Vor fünf Jahrzehnten zog er bei der Familie ein: der Löwe aus Stein. Foto: Lg/Zweygarth

Als Teenager erstand die Galeristin und Kunstmäzenin Karin Abt-Straubinger für ihren kunstsinnigen Vater einen Löwen aus Stein zum Geburtstag. Das war damals in jeder Hinsicht eine schwer gewichtige Aktion.

Stuttgart - Wind und Wetter haben Spuren an ihm hinterlassen: „Ich nenne ihn deshalb den zahnlosen Löwen“, scherzt Karin Abt-Straubinger. In ihrem Garten hat er seinen festen Platz neben einem ultramodernen Brunnen. Früher hatte er das Elternhaus der Galeristin bewacht, genau wie seine beiden berühmten Verwandten vor der Villa Medici in Rom. Und wie die legt auch er eine der Pfoten auf eine Kugel. Seit über 50 Jahren ist der Löwe aus Stein in Familienbesitz und war ein Geschenk der Tochter Karin an ihren Vater, den Verleger Richard Straubinger. „Er hatte auch den Löwen als Sternzeichen“, erklärt sie. Deshalb, und weil sie damals als Teenager fand, dass der Treppenaufgang zum Elternhaus so kahl war, kaufte sie ihn – und das war in mehrfacher Hinsicht ein Kraftakt. „Es gab da in den 50er Jahren noch das Antiquitätengeschäft Nagel in der Olgastraße“, erzählt die Kunstexpertin, „da bin ich lange drum herum geschlichen.“ Sie hatte eine gewisse Schwellenangst, es zu betreten, obwohl sie mit dem Vater damals schon hin und wieder auf Kunstauktionen gewesen war.

Das Taschengeld war zu knapp

Schließlich nahm sie ihren Mut zusammen und erfuhr, dass der Löwe viel zu teuer war. „Ich habe dem Seniorchef vorgejammert, dass ich nicht so viel Taschengeld habe und fragte, ob er mir etwas nachlässt, weil der Löwe doch ein Geschenk werden sollte“, berichtet sie. Ihr Gegenspieler war der Juniorchef, der keinen Preisnachlass geben wollte. Schließlich setzte sich der Senior durch. Aber trotzdem sprengte die Summe ihr Budget. Wie der gut 30 Kilo schwere Löwe schließlich von der Olgastraße zum Haus nach Sonnenberg kam, weiß sie nicht mehr: „Irgendjemand muss ihn abgeholt haben.“ Auf alle Fälle war die Freude beim Vater groß. „Ob er ihn als großes Kunstwerk empfunden hat, sei dahingestellt“, sagt sie lachend. Aber der große Einsatz der Tochter hatte ihn gerührt.