Der Berufsschullehrer Ralf Schäfer ist unzufrieden mit dem Sparkurs von Grün-Rot. Foto: dpa

Vor der Liederhalle in Stuttgart machen rund 2500 Beamte ihrem Unmut über den Sparkurs Luft.

Stuttgart - Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) hat den geballten Missmut der Beamten wegen seiner Sparpläne zu spüren bekommen. Mehr als 2000 Beamte machten bei einer Protestkundgebung des Beamtenbundes Tarifunion (BBW) in der Stuttgarter Liederhalle ihrem Ärger Luft. Sie empfingen den Ministerpräsidenten, der wie die Fraktionschefs im baden-württembergischen Landtag die Einladung zu der Veranstaltung angenommen hatte, mit minutenlangem Lärm.

Der BBW-Vorsitzende Volker Stich kritisierte in seinem Eröffnungsbeitrag die grün-rote Haushaltspolitik und forderte von der Landesregierung eine Rücknahme der Sparpläne. Auch die Opposition ging scharf mit Kretschmann und seiner Mannschaft ins Gericht.

Die Landesregierung will 2012 zur Konsolidierung des Haushaltes rund 130 Millionen Euro bei den rund 300.000 Beamten einsparen, unter anderem durch die Verschiebung der Gehaltserhöhung um mehrere Monate und Einschnitte bei der sogenannten Beihilfe. Über strukturelle Kürzungen bei der Beamtenversorgung soll eine Kommission beraten. Zur Einhaltung der Schuldenbremse muss das Land bis 2020 ein strukturelles Defizit von 2,5 Milliarden Euro abbauen.

Kretschmann wirbt um Verständnis

Kretschmann lehnte eine Rücknahme der Einsparungen bei den Beamten ab. „Ich kann nicht bei einem Haushaltsvolumen von rund 30 Milliarden Euro eine Lücke von 2,5 Milliarden Euro schließen, ohne dass es jemand merkt oder ohne dass es jemand schmerzt, das ist ein Ding der Unmöglichkeit.“

An Einsparungen bei den Beamten führe bei einem Anteil der Personalkosten von 40 Prozent am Haushalt kein Weg vorbei. Der Ministerpräsident lud die Beamten-Gewerkschaften ein, sich in die Kommission einzubringen. Er warb zugleich um Verständnis: „Ich kann nicht nur Sachen machen, die allen gefallen.“

Proteste im Saal gefallen Kretschmann nicht

Auf die massiven Proteste im Saal reagierte der ehemalige Beamte teils dünnhäutig: „Sie müssen wissen, das gefällt mir nicht.“ Aufrufe zum Wahlboykott aus den Reihen der traditionell grünen-freundlichen Staatsdiener quittierte er mit den Worten: „Abwählen können Sie mich erst in viereinhalb Jahren.“

Der BBW-Landesvorsitzende Stich nannte es einen Skandal, dass Grün-Rot trotz 2,5 Milliarden Euro Steuermehreinnahmen einen ausgeglichenen Haushalt nur durch die Einsparungen bei den Beamten sicherstellen könne. Stich drohte im Falle von strukturellen Einsparungen mit dem Gang vors Bundesverfassungsgericht.

Der Beamtenbund-Landesvorsitzende machte der Landesregierung zugleich eigene Sparvorschläge und forderte unter anderem, die Studiengebühren wieder einzuführen. Kretschmann erwiderte, durch die Abschaffung der Studiengebühren würden auch Beamte entlastet, deren Kinder studieren. Auch die Gewerkschaft ver.di kritisierte im Anschluss Stichs Vorschlag.

CDU fordert Verzicht auf Prestigeprojekte von Grün-Rot

SPD-Fraktionschef Claus Schmiedel versicherte: „Wir machen keine Dinge, die sie nach Karlsruhe zwingen.“ „Bestimmte Dinge“ dürfe man dann aber auch nicht diskutieren. Der SPD-Politiker hatte jüngst erklärt, seine Fraktion sei gegen strukturelle Einsparungen bei den Beamten. Er hält dafür aber den Abbau von bis zu 15.000 Stellen in den kommenden Jahren für möglich.

Der Vorsitzende der CDU-Landtagsfraktion, Peter Hauk, sagte, die vergangenen Wochen hätten gezeigt, dass die Landesregierung ihre Beamte massiv missachte. Statt bei den Beamten zu sparen, solle Rot-Grün auf Prestigeprojekte wie die Polizeireform oder die Gemeinschaftsschule verzichten, forderte Hauk.

FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke kritisierte die geplante Neubesetzung und spätere Abschaffung der Regierungspräsidenten. „So einen Luxus sollten sich die einfachen Staatsdiener mal erlauben.“ Es werde „bei den Indianern gespart, damit es den Häuptlingen gut geht“, sagte er.