Unzählige Stunden Arbeit stecken in den geklöppelten Spitzen. Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

Michael Stocker ist Schneider und sammelt alles, was mit seinem Handwerk zu tun hat. Die geklöppelten Spitzen aus der Normandie haben eine besondere Bedeutung.

Stuttgart - Die Vitrine für die Kunstwerke aus dünnem Garn ist eigens angefertigt: „Die ist auf antik gemacht, damit sie aussieht, als wäre sie 100 Jahre alt“, verrät Maßschneider Michael Stocker. Ihr Inhalt jedoch ist tatsächlich so alt – vielleicht sogar noch älter: Klöppelspitzen aus der Normandie mit grafischen und floralen Mustern, ein besonders stattlicher Spitzenstreifen besteht aus Hunderten geklöppelter Elemente, die mit feinsten Garnstegen zu einem breiten Band zusammen genäht wurden. „All diese Spitzen waren in Kleidungsstücken oder in Bettwäsche eingenäht“, sagt Stocker.

Kaufexstase im kleinen Laden

Zu ihm nach Cannstatt kamen sie durch einen Urlaub in Nordfrankreich. „In Bayeux verkauft eine alte Dame diese Spitzen“, erzählt er. Die Kaufekstase, in die er angesichts dieser Schätze geraten war, habe die Urlaubskasse gesprengt. „Es kam deshalb zum Eklat mit meinem Mann“, gesteht er schmunzelnd. Ursprünglich wollte er die historischen Spitzen in seine eigenen Kreationen einarbeiten. Das würde den Preis jedoch enorm in die Höhe treiben. Früher wurden derart verzierte Kleidungs- und Wäschestücke vererbt. Heute ist Mode kurzlebig – und deshalb bleiben die Spitzen in der Vitrine als Verneigung vor der Kunst, die dahintersteckt. Im Spitzenmuseum in Bayeux hat Stocker bei einer Vorführung gesehen, wie viel Mühe in ihnen steckt: „In eineinhalb Stunden ist für ein schmales Band gerade gut ein Zentimeter fertig geworden.“