Schönheitschirurgie ist ein Milliardenmarkt. Werner Mang, Schönheitschirurg aus Lindau und einer

Schönheitschirurgie ist ein Milliardenmarkt. Werner Mang, Schönheitschirurg aus Lindau und einer der bekanntesten seiner Zunft, geht mit der eigenen

Branche hart ins Gericht. Im Interview mit unserer Zeitung warnt er davor, sich

vorschnell unters Messer zu legen.

Von Imelda Flaig

Herr Professor Mang, hat die Krise negativen Einfluss, etwa dass nur noch Promis bereit sind, sich für Geld verschönern zu lassen?

Wir erwarten dieses Jahr über eine Million Schönheitsoperationen und Millionen von Unterspritzungen mit Collagen, Hyaluronsäure und Botox, Tendenz steigend. Trotz Finanzkrise haben wir an unserer Klinikgruppe eine Zuwachsrate von zehn Prozent. Heutzutage verzichtet man lieber auf ein neues Auto oder auf eine neue Küche als auf eine Schönheitsoperation. Ich bin manchmal schon etwas verwundert, wenn ich von meinen Patienten höre: "Über meine neue Nase kann ich mich ein Leben lang freuen, aber ein Auto geht irgendwann kaputt." Schönheitschirurgie ist Mainstream, das will die Hausfrau aus Böblingen genauso wie der Schauspieler aus Berlin. Man muss sich nur kritisch damit auseinandersetzen. Keine übertriebenen Operationen machen lassen.

Sind es vor allem Frauen oder auch vermehrt Männer, die sich unters Messer legen?

Die Männer sind auf dem Vormarsch. Statistiken zeigen, dass es 1990 etwa 4,8 Prozent Männeranteil an den Schönheitsoperationen gab, im Jahr 2000 bereits zehn Prozent, und heute sind es 20 Prozent. Also jede fünfte Schönheitsoperation wird heute in Deutschland an einem Mann durchgeführt. Die Männer sind dabei ängstlicher und wehleidiger, Frauen sind unkomplizierter.

Und die Gründe bei Männern für eine OP?

Der Grund für Männer, sich einer Schönheitsoperation zu unterziehen, ist meist beruflich. Wir haben hier bei der 50plus-Generation Manager, Politiker, Ärzte, Rechtsanwälte, die in ihrem Beruf noch einmal voll angreifen wollen und die Schlupflider oder Tränensäcke stören. Wissenschaftliche Untersuchungen zeigen zudem, dass Männer, die schlank sind, gepflegt aussehen, keine Schlupflider oder Tränensäcke haben, erfolgreicher sind als Männer, die unsportlich und dick sind und die Hängebacken oder Tränensäcke haben.

Es gibt viel Billigkonkurrenz in Osteuropa. Um wie viel günstiger sind dort die Schönheitsoperationen?

Mein Credo ist: Billigoperationen sind doppelt so teuer, denn Sicherheit und Gesundheit bleiben dabei oft auf der Strecke. Wenn heute ein Brustimplantat für 2500 Euro eingesetzt wird, dann kann das immer auf Kosten der Sicherheit gehen, denn alleine Sicherheit für Fachanästhesie, Aufwachraum, stationäre Überwachung und Behandlung, optimale Materialien und Implantate kosten schon 2500 Euro. Ich warne auch deshalb vor dem OP-Tourismus, weil, wenn etwas schiefgehen sollte, im Ausland keiner zuständig ist. Man kommt nicht zu seinem Recht, und Nachoperationen sind doppelt so teuer, da sie meist aufwendiger sind.

Was ist in Deutschland anders?

In Deutschland haben wir flächendeckend sehr gute ästhetisch-plastische Chirurgen, und auch die Preise sind nicht so hoch, dass man sich deshalb ins Ausland begeben sollte. Man muss für eine gute Schönheitsoperation, egal ob Nase, Brust, Fettabsaugung, etwa 5000 Euro zuzüglich rund 2500 an Nebenkosten rechnen. Wenn nach der Operation ein berechtigter Mangel besteht, dann sollte der Operateur auch zusagen, die Nachoperation gratis auszuführen.

Wenn OPs schiefgehen, wie viele kommen zur Reparatur-Operation zu Ihnen, und können Sie Beispiele nennen?

Es gibt nichts, was wir an der Bodenseeklinik nicht schon operiert hätten - abgestorbene Brustwarzen nach Brustoperationen, Haarausfall oder Gesichtslähmungen nach Facelift, Atmungs- und Geruchsstörungen nach Nasenoperationen oder hängende Unterlider. Etwa zehn Prozent unserer Operationen sind Reparatur-Operationen. Aber auch bei uns ist nicht jeder Patient zufrieden, nämlich ein bis drei Prozent - nicht, weil gravierende Mängel passiert sind, sondern weil sie zu viel von der Operation erwartet haben. Das sind die Schattenseiten des Berufs, dass eben nicht alles optimal und im Sinne des Patienten gelingt. Ich würde sagen, bei einem ungeübten Operateur gehen bis zu 20 Prozent der Operationen schief.

Sie sind vor allem für Nasen-OPs bekannt; es gibt doch schon den Begriff Mang-Nase. Was unterscheidet die von anderen?

Ich bin wahrscheinlich deshalb für meine Nasenoperationen bekannt, weil ich bereits sehr viele operiert habe. Eine Nasenoperation ist mit die schwierigste Operation, weil man Knochen, Knorpel, Haut und Schleimhaut formen muss und weil der Heilungsprozess diffiziler ist. Untersuchungen haben gezeigt, dass die ideale Nasenform bei Frauen die frühgotische Nasenform ist, Typ Claudia Schiffer, und bei den Männern die spätgriechische Nasenform, Typ George Clooney. Als Nasenchirurg sollte man immer versuchen, eine natürliche Nasenform zu machen, die in das Gesicht passt. Die Nase sollte nicht zu klein sein, keine Barbiepuppen-Nase, und sie sollte auch nicht zu dominant sein. Der Winkel sollte etwa 110 Grad betragen, mit einem leichten Schwung bei Frauen und einem geraden Nasenrücken bei Männern. Nasenoperationen sind mein Steckenpferd, da kommt mir mein Facharzt für HNO sehr zugute.

Stimmt es, dass Sie für China künstliche Nasenbeine entwickelt haben?

Chinesen haben oft kein Nasenbein, was zu Atemstörungen und auch zu dieser Form von Plattnase führt. Eine Delegation der Universität Peking berichtete in meiner Klinik, dass die Nasen oft mit Fremdknorpel und mit unbefriedigendem Ergebnis rekonstruiert werden. Deswegen habe ich einen speziellen Silikon-Nasenspan entwickelt, um in kurzer Zeit eine asiatische Nase funktionell und ästhetisch aufzurichten. Ich bin eingeladen, meine OP-Technik und diesen künstlichen Nasenspan vor Ort in China einzuführen.

Sind die Schönheitstrends in einzelnen Ländern unterschiedlich?

Durchaus. Deshalb habe ich auch mein Buch "Verlogene Schönheit" geschrieben. Darin prangere ich den Schönheitswahn in den USA an, wie Barbiepuppen-Nasen, Megabrüste, glatt gezogene Gesichter nach Facelifts oder unnatürliche Gesichter nach Botox-Behandlungen. Ich warne vor diesen Trends. Ein guter ästhetischer Chirurg wird sich nicht dem Zeitgeist unterwerfen. Das Besondere an einem guten Schönheitschirurgen ist nicht nur seine lange Ausbildung, sondern dass er auch Psychologe und Künstler sein muss und ein dreidimensionales Vorstellungsvermögen haben muss. Er muss die Ästhetik zeitlos sehen, und das kann er an der Antike lernen. Schönheitschirurgie soll man nicht sehen, sie soll nicht auffallen. Ich würde sagen, dass wir in Deutschland mit der Schönheitschirurgie konservativer umgehen. Auch Frankreich und Italien sind diesbezüglich wesentlich aggressiver. Aber der Trend geht zurück. Weniger ist mehr. Meine Schule hat sich durchgesetzt.

Sie gelten als der Schönheitspapst in Deutschland, sind international angesehen und werden weltweit zu OPs gerufen. Gleichzeitig sind Sie einer der härtesten Kritiker Ihrer Branche. In Ihrem Buch "Verlogene Schönheit" rechnen Sie mit Kollegen in den USA und Osteuropa ab. Wie passt das zusammen?

30 Jahre Schönheitschirurgie sind ein Spiegel der Gesellschaft. Ich sehe in den letzten Jahren Verfallserscheinungen und eine Tendenz in der Schönheitschirurgie, die mir Sorgen bereitet: Silikonlippen, Botox-Gesichter, herausgeschnittene Rippen, um eine engere Taille zu bekommen, Megabrüste, Herausnahme des Mittelfußknochens, um höhere High Heels tragen zu können. Das ist alles absurd. Ich bin nicht vom Saulus zum Paulus mutiert, sondern plädiere für eine vernünftige Schönheitschirurgie, so wie ich sie seit Jahrzehnten ausübe und wie ich sie auch in der Mang Medical One Klinikgruppe lehre. Vernünftige Schönheitschirurgie ist wichtig und wertvoll für die Gesellschaft, aber nicht die Horroroperationen, nach denen die Patienten wie Zombies aussehen. Wenn sich in den USA schon Ärzte selbst Botox spritzen und sich zu wahren Zombies operieren lassen, dann wundert es einen nicht, wenn dort die Patienten auch so aussehen. Mein Buch soll auch ein Plädoyer für ein gesundes Leben, Sport und mediterrane Küche sein und dass nicht alles glänzt, was in Hollywood auftritt.

Wo liegen für Sie die Grenzen der Schönheitschirurgie?

Ich lehne alle Schönheitsoperationen ab, die zu gesundheitlichen Störungen führen können wie Operationen im Intimbereich, Einpflanzung von Sixpacks bei Männern, Gesäßimplantate bei Frauen, Silikoninjektionen, Megabrüste bei Implantaten von mehr als 500 Gramm, Facelifting vor dem 45. Lebensjahr. Es gibt viele Beispiele.

Sie selbst bewegen sich in der Welt der Schönen und Reichen bzw. in der Schickimicki-Gesellschaft. Haben Sie nicht Angst, die Bodenhaftung zu verlieren?

Nein, sicher nicht. Ich arbeite von Montag bis Freitag circa 14 Stunden täglich. Am Wochenende mache ich Sport, im Sommer Tennis, im Winter Skifahren. Außerdem besuche ich regelmäßig Events. Ich habe immer ein Ohr an der Gesellschaft, weiß, was in oder out ist. Ich genieße die Partys, um abschalten zu können. Aber wer mich kennt, weiß, dass der wahre Mang am liebsten am Bodensee ist, bei seinem Stammtisch, am Tennisplatz oder mit seiner Familie auf dem See. Ich bin ein bodenständiger Familienmensch. Ich bin undiplomatisch, aber sehr ehrlich, und ich polarisiere. Entweder man mag mich oder man mag mich nicht.

Ist bei Ihnen noch alles echt? Wenn ja, für was würden Sie sich unters Messer legen?

Ja. Ich habe gar keine Zeit, mich einer Operation zu unterziehen. Außerdem kann ich mich nicht selbst operieren. Doch Spaß beiseite. In Talkshows werde ich manchmal angesprochen, warum ich meine Tränensäcke nicht wegmachen lasse. Ich könnte mir durchaus vorstellen, dass ich diese Korrektur mal von einem meiner Oberärzte durchführen lasse. Vielleicht lasse ich mir auch einmal ein paar Haare transplantieren, aber momentan fühle ich mich sehr wohl in meiner Haut. Wenn ich mich operieren lasse, dann werde ich auch öffentlich dazu stehen, denn Schönheitschirurgie sollte kein Tabuthema sein. Es ist nichts Unanständiges und gehört zu unserem Gesellschaftsbild.