Die neuen Säulen der Konstanzer Kirche: die Installation „Porticus 3.0“ verbreitet eine poetische Stimmung auf dem Kirchenvorplatz. Foto: factum/Weise

Eine Lichtkunst-Installation bei der Konstanzer Kirche verbreitet drei Wochen lang nachdenkliche Stimmung. Nachts wird sie von Flüchtlingen bewacht.

Ditzingen/Gerlingen - Aufstiege – in nur wenigen der 25 Lichtinstallationen des Projekts der Kulturregtion Stuttgart wird das Motto so greifbar wie in Ditzingen. Zwölf Lichtsäulen, bestehend aus je acht LED-Leuchten, hat der ungarische Künstler Erik Matrai an den Treppen vor der Konstanzer Kirche aufgebaut. Das Licht steigt nach oben und wird durch Nebel, der seitlich dagegen geblasen wird, zugleich sichtbar gemacht und mystisch verklärt. „Porticus 3.0“ ist eine ebenso raumgreifende wie raumprägende Installation. Die ringförmig angeordneten Strahler gemahnen an antike Säulen und stellen so einen plastischen und einleuchtenden Bezug zur sakralen Architektur her.

Drei Wochen lang wird das Werk nun zu sehen sein, jeweils in den dunklen Stunden von 20 bis 24 Uhr. Die Installation ist ein Hingucker, in dem man sich verlieren kann, der zum Nachdenken anregt; aber sie ist auch ein gelungenes, ein buchstäblich leuchtendes Beispiel für gelungene Inte-gration. Zwar bekam das Kunstwerk schon bei der Eröffnung am Samstagabend eine eindrucksvolle Sympathiebekundung – gut 200 Ditzinger kamen trotz einsetzenden Regens an den Kirchenvorplatz. Doch wäre es unvorsichtig, die Installation gänzlich unbewacht zu lassen.

Ein Beitrag, um Träume zu verwirklichen?

Deshalb, das verkündete der Oberbürgermeister Michael Makurath mit Stolz in der Stimme, gebe es Menschen, die ehrenamtlich Wache halten und die Installation an- und ausschalten. „Drei junge Männer, die aus Syrien, dem Irak und Afghanistan zu uns gekommen sind, habe sich dazu bereit erklärt“, sagte Makurath. Das Thema Aufstieg, gepaart mit Licht sei verwandt mit Themen wie Kreativität, dem Streben nach oben, zur Verwirklichung von Träumen. „Ich hoffe, dass das ein kleiner Beitrag sein kann, dass Träume und Wünsche verwirklicht werden können“, sagte der Rathauschef Makurath.

Der Ditzinger Dekan Friedrich Zimmermann, quasi als Hausherr, bezeichnete die Installation als „eine geniale Idee, durch die Lichtsäulen den Aufstieg zur Kirche zu markieren“. Das Kunstwerk beinhalte für ihn insofern eine tief religiöse Komponente als „das Licht Gottes auch bei Nacht in die Welt gebracht wurde“. Makurath fand eine humorvolle, wesentlich weltlichere Deutung: der illuminierte Kirchenvorplatz illustriere für ihn auch „den Weg des Brautpaars hinauf zum Glück und dann wieder runter in die Realität“.

Der Tunnelgang des Lebens

Scherzhaft und spielerisch wurde auch die Lichtinstallation der Künstlerin Karolina Halatek in Gerlingen begrüßt. Auf dem dunklen, nüchternen Rathausvorplatz hat sie eine etwa fünf Meter lange, rund drei Meter hohe, von innen gleißend hell erleuchtete Röhre platziert. Schon bevor die offiziellen Gäste, die Künstlerin und der Bürgermeister die Installation einweihen, hüpfen Kinder hindurch, schießen Selfies, Spaßvideos werden aufgenommen. Der kurze Weg durch das Kunstwerk macht die Parallelen zur conditio humana spürbar: man kommt aus dem tiefen Dunkel ins gleißende, fast beißende Licht – um dann wieder im Dunkel zu verschwinden.