ein Beispiel: Auf dem ganzen Kontinent gibt es kein einziges Werk mehr, das Antibiotika herstellt.“

„Wir haben bei Ibuprofen keinen Notstand“

Auch bei Impfstoffen gegen Poliomyelitis (Kinderlähmung) hat es bereits Engpässe gegeben. Vor einigen Jahren war dem LAV-Sprecher zufolge kein Impfstoff lieferbar. Was führte dazu, dass Kleinkinder eine Mehrfachimpfung ohne Polio erhielten und später nachgeimpft werden mussten.

In aller Regel gibt es Alternativen. Bei Ibuprofen, dass bei leichten und mittleren Schmerzen verordnet wird, sind dies Paracetamol und Acetylsalicylsäure (ASS/Aspirin). „Wir haben keinen Notstand“, beruhigt Eickmann besorgte Verbraucher. Aber für die Apotheken werde es nicht so einfach sein, den Wirkstoff nachzubestellen. „Im Einzelfall kann es sein, dass Patienten nicht unmittelbar und ausreichend mit Ibuprofen versorgt werden können.“