Liest die jüngere Generation weniger? Liebhaber des gedruckten Worts sagen: Das Internet kann nicht alles ersetzen. Foto: dpa

Die Uni-Buchhandlung in Stuttgart-Hohenheim hat geschlossen, und in der Leihbücherei in Stuttgart-Riedenberg könnte es um einiges besser laufen. Sind gedruckte Romane und Krimis am Ende? Eine Spurensuche vor Ort.

Filder - Gerade haben die Vorlesungen an der Universität Hohenheim wieder begonnen. Für viele Studenten bedeutet ein neues Semester, dass sie sich Fachliteratur für ihre Veranstaltungen kaufen müssen. Bisher konnten sie das direkt auf dem Campus erledigen, in der Buchhandlung Wittwer Uni-Buch. Doch das geht nun nicht mehr. Denn die Buchhandlung ist seit mittlerweile vier Monaten geschlossen.

Für Hohenheim war das ein Einschnitt. Denn nicht nur Studenten haben in der Wittwer-Filiale gekauft. „Im Stadtbezirk gibt es nun überhaupt keine Buchhandlung mehr“, sagt Martin Selje. Daran konnte auch die Unterschriftenaktion einer Plieningerin nichts ändern, mit der Wittwer aufgefordert werden sollte, die Buchhandlung weiterzuführen. „250 Unterschriften waren das“, sagt Selje. „Aber als klar war, dass Wittwer von Thalia übernommen wird, war die Aktion hinfällig.“

Die Lesegewohnheiten hätten sich geändert

Wittwer begründete die Entscheidung, die Hohenheimer Zweigstelle zu schließen, damals damit, dass sich die Lese- und Kaufgewohnheiten der Kunden geändert hätten. Vor allem Studenten würden immer mehr auf digitale Lehrinhalte und den Onlinevertrieb zurückgreifen.

Seit Wittwer Uni-Buch in Hohenheim geschlossen ist, sind die nächsten Buchhandlungen in Degerloch oder Möhringen. Insbesondere für ältere Semester sei daher etwas weggefallen, sagt Selje. „Es ist ein Stück Kultur, das fehlt.“ Für ihn macht insbesondere der Buchhändler einen Buchladen aus. „Der weiß über die aktuelle Literatur Bescheid und kann einen deshalb beraten“, sagt Selje. Das Internet könne das nicht ersetzen.

Vertrauensverhältnis zum Bibliothekar

Bernd Hoffmann sieht das ähnlich. Er leitet die Bücherei im Alten Schulhaus in Riedenberg – ehrenamtlich. Aus Liebe zum Buch. „Zwischen den Lesern und den Bibliothekaren baut sich ein Vertrauensverhältnis auf“, weiß er. Wenn man heraushöre, wofür sich der Leser interessiere, könne man ihm Buchtitel empfehlen. „Viele von denen, die zu uns kommen, freuen sich, wenn wir sie beraten.“

Und trotzdem mag die ehrenamtliche Leihbücherei, die es seit mittlerweile drei Jahren gibt, nicht so richtig in Schwung kommen. „Im Sommer hatten wir einen großen Durchhänger“, sagt Hoffmann. Da habe es auch Tage gegeben, an denen gar niemand da gewesen sei. „Momentan läuft es besser“, sagt er. Im Schnitt kämen sieben oder acht Besucher am Tag, zumeist ältere Frauen. „Letzten Samstag hatten wir vier Kinder bei uns“, sagt Hoffmann. „Das war eine echte Ausnahme.“ Dass die jüngere Generation nicht mehr lese, das hält er aber für ein Gerücht.

Diese Einschätzung stützt auch der Börsenverein des Deutschen Buchhandels. Dieser hat auf der einen Seite zwar herausgefunden, dass in den vergangenen fünf Jahren sechs Millionen Menschen weniger ein Buch gekauft haben. Aber auf der anderen Seite kauften die treuen Bücherleser heute mehr Bücher als in früheren Zeiten.

Eine neue Idee für Stuttgart-Hohenheim

Es sei deutlich zu früh, das klassische Buch abzuschreiben, findet Bernd Hoffmann aus Riedenberg. „Ich sehe in der Straßenbahn immer wieder junge Leute, die in ein gedrucktes Buch schauen.“

Obwohl nur wenige Leute in die Leihbücherei in Riedenberg kommen, wollen Bernd Hoffmann und seine ehrenamtlichen Helfer die Anlaufstelle für Bücherwürmer auf keinen Fall aufgeben, sondern in die Offensive gehen und mit Aktionen mehr Leser locken.

Auch Buchliebhaber Martin Selje aus Plieningen gibt sich kämpferisch. Er will sich nicht einfach damit abfinden, dass es jetzt in Hohenheim und Umgebung keinen Buchladen mehr gibt. Gemeinsam mit anderen Anhängern des gedruckten Worts arbeitet er an Plänen für ein Kulturzentrum mit Buchverkauf in Hohenheim, berichtet er.

Bis aus dieser Idee Wirklichkeit wird, dauert es noch. Von einer Voraussetzung wollen Martin Selje und die anderen aber keinesfalls abrücken: „Das Kulturzentrum muss etwas mit Büchern zu tun haben“, sagt der Plieninger. So wollen sie das Stück verlorene Kultur wieder in ihren Stadtbezirk zurückholen.