Beim Drum Circle sitzen die Trommler in einem Kreis. Foto:  

Das Liedermacherfestival Bunter Beton belebte am Wochenende das Parkhaus Züblin.

S-Mitte - Eine Schar Kinder hüpft begeistert vor der kleinen Bühne auf dem Dach des Züblin-Parkhauses umher. Aufgestachelt von Liedermacher Toni Komisch verwandeln sie sich in kleine Igel oder Waschbären, feiern mit Piraten und Einhörnern Geburtstag und werden zu ABC-Schützen. Die Sonne lacht, Eltern und andere erwachsene Zaungäste haben es sich in Liegestühlen und auf Paletten am Rande des üppig grünenden Gemeinschaftsgartens bequem gemacht, der sich seit 2013 hoch über dem Leonhardsviertel findet.

Auf junge Besucher zugeschnitten

Der Samstagnachmittag des Bunter-Beton-Festivals ist weitgehend auf junge Besucher zugeschnitten. Freudige Schreckensschreie dringen aus dem Zelt des Kleinen Gruselgewusels, wo bei Schwarzlicht liebevoll für Gänsehaut gesorgt wird. „Das ist gar nicht schlimm“, macht ein Vater seiner Tochter Mut. „Es ist so ähnlich, wie wenn du deiner Schwester erzählst, da sei ein Monster, damit sie erschrickt.“ Schräg gegenüber seilt das Team der Kletterhalle Cityrock wagemutige Kinder an der Parkhausfassade ab, während mehrere dutzend Menschen beim Drum Circle von Rhythm Works ausdauernd auf die Pauke hauen, rasseln und trommeln. Initiator Martin Glück strukturiert das gemeinschaftliche Percussion-Erlebnis mit kleinen Gesten.

„Wir fanden es reizvoll, diesen unfreundlichen urbanen Ort zu beleben“, kommentiert Stefan Kraft vom Feierabendkollektiv die Entscheidung für den Austragungsort des Liedermacherfestivals und seines Rahmenprogramms. Die Vereinigung von Sängern und Liedermachern hat das musikalische Fest gemeinsam mit der Rosenau auf den Weg gebracht. „Liedermacher sind immer Geschichtenerzähler“, stellt Kraft fest. „Viele Songs reflektieren das städtische Umfeld der Künstler. Auch aus diesem Grund schien uns das Parkhaus passend.“

Ein Konzert in der Leonhardskirche

Wobei die dreitägige Veranstaltung auch andere Orte bespielt. Begeistert zeigt Silke Siegle, eine der vielen ehrenamtlich Aktiven, die im Hintergrund zum Gelingen der Bunter-Beton-Premiere beitragen, ein Foto vom freitäglichen Konzert in der Leonhardskirche. Die Musik sei nicht unbedingt ihr Ding gewesen, die Atmosphäre hingegen fantastisch. Schon allein der Beleuchtung wegen.

Der Mann mit den langen Dreadlocks, der am Samstagabend auf der Festivalbühne steht und über Tupperpartys, defibrillierte Delfine und den Niedergang der Ballermann-Kultur singt, braucht keine farbigen Scheinwerfer, um sein Publikum in den Bann zu ziehen. Toni Komisch hat sich in El Mago Masin verwandelt und beweist, dass er auch Erwachsene ausgezeichnet unterhalten kann. Für eine Nummer, die im Zug spielt, bittet El Mago ein Pärchen auf die Bühne. Vor einem anderen Lied nippt er am Bier eines Konzertbesuchers. Als es zu regnen beginnt, haben die Veranstalter im Nu einen Pavillon aufgebaut. Als der Berliner Dada-Prediger Pastor Leumund sein Programm aufgrund der Beschallungs-Auflagen kürzen muss, wird spontan unten in der Ebene Null eine Anlage aufgebaut. Um 22.30 Uhr kann der schräge Diskurs-Elektroniker seine Show im kleinen Kreis beenden.

En passant beweist das Programm, wie vielfältig die Szene deutschsprachiger Liederschmiede ist. Während das Quartett Café 612 aus Ludwigsburg Anklänge an die Hamburger Schule oder Element Of Crime aufweist, wandelt Jason Bartsch aus Bochum grandios am Rande des Wahnsinns zwischen Hip-Hop-Persiflage und Melancholie. „Es war uns wichtig, Künstler aus ganz Deutschland einzuladen und sie in einem passenden Rahmen präsentieren zu können“, so Stefan Kraft. Wenn die Bilanz stimmt, soll diesem ersten Bunter-Beton-Festival eine Neuauflage im kommenden Jahr folgen.