Vor dem Landgericht muss sich ein 34-jähriger verantworten, der im Kreis Ludwigsburg Straftaten begangen und Kontakt zu seinem Komplizen in der Türkei gehalten haben soll.
Der Mann auf der Anklagebank des Stuttgarter Landgerichts mit dem Undercut wirkt gut gelaunt. Er lacht viel und macht Scherze mit den Freunden und Bekannten, die im Gerichtssaal sitzen, um seinen Prozess zu verfolgen. Dabei ist die Anklage, die der Erste Staatsanwalt Johannes Kienle kurz darauf verliest, ziemlich lang, und es sind sechs Taten, deretwegen sich der 34-Jährige aus Leonberg vor der 7. Großen Strafkammer verantworten muss.
Zum einen hat der junge Mann laut Anklage im vergangenen Jahr einen umfangreichen Handel mit Kokain von sehr guter Qualität im Raum Ludwigsburg betrieben. Seinem Komplizen, der über einen Rechtsanwalt in Köln und einen Bekannten von Ermittlungen gegen sich erfuhr, habe er im Januar vergangenen Jahres zur Flucht in die Türkei verholfen, indem er ihn zum Flughafen Basel chauffierte. Er habe jedoch weiterhin Kontakt zu diesem gehalten und an ihn insgesamt 13.000 Euro aus den Drogengeschäften via Western Union in die Türkei transferiert.
40 Euro pro Kilogramm Kokain
Zwischen Mai und August vergangenen Jahres soll er aus einem Vorrat von einem Kilogramm Kokain mindestens sieben Verkäufe an unterschiedliche Abnehmer getätigt haben. Tatorte seien Ludwigsburg, Pleidelsheim, Ludwigsburg-Eglosheim, Sulzbach/Murr, Stuttgart und Filderstadt-Bernhausen gewesen. Pro Gramm habe der Angeklagte im Schnitt 40 Euro verlangt, für 20 Gramm soll er auch 1150 Euro verlangt haben.
Im Mai ist er laut Anklage mit einem anderen Komplizen in eine Wohnung in Leonberg eingebrochen, deren Bewohner im Urlaub waren. Das Duo sei über eine aufgehebelte Kellertür in die Wohnung eingedrungen und habe zwei Tresore mitgehen lassen. Dabei sollen sie Bargeld und Schmuck im Wert von mehr als 4000 Euro erbeutet haben. Ein weiterer Einbruch in Stuttgart-Ost ist laut Anklage fehlgeschlagen, weil beim Auskundschaften der Örtlichkeit ein Bewegungsmelder angeschlagen habe. Ein Zeuge habe die beiden Männer gesehen und die Polizei verständigt, die zwei Minuten später vor Ort war und das Einbrecher-Duo festnahm.
Neben Handels mit Betäubungsmitteln und Wohnungseinbruchsdiebstahls muss sich der 34-Jährige auch noch wegen Verabredung zu einem Raub verantworten. Der Angeklagte soll im vergangenen September mit zwei Komplizen nach Bad Friedrichshall gefahren sein, um dort den Inhaber eines Autohauses zusammenzuschlagen und auszurauben. Dieser hat laut Anklage in einem Prozess gegen den Komplizen in der Türkei wegen dessen Drogengeschäften als Kronzeuge vor Gericht ausgesagt. Der Plan scheiterte jedoch, da rund um das Autohaus zahlreiche Überwachungskameras montiert waren. Auch im privaten Umfeld sei das Trio nicht an den Mann herangekommen, obwohl sie umfangreiche telefonische Auskünfte über ihn eingeholt hätten.
Treffpunkt Friedhof
Wegen eines Treffens am Friedhof in Ludwigsburg mit einem Bekannten muss sich der 34-Jährige zudem wegen versuchter Anstiftung zur Brandstiftung verantworten. Der Bekannte hatte laut Anklage Angst, dass seine Freundin seinen Namen bei der Polizei fallen lassen könnte und wollte dieser eine Warnung zukommen lassen, indem er an ihrem Auto die Seitenspiegel und die Scheibenwischer verbog und die Reifen zerstach. Der Angeklagte schlug stattdessen vor, das ganze Auto gleich anzuzünden. Darauf wollte der Bekannte aber nicht eingehen.
Schließlich soll der 34-Jährige ebenfalls im vergangenen September ein weiteres Kilogramm Kokain erworben und in einem Auto in einer Tiefgarage in Kornwestheim gebunkert haben. Knapp 600 Gramm habe er bis zum 18. Oktober für rund 4000 Euro verkauft. Danach stellte er laut Anklage seine Geschäfte ein, weil er über mehrere Ecken von einer Polizistin erfahren habe, dass gegen ihn ermittelt wird. Tatsächlich wurde seit geraumer Zeit der Innenraum seines Autos überwacht. Die restlichen knapp 400 Gramm Kokain fanden Polizeibeamte im Auto in der Tiefgarage in Kornwestheim.
Prozess unterbrochen
Nach der Anklageverlesung wurde der Prozess unterbrochen, da sich Richter, Staatsanwaltschaft und Verteidigung zu einem Verständigungsgespräch treffen wollten. Ein Ergebnis wird am nächsten Verhandlungstag am 11. September bekannt gegeben. Bislang sind noch sieben weitere Prozesstage angesetzt, das Urteil soll am 18. November verkündet werden.