Der Leonberger OB Martin Kaufmann will Arztpraxen in der Römergalerie statt am Krankenhaus und wirbt für ein onkologisches Zentrum.
Leonberg - Nicht eben herzlich dürfte die Begrüßung zwischen Roland Bernhard und Martin Kaufmann ausfallen, wenn sich der Landrat und der Oberbürgermeister an diesem Dienstagmittag bei der Grundsteinlegung des neuen Strahlentherapiezentrums am Krankenhaus begegnen.
Der Grund: Kaufmann ist nicht gerade ein Fan eines sogenannten Gesundheitscampus, den Bernhard in direkter Nachbarschaft des Krankenhauses anlegen möchte. Hier, so schwebt es dem Chef der Kreisverwaltung vor, könnten sich Dienstleister aus der Gesundheitsbranche oder Facharztpraxen niederlassen.
Zu Lasten der niedergelassenen Ärzte?
Skeptiker, zu denen auch Kaufmann zählt, fürchten hingegen, dass Praxen am Krankenhaus zu Lasten der niedergelassenen Ärzte gehen könnten, die zumeist in der Innenstadt zu finden sind.
Der OB präferiert stattdessen ein ganz anderes Modell: Die Römergalerie soll zu einem Ärztezentrum werden. Schon jetzt sind dort einige Mediziner und eine große radiologische Gemeinschaftspraxis. Fachärzte, die bisher in Leonberg noch nicht vertreten sind, könnten das Angebot ideal ergänzen. Durch die zentrale Lage der Römergalerie und die guten Busverbindungen sei der Standort wesentlich besser als das Krankenhaus mit seiner Randlage.
Hohe fachliche Expertise
Doch was noch schwerer wiegen dürfte als die Meinungsverschiedenheiten über einen Gesundheitscampus sind die Differenzen hinsichtlich eines onkologischen Zentrums in Leonberg. Durch die künftige Strahlentherapie, gebündelt mit der hohen fachlichen Expertise in der Inneren Klinik des Krankenhauses, so sagt Kaufmann, biete sich Leonberg als Standort für ein überregionales onkologisches Zentrum gerade zu an.
Diese Meinung hatte er dem Landrat bereits Anfang Mai schriftlich mitgeteilt. Bernhard hatte in seiner Antwort eher zurückhaltend reagiert und auf eine Bündelung der medizinischen Kompetenz des Kreises an der geplanten Großklinik am Flugfeld bei Böblingen verwiesen.
Dass der Oberbürgermeister mit dieser Antwort nicht zufrieden ist, macht er in einem weiteren Brief deutlich, den er am Montag abgeschickt hat. Das künftige Strahlentherapiezentrum stelle „eine Entwicklung in der Medizin am Standort Leonberg mit Blick auf das kreisweite Medizinkonzept dar, denn dies war weder bei der Erarbeitung, noch beim Beschluss vor vier Jahren absehbar“.
Grundlage hat sich geändert
Im Klartext: Für Kaufmann hat sich die Grundlage des Medizinkonzeptes wesentlich geändert. Statt einer Art Neben-Krankenhaus habe Leonberg künftig wieder einen echten medizinischen Schwerpunkt.
Dies müsse auch Auswirkungen auf die Bettenzahl haben. Diese soll laut Sozialministerium von jetzt 239 auf 162 reduziert werden. Dabei wurde selbst im Medizinkonzept vor vier Jahren die künftige Bettenzahl offengelassen, nicht zuletzt, um die demografische Entwicklung abzuwarten.
Die Krebstherapie insgesamt will Kaufmann in Leonberg zu früherer Stärke zurückführen: „Es darf nicht unerwähnt bleiben, dass der Standort Leonberg schon Darmkrebszentrum sowie Brustzentrum war.“ Das sei gerade inaktiv, „obwohl mit den versierten Spezialisten Barbara John und Wolfgang Steurer eine absolut hohe Fachkompetenz vorhanden ist“, schreibt Kaufmann an Bernhard.
Neue Perspektiven
„Mit der Eröffnung des Strahlentherapiezentrums rückt diese Kompetenz in eine ganz neue Perspektive. Ich gehe davon aus, dass das Darmkrebszentrum wieder aktiv unter Zielsetzung einer Zertifizierung durch die Deutsche Krebsgesellschaft gestellt wird.“
Und noch einen Punkt gibt der OB dem Landrat in seinem forsch formulierten Brief mit auf den Weg: „Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie den Begriff des Gesundheitscampus nicht mit den medizinischen und wirtschaftlichen Chancen eines onkologischen Schwerpunktes in Verbindung oder gar Abhängigkeit bringen“, schreibt Kaufmann an Bernhard. „Denn das können unterschiedliche Ansätze sein.“