Tabea Sanzio mit Biokiste: 4000 davon gehen pro Woche raus. Foto: factum/Weise

Der Biokisten-Lieferdienst Laiseacker hat durch die Corona-Krise viel Arbeit, und die Betriebsleiterin Tabea Sanzio hat viel erlebt. Wir haben mit ihr gesprochen über den Ansturm und ihre Ansichten zum Hamstern.

Stuttgart - Eine vor die Haustüre gelieferte Biokiste erspart den Gang zum Supermarkt: Tabea Sanzio, Betriebsleiterin von Laiseacker in Eberdingen-Nußdorf (Kreis Ludwigsburg), berichtet, wie ihr Betrieb mit der Nachfrage fertig wird.

Frau Sanzio, wussten Sie, dass Sie das ideale Geschäftsmodell für diese Krise haben?

Seit Ende der Faschingsferien hatte es mir gedämmert, gleichzeitig bekam ich zwei Sorgen: Was passiert, wenn ein Mitarbeiter krank wird? Und was passiert, wenn alle in Stuttgart in Quarantäne gehen müssen und unser Lieferservice an großer Bedeutung gewinnt? Stand heute ist noch niemand bei uns krank geworden, unsere Schutzmaßnahmen haben gegriffen.

Was ist stattdessen passiert?

Vor drei Wochen ist es über uns hereingebrochen. Über Nacht sind 200 Neukunden dazugekommen. Wir haben die Nacht durchgearbeitet, um die Anfragen abzulehnen, weil wir sonst unser Tagesgeschäft nicht geschafft hätten. Das ist eine völlig absurde Situation. Seit Jahren besuche ich Messen und Veranstaltungen, um unseren Betrieb zu präsentieren und für das regionale Einkaufen von ökologisch erzeugten Lebensmitteln zu werben, und jetzt gibt es eine Warteliste für Interessenten. Unsere Stammkunden haben jetzt einen ganz anderen Bedarf. Wir sind voll damit ausgelastet, den zu decken und zu bedienen.

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Hamstern die Leute?

Das sehe ich nicht so. Alle Mahlzeiten werden nun zu Hause eingenommen. Deshalb ist es logisch, dass der Bedarf steigt. Und es ist ja auch schön, dass die Familien nun zusammen kochen und essen und mal wieder einen Hefezopf backen, weil die Zeit dafür da ist. So erkläre ich mir, dass die Nachfrage nach Hefe um 600 Prozent gestiegen ist. Allerdings mussten wir die Bestellungen teilweise schon auf haushaltsübliche Mengen reduzieren.

Gibt es genug Lebensmittel?

Wir haben keine Lebensmittelknappheit. Was sich geändert hat: Es ist nicht immer alles zu 100 Prozent verfügbar, sondern nur zu 80 Prozent. Wenn von 46 Nudelsorten zehn Sorten mal nicht verfügbar sind, dann sollte das kein Grund zur Sorge sein. Ich will mir nicht ausmalen, wie es wäre, wenn wir wirklich ein Problem hätten, wenn ich entscheiden müsste, wer jetzt den Sack Kartoffeln bekommt.

Wie haben die Kunden reagiert?

Meistens mit Verständnis. Manche Risikopatienten waren enttäuscht, dass wir sie nicht beliefern können. Das waren schwere Entscheidungen. Und wir haben mindestens 100 Hilfsangebote erhalten. Das hat mich erst berührt, dann ernst gestimmt. Kunden aus der Werbebranche haben sich beispielsweise gemeldet, weil sie auf einmal arbeitslos sind, teilweise samt Flotte und Belegschaft. Dadurch wird klar, wie schlecht die Auftragslage ist und was diese Krise mit unserer Wirtschaft machen wird.

Was haben Sie daraus gelernt?

Dass wir eine Wahnsinnsmannschaft haben, die an einem Strang zieht. Unser Team arbeitet am Anschlag. In kürzester Zeit sind wir gewachsen, haben elf neue Leute eingestellt und eingearbeitet und bringen unseren Kunden den Biowocheneinkauf. Dafür bekommen wir wunderschöne Briefe und Bilder, Dankesgeschenke. Das ist sehr schön. Wir waren auf einmal systemrelevant.