Alte Telefonzellen Foto: dpa-Zentralbild

Weil heutzutage fast jeder ein Mobiltelefon hat, gibt es kaum noch öffentliche Telefone.

Leseratte - In der vergangenen Woche hat unsere Leseratte herausgefunden, was es mit der bemalten Telefonzelle am Bahnhofsplatz auf sich hat, die zu einer Mini-Bücherei umgebaut wurde. Da stellt sich natürlich die Frage: Wie kommt man auf die Idee? Vor gar nicht allzu langer Zeit stand an praktisch jeder Ecke eine Telefonzelle. Es gab ja noch keine Handys. Was heute so selbstverständlich erscheint, jeder läuft mit seinem eigenen Telefon in der Hosentasche durch die Gegend, das war früher undenkbar.

Das erste Patent für ein Mobiltelefon wurde 1973 angemeldet, in Deutschland verbreiteten sich Mobiltelefone erst ab Mitte der 1990er-Jahre. Aber auch zu diesem Zeitpunkt war es nicht üblich, dass jeder ein Handy hatte. Also telefonierte man aus einem Häuschen. Aber der Reihe nach.

Die erste Telefonzelle wurde im Jahr 1881 in Berlin aufgestellt. Damals sprach man noch nicht von einer Telefonzelle, sondern von einem „Fernsprechkiosk“. Wer ein Gespräch im Festnetz – was durchaus der passende Ausdruck ist, weil die Telefone fest mit einer Schnur mit der Zelle verbunden waren – führen wollte, musste mit Münzen bezahlen. Lange konnte man für 20 Pfennig so lange telefonieren, wie man wollte. Später wurden die Preise erhöht und es wurde pro Einheit abgerechnet. Wie viel ein Telefonat letztlich kostete, hing auch davon ab, wohin man telefonierte. Das ist immer noch so. Wenn man heute von einer Telefonzelle einen Festnetzanschluss anruft, kostet die erste Minute 50 Cent, jede weitere zehn Cent. Ruft man eine Person auf dem Handy an, ist es teurer. Anfang der 90er-Jahre wurden Telefonkarten eingeführt. Die sahen aus wie Bankkarten, waren aber ausschließlich zum Telefonieren da. Wenn sie leer waren, musste man sich eine neue kaufen, um im Telefonhäuschen wieder telefonieren zu können. Heute kann man an einigen Telefonzellen auch mit normalen Kreditkarten bezahlen.

Die Zellen haben in der Vergangenheit übrigens öfter mal ihre Farbe gewechselt. Mal waren sie blau und gelb, dann rot, nach dem zweiten Weltkrieg war einheitliches Gelb vorgeschrieben. In den 90er-Jahren wurde aus den knallgelben Zellen Häuschen in Magenta, Weiß und Grau – das sind die Farben der Telekom. Wie viele der heutigen Telefonzellen in Deutschland noch gelb sind, das weiß niemand, denn niemand hat sie gezählt.

So viel ist aber sicher: Insgesamt ist die Zahl der Telefonhäuschen in den vergangenen Jahren stark geschrumpft. In ganz Deutschland gibt es heute noch 17 000 Telefonzellen. Sieben davon stehen in Kornwestheim. Zum Vergleich: im Jahr 1997 sollen es noch 167 000 Telefonzellen in Deutschland gewesen sein. Die Telekom geht davon aus, dass die Zahl Telefone weiter zurückgehen wird.

Viele werden eben kaum noch genutzt. Georg von Wagner von der Deutschen Telekom sagt: „Liegen die Einnahmen monatlich unter 50 Euro, ist der Betrieb für uns nicht wirtschaftlich.“ Wenn eine Stadtverwaltung allerdings meint, dass eine Telefonzelle an der Stelle benötigt wird, kann sie Einspruch gegen den Abbau einlegen. Vielerorts werden dann die Telefonhäuschen in Stelen – ohne Kabine drumherum – umgewandelt. Die Säulen müssen nicht so oft gewartet werden, weil sie nicht so oft mutwillig zerstört werden. Ganz verschwinden werden Telefonzellen sowieso nicht, denn sie entwickeln sich weiter. Neben dem Telefon gibt es inzwischen W-Lan-Hotspots und Touristen-Informationen an einigen Standorten. Beliebt sind öffentliche Telefone heute immer noch an Bahnhöfen und Flughäfen. Wer Telefonzellen besonders geliebt hat, der konnte eine Zeit lang ausgemusterte Exemplare kaufen. Telefonieren kann man damit allerdings nicht mehr. Aber als kleine Bücherei funktionieren sie ganz wunderbar, wie man in Kornwestheim sehen kann.