Die schlimmsten Engpässe sind laut Christopher Baur überwunden. Foto: Roberto Bulgrin

Die Sektkellerei Kessler war in den vergangenen Wochen in aller Munde: Nach den Feiertagen musste das Unternehmen die Shops in Esslingen und Stuttgart wegen Lieferengpässen schließen. Nun darf der Sekt wieder perlen.

Flotte Sprüche gab es zur Wiedereröffnung viele: „Wir saßen zu lange auf dem Trockenen.“ – „Wir sind schon zu Abstinenzlern geworden.“ – „Wir wissen gar nicht mehr, wie Sekt schmeckt.“ Die Kunden witzeln – und ein paar Gags müssen Christopher Baur als geschäftsführender Gesellschafter und sein Team eben aushalten. Zwei Wochen waren die Shops von Kessler Sekt in Esslingen und Stuttgart geschlossen – nun konnten sie wieder geöffnet werden.

„Die Keller sind leer getrunken“ – diese Schlagzeile fand Christopher Baur übertrieben. Eine derartige Krisen-PR wollte er nicht. Aber Engpässe gab es bei der prickelnden Traditionsmarke eben schon. Baur führt sie auf Planungsunsicherheiten während der Pandemie und hohe Krankenstände bei seinen Mitarbeitern durch Corona, Grippe und andere Erkrankungen zurück, besonders im Jahresendgeschäft. Die steigende Nachfrage in den letzten beiden Jahren hat auch den Betriebswirt überrascht: „Der Absatz lag über unseren Erwartungen – wir hatten 2022 ein Wachstum von etwa 25 Prozent.“ Nach dem Ende der Corona-Beschränkungen und der Wiederöffnung der Gastronomie habe bei vielen Menschen ein großer Nachholbedarf bestanden: „Am Genuss wird nicht gespart“, stellt der Kessler-Chef fest.

Gleichzeitig seien die Produktionsbedingungen schwieriger geworden: Unterbrochene Lieferketten, die Energiekrise und die weltweit unsichere politische Lage führten zu langen Wartezeiten auf Ersatzteile oder Flaschen. Zudem sei es schwer, die Fertigungszahlen hochzufahren. Die Herstellungszeiten für Sekt sind seinen Worten zu Folge sehr lang: „Ein Produktionszyklus vom Weineinkauf bis zur Fertigstellung dauert bei den Hauptprodukten in der Regel ein oder zwei Jahre. Er kann aber bei bestimmten Angeboten auch bis zu 60 Monate betragen.“ Zwei Millionen Flaschen würden pro Jahr in seinem Haus vermarktet.

Vor Silvester wurde es bei den wichtigsten Sorten des Unternehmens eng, die Shops machten dann am 2. Januar vorläufig dicht: „Doch der Handel war gut bestückt und somit die meisten Produkte für den Konsumenten verfügbar.“ Die Zeit der Shopschließungen sei genutzt worden, um zu produzieren. In den Lagern sei Rohsekt verfügbar, der aufbereitet werden konnte. Die Hauptlinien seien nun wieder erhältlich, das breitere Sortiment mit Sonderformaten werde schrittweise bis März wieder komplettiert. Aus den Erfahrungen zu Jahresbeginn hat sein Haus Lehren gezogen: „Wir werden die Produktion anpassen und in den nächsten Jahren in die Infrastruktur investieren.“ Vor allem ein Ausbau der Lagerkapazitäten sei geplant.