Schöne Aussichten: Vom 2465 Meter hohen Mzaar reicht der Blick bis zum Mittelmeer. Der Strand ist auch nur 50 Kilometer entfernt. Foto: Haasis

Die Libanesen haben die Kriege im Nahen Osten satt: Sie gehen lieber in die Berge zum Skifahren, ins geschichtsträchtige Byblos und feiern dann in Beirut.

Beirut - Peter Ramsauer ist begeistert. Auf Beiruts Straßen fahren jede Menge deutsche Fabrikate. Sogar Porsche sind dem CSU-Bundestagsabgeordneten aufgefallen. Als neuer Präsident der deutsch- arabischen Handelskammer war er kürzlich im Libanon und hat das Land nicht wiedererkannt. „Vor acht Jahren habe ich mich hier noch fast wie im Krieg gefühlt“, erzählt der frühere Bundesverkehrsminister vor der Drehtür des Hotels Phoenicia. Alle 500 Meter gab es einen Checkpoint. Und jetzt brausen die Libanesen im Porsche die Corniche rauf und runter. An der berühmten Uferpromenade schnappen ansonsten noch Jogger und Spaziergänger und am Wochenende herausgeputzte Familien frische Luft. Beirut wirkt nicht nur für Peter Ramsauer entspannt - momentan zumindest. „Wer weiß, ob wir morgen noch leben“, sagt Katia Hayek.

Sie hat es oft genug erlebt, dass auf die guten Zeiten schlechte folgten. Es ist jetzt genau zehn Jahre her, dass ein Bombenanschlag mal wieder alles zunichtemachte: Im Februar 2005 wurde der einstige Premierminister Rafiq al-Hariri auf der Küstenstraße gegenüber dem Hotel Phoenicia getötet. Bis dahin und seit der Jahrtausendwende war Katia Hayek fast täglich damit beschäftigt, Touristen den Libanon zu zeigen. „Diese Ecke der Welt ist einfach zu kompliziert“, sagt die 49-Jährige, während sie mit ihrer Gruppe in Beirut an der Green Line entlangläuft, die im Bürgerkrieg von 1975 bis 1990 Christen und Muslime trennte und die heute von Baukränen flankiert wird.

„Im Libanon gibt es 18 Religionen“

Vom Platz der Märtyrer geht es zur mächtigen Al-Amin-Moschee, deren hohe Minarette den Patriarchen der benachbarten, neoklassischen Sankt-Georgs-Kathedrale dazu brachte, seinen Kirchturm um ein paar Meter zu verlängern. „Im Libanon gibt es 18 Religionen“, sagt Katia Hayek. Auf dem Weg in die komplett neu aufgebaute Innenstadt landet sie beim nächsten Problem: Neben den 4,5 Millionen Libanesen leben ihrer Schätzung nach rund drei Millionen syrische und palästinensische Flüchtlinge im Land. Und schließlich schimpft sie noch über die IS-Terroristen, die sich im Grenzgebiet zu Syrien tummeln. „Wir haben es satt“, sagt die Stadtführerin an der Stelle, wo sich Christen und Muslime so schlimme Scharmützel lieferten, dass kein Stein auf dem anderen blieb, und wo heute Dior, Dolce & Gabbana und Gucci ihr Domizil haben.

Am Place de l’Étoile wachen Soldaten über das Regierungsviertel, sie schauen in jede Tasche. Seit vergangenen Mai kann sich das Parlament mal wieder nicht auf einen neuen Präsidenten einigen. „Tagsüber sollte man dort nicht seine Zeit verschwenden“, sagt Christelle Traboulsi über das rund zwei Millionen Einwohner zählende Beirut. Sie fährt mit ihren Gästen lieber ins 40 Kilometer entfernte schmucke Byblos. Unterwegs hält sie am Fluss Nahr al-Kalb an: In einer Felswand haben dort die vorbeimarschierenden Armeen Gedenksteine hinterlassen, der ägyptische Pharao Ramses II. machte neben ein paar Assyrern den Anfang. Die Jeita-Höhle mit ihren Stalaktiten und Stalagmiten steht immer auf ihrem Tourplan sowie eine Fahrt mit der Seilbahn zur Pilgerstätte Harissa. Der gigantischen Jungfrau-Maria-Statue stattete auch Papst Benedikt XVI. im September 2012 einen Besuch ab. „Wir sind das sicherste arabische Land mit Meinungsfreiheit“, sagt die 27-jährige Tourismusfachfrau und strahlt. „Und wir haben 300 Tage im Jahr Sonnenschein.“

In Byblos hat es auch im Winter 20 Grad, und es erscheint logisch, dass in dem fünf Hektar großen Park rund um die Kreuzritterburg die Spuren von 22 Eroberern zu finden sind. Die Phönizier haben in dem Ort die Sprache in Buchstaben gefasst und das Abc erfunden. Und unten am Hafen lockte Pepe Abed in den 1960er Jahren Stars wie Marlon Brando und Brigitte Bardot ins damalige Saint-Tropez des Nahen Ostens. Zum Shopping und zum Ausgehen bringt Christelle Traboulsi ihre Gruppe zurück nach Beirut. Im Uni-Viertel Hamra säumen Buch- und Klamottenläden die Hauptstraße, in der Studentenkneipe Té Marbouta wird Kaffee mit Kardamom getrunken so dick wie Schlamm.

„Alle lieben Skifahren"

„Wir sind hier nicht im Himmel“, sagt die junge Frau, „aber überall auf der Welt passieren schlimme Dinge.“ Am Abend schickt sie die Touristen in die Mar-Mikhael- Straße im Viertel Gemmayze, wo eine Kneipe neben der anderen liegt. Im Lock Stock covern Don und Kevin aus Dublin Songs von Nirvana und rufen „Cheers“ ins Publikum. In Open-Air-Discos wie der Skybar tanzen die Libanesen dann bis in den Morgen. Im Winter gibt es den überdachten Ableger O1ne. Der Gipfel Mzaar mit seinen 2465 Metern ist auch so ein Ort, der der Welt entrückt ist. „Alle lieben Skifahren, alle Religionen kommen hier zusammen und sind glücklich“, sagt Joost Komen.

Der Niederländer managt das Interconti-Hotel am Fuß des Skigebiets mit 19 Liften und mehr als 80 Pistenkilometern. Wenn Schnee liegt, ist zwischen Mitte Dezember und Mitte März jedes Wochenende voll ausgebucht, die Gäste kommen vor allem aus dem nur 50 Kilometer entfernt liegenden Beirut und aus den Golfstaaten. Auf den Berggipfeln wird der Name Libanon verständlich: „Lebnana“ heißt Weiß auf Aramäisch. Vom Gipfel aus kann man über das Bekaa-Tal bis nach Syrien sehen. Die baumlose Berglandschaft wirkt wie von einem anderen Stern. Das Après-Ski fängt schon am frühen Nachmittag mit Shisha-Pfeifen an, auf der sonnenbeschienenen Terrasse des Interconti tummeln sich bis zu 1500 Menschen. „Hier ist es sicher“, sagt Joost Komen. „Sieh nur, was in Paris passiert ist.“ Peter Ramsauer muss noch seine Sitzungen nacharbeiten, sonst wäre er vielleicht mitgekommen ins Restaurant Liza in Beirut.

Es ging mal wieder um die Strom- und Wasserversorgung, die im Libanon nicht rund um die Uhr gewährleistet ist. Und es ging um das Bruttosozialprodukt: Die Libanesen haben sich gegenüber dem CSU-Bundestagsabgeordneten über die unausgeglichene Bilanz beschwert - 75 Millionen Euro an Exporten stehen 800 Millionen Euro an Importen aus der Europäischen Union gegenüber. Aber die Wirtschaft des Landes besteht nun mal zu 75 Prozent aus Dienstleistungen, Wein wird produziert und Olivenöl und sonst eigentlich nichts. „Was will man da machen?“, fragt Peter Ramsauer, da helfe nur mehr Tourismus.

Infos zum Libanon

Anreise
Middle East Airlines fliegen täglich ab Frankfurt in knapp vier Stunden nach Beirut. Das günstigste Ticket kostet hin und zurück momentan 355 Euro ( www.mea.com.lb ). Von vielen deutschen Flughäfen aus bietet Pegasus die billigsten Flüge nach Beirut: Über Istanbul kommt man für weniger als 300 Euro in den Libanon - allerdings kostet die Ersparnis viel Zeit ( www.flypgs.com ). Das Taxi vom Flughafen nach Beirut sollte man möglichst vorher bestellen, um nicht übervorteilt zu werden. Allo Taxi ist empfehlenswert, Fahrten lassen sich einfach auf der englischsprachigen Website ( www.allotaxi.com.lb ) buchen, in die Innenstadt kostet es ca. 20 Euro.

Unterkunft
In Beirut ist das Intercontinental Hotel Phoenicia eine sichere Bank: Die deutsche Botschaft bringt alle Politiker in offizieller Mission in dem Fünf-Sterne-Haus unter, ein DZ ist von 250 Euro an zu haben.

Das Intercontinental Mzaar direkt an den Pisten im Skigebiet ist im Stil eines französischen Alpen- Chalets gebaut, ein Doppelzimmer kostet mindestens 230 Euro. Beide Häuser lassen sich unter www.ihg.com buchen.

Ein individuelleres und günstigeres Reiseerlebnis bietet L’Hôte Libanais: Nach dem System der französischen Chambres d’Hôte wohnt man bei Libanesen zu Hause ( www.hotelibanais.com ).

Ausflüge
Es wird viel gehupt und wenig auf Verkehrsregeln geachtet: Wer den Mut hat, kann sich bei den üblichen Firmen ein Auto mieten. Busse sind nur für Ortskundige nutzbar. Taxis sind die beste Option, für einen ganzen Tag kostet der Chauffeur etwa 130 Euro.

Sicherheit
Das Auswärtige Amt warnt teilweise mit Nachdruck vor Reisen in bestimmte Gebiete des Libanons ( www.auswaertiges-amt.de ). Beirut, Byblos und der Berg Mzaar zählen nicht dazu. Gefährlich ist es, in die Nähe der syrischen Grenze zu fahren, das Bekaa-Tal mit den römischen Ruinen von Baalbek eingeschlossen. Auch an der Grenze zu Israel kommt es immer wieder zu Gefechten. Flüchtlingslager sollten Touristen ebenfalls meiden sowie die Stadt Tripoli.

Allgemeine Information
Das Tourismusministerium betreibt die informativen Internetseiten www.destinationlebanon.gov.lb .