„Frisch und unbekümmert“ seien die letzten Zeichnungen seines Vaters gewesen, sagt der Sohn Karl Ulrich Nuss. Foto: Gottfried Stoppel

Eine Ausstellung im Strümpfelbacher Museum Nuss zeigt, was Fritz Nuss, obwohl fast blind, in seinen letzten Lebensjahren noch zu Papier brachte.

Weinstadt - Was Ludwig van Beethoven in der Musik vollbracht hat, das hat Fritz Nuss in der Kunst getan. Dies zeigt eine aktuelle Wechselausstellung im Museum Nuss in Weinstadt eindrücklich. Denn ähnlich wie der zunehmend unter Hörverlust leidende Komponist aus der Epoche der Klassik verlor der Strümpfelbacher Künstler im Laufe seines Lebens den für sein Schaffen wichtigsten Sinn: seine Sehkraft. Dennoch wirkte Fritz Nuss weiter. „Er war ein Getriebener“, sagt Karl Ulrich Nuss über seinem im Jahr 1999 gestorbenen Vater. In Gedenken an ihn präsentiert der Sohn nun einige von dessen letzten Werken unter dem Titel „Fritz Nuss – letzte Zeichnungen“.

Dralle, lebenslustige Damen

Wer sie betrachtet, kann kaum glauben, dass sie von einem nahezu blinden Neunzigjährigen gezeichnet worden sind. Dralle, lebenslustige Damen in weinseliger Laune lachen einem etwa darauf von den Wänden im Dachgeschoss des Museums entgegen. Kraftvoll sind die Striche, die Fritz Nuss mit Kohle aufs Papier brachte. Zudem sind sie voller Esprit. Beispielsweise wenn Fritz Nuss sich selbst darstellte, wie er wiederum ein Selbstporträt zeichnet – eines von mehreren Eigenbildnissen, die in der Ausstellung zu sehen sind.

Als Vergleich, wie sich die Zeichnungen seines Vaters doch gewandelt haben in den letzten Jahren seines Lebens, hat Karl Ulrich Nuss auch ein Selbstporträt von ihm aus den 1970er Jahren aufgehängt. Fein sind die Bleistiftstriche darauf, ein jeder sehr bewusst und genau gesetzt. Die Freiheiten, die er sich später erlaubte, habe sich sein Vater damals noch nicht genommen, meint Karl Ulrich Nuss dazu.

„Frisch und unbekümmert“ seien Fritz Nuss’ letzte Zeichnungen dagegen, aber mit derselben für seinen Vater typischen Strichführung. Treffender kann man die Bilder nicht beschreiben, die nur eine kleine Auswahl von Fritz Nuss’ Schaffen von dem Jahr 1995 an sind.

Stapelweise Zeichnungen, mehrere hundert, habe sein Vater, der nach wie vor auch noch plastisch als Bildhauer arbeitete, aus dieser Zeit hinterlassen. „Er hat oft zwei bis drei am Tag gemacht“, erzählt Karl Ulrich Nuss. Mit unter habe dies Anlass zu Streitigkeiten zwischen Vater und Sohn gegeben. „Wenn er eine neue Kohlezeichnung fertig hatte, wollte er immer, dass ich sie sofort für ihn fixiere. Dafür hat er mich oft von meiner Arbeit weggerufen“, berichtet Karl Ulrich Nuss, der nur ungern seine eigenen Plastiken stehen ließ, um den Bitten seines Vaters nachzukommen. Zudem sei ihm dessen ewiges Gejammer, dass er nichts mehr sehe und daher nicht mehr zeichnen könne, „furchtbar auf die Nerven gegangen“, gesteht er: „Dann muss man es halt lassen“, habe er darauf dann ärgerlich geantwortet.

Von Selbstzweifeln keine Spur

Von diesen Selbstzweifeln ist in den Bildern allerdings nichts zu erkennen. Im Gegenteil: voller Überzeugung, ohne Hadern und Zaghaftigkeit sind die Striche gesetzt. Denn wenn sein Vater zum Kohlestift gegriffen habe, habe er einfach losgelegt, erklärt der Sohn dazu, selbst beeindruckt von der Sicherheit, mit der Fritz Nuss trotz allem zu Werke ging. Dabei habe er nur noch drei bis fünf Prozent an Sehkraft gehabt, erzählt Karl Ulrich Nuss über seinen Vater, der aufgrund eines Chirurgenfehlers zunächst einseitig erblindete und dann auch noch mit dem zweiten Auge zunehmend schlechter sah.

Die Ausstellung „Fritz Nuss – letzte Zeichnungen“ kann bis Ende Oktober zu den üblichen Öffnungszeiten des Museums Nuss in der Hauptstraße 19 in Weinstadt-Strümpfelbach besichtigt werden. Diese sind sonntags von 14 bis 17 Uhr.