Das markante Gebäude war die Heimat des Liederkranzes. Foto: Simon Granville

Das Fachwerkhaus kennt zumindest jeder Autofahrer, der bei Stau am Leonberger Dreieck alternativ Heimerdingen passiert. Die Zukunft des Gebäudes ist ungewiss.

Auf der blaufarbenen Vereinsfahne prangt in gelb-goldener Schrift das Motiv, das den Liederkranz Heimerdingen über Jahrzehnte leitete: „Sind wir von der Arbeit müde – bleibt doch Kraft zu einem Liede!“ Dieses Motto prägte den Chor, der 2019 anlässlich seines 125-jährigen Bestehens ein großes Konzert gab. Drei Jahre später, 2022, beschlossen die verbliebenen Mitglieder die Auflösung des Chors. Nochmals drei Jahre später hat sich der Gemeinderat mit der Zukunft des ortsbildprägenden Gebäudes befasst. Derzeit läuft das sogenannte Konzeptvergabeverfahren.

 

Kreative Konzepte statt Höchstpreis: So entscheidet die Kommune

Ein solches Verfahren wählt oft eine Kommune, die ein Grundstück verkauft, dabei aber Einfluss nimmt auf Art und Maß der Nutzung und Gestaltung – ohne dabei selbst die Rolle des Bauherrn oder Investors einzunehmen. Dabei werden kommunale Grundstücke nicht ausschließlich zum Höchstpreis, sondern im Rahmen eines Wettbewerbs nach der Qualität des geforderten Konzeptes vergeben. Das Konzept kann dabei laut der Architektenkammer einen Nutzungsvorschlag als auch die bauliche Gestaltung oder beides beinhalten. Bewertet werden etwa die Erfüllungsgrade der vorgegeben ökologischen, sozialen sowie städtebauliche und architektonische Kriterien oder auch quantitative oder qualitative Programmvorgaben.

Der Liederkranz Heimerdingen hatte eine Entwicklung durchgemacht, wie sie manch’ Verein hierzulande widerfährt. Im Lauf der Zeit wurden die Mitglieder weniger, sie waren älter geworden, zogen sich daher zurück – doch der Nachwuchs blieb aus. Nicht zuletzt Corona machte den Musikvereinen zusätzlich zu schaffen. Nach der langen Zwangspause – Proben durften nicht stattfinden – hatten sich viele Mitglieder zwischenzeitlich umorientiert, sie fehlten nun in den Chören. Der Liederkranz Heimerdingen beschloss im Herbst 2022 einstimmig die Auflösung des Vereins. Verwalter des Nachlasses ist seitdem die Stadt Ditzingen. Ihr fiel das Vermögen zu, darunter eben das Sängerheim, mit der Maßgabe, dieses ausschließlich für gemeinnützige Zwecke zu verwenden – „bevorzugt zur Förderung des Chorgesangs im Stadtteil Heimerdingen“, teilte die Verwaltung den Stadträten mit.

„Idealerweise mit einer Gastronomie“

Derzeit läuft nun also das Konzeptvergabeverfahren. Die Ausschreibung ist auf der Internetseite der Stadt einsehbar, bis in rund vier Wochen können Bewerbungen abgegeben werden. „Auf den Erhalt der ortsbildprägenden Gebäudehülle wird besonderen Wert gelegt. Idealerweise wird eine gemischte Nutzung des Gebäudes mit einem Gastronomie-Anteil umgesetzt“, heißt es in einer Information an den Gemeinderat. Das dreigeschossige Gebäude – zuzüglich des zweigeschossigen Dachgeschosse – war im Erdgeschoss Vereinsheim und im Obergeschoss Gaststätte.

Die Stadt hatte vorab den Deutschen Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) eingebunden und um eine Einschätzung gebeten. Laut der Stadt sei die Dehoga zu dem Ergebnis gekommen, „dass am kompletten Objekt ein massiver jahrzehntelanger Renovierungs- und Instandhaltungsstau zu erkennen ist“: Ein Gebäude müsse für einen Pächter so aufbereitet sein, dass er sein Geschäft erfolgreich betreiben könne. Dies sei im derzeitigen Zustand nicht der Fall. Zudem sei das Gebäude nicht barrierefrei.

Das Gebäude soll nun verkauft werden auf Basis eines bindenden Realisierungskonzepts. Markante Eigenheiten des Gebäudes muss der neue Eigentümer erhalten. Dazu zählt der Dachreiter mit dem historischen Glockenwerk des ehemaligen Rathauses. Erhalten bleiben soll auch die ortsbildprägende Erscheinung des Gebäudes, die markanten Rundbögen, das Fachwerk sowie die weiße Putzfassade mit sandsteinfarbenen Umrahmungen und den blauen Holzfensterklappläden. Eine von der Stadt eingesetzte Jury wird letztlich in den Wettbewerb den Sieger ermitteln – und damit über die künftige Nutzung des Gebäudes entscheiden.