Fledermäuse sind Jäger der Nacht. Dank ihrer Echoortung finden sie sich in der Dunkelheit zurecht und schnappen sich Insekten als Beute. Foto: dpa

Die Gutenberger Höhlen sind Rückzugsgebiete für Fledermäuse, eine Führung begibt sich auf die Spuren der Jäger der Nacht.

Lenningen - Heidi Schubert dämpft gleich zu Beginn der Themenführung „heimische Fledermäuse“ allzu hohe Erwartungen. „Es gibt in den Gutenberger Höhlen Fledermäuse, aber nicht jetzt, die Höhlen sind ein Winterquartier für Fledermäuse“, erklärt die Führerin den sechs Kindern und drei Müttern, die vor dem vergitterten Eingang gespannt sind, was sie im Inneren der Höhle oberhalb des Lenninger Teilorts Gutenberg erwartet.

In der Höhle wird bei acht Grad Winterschlaf gehalten

Egal, ob es draußen im Sommer 30 plus oder im Winter minus 15 Grad Celsius hat – die Temperatur in der Gutenberger Höhle liegt unabhängig von der Jahreszeit bei konstant acht bis neun Grad. Im Winter ist sie deshalb für Fledermäuse ein idealer Platz, um ihren Winterschlaf zu halten. Während der warmen Jahreszeit allerdings halten sich die Weibchen mit ihren Jungen an anderen Orten auf, denn in der kalten Höhle wäre der Energieverbrauch für den Nachwuchs zu hoch, erklärt Heidi Schubert, die bei der Arbeitsgemeinschaft Fledermausschutz Baden-Württemberg als Sachverständige tätig ist.

Mit etwas Glück könnte die Gruppe aber dennoch eine Fledermaus zu Gesicht bekommen. Erst vor drei Wochen habe sie bei einer Führung ein Einzeltier an einer der Kalksteindecken hängend entdeckt. Ausgerüstet mit Taschen- und Stirnlampen macht sich die Gruppe im Gänsemarsch auf den Weg in die rund 200 Meter lange Höhle. Auf Schritt und Tritt begleiten einen die Kalkablagerungen, die an den Wänden und Decken teils bizarre Formen bilden. Doch Vorsicht! Nur mit den „Augen anfassen“, schärft die Führerin ein. Denn Fett an den Händen birgt bei einer Berührung das Risiko, dass das Wasser abperlt, der Kalk sich nicht wie erforderlich festsetzen kann und der Tropfstein nicht wächst.

Stalaktiten wachsen äußerst langsam

Die Tropfsteinhöhle macht ihrem Namen auch in diesem trockenen Sommer alle Ehre. Es tropft von oben herab durch das wasserdurchlässige Gestein des weißen Jura. Unvorstellbar langsam gehen Veränderungen hier vonstatten. Gerade mal einen Zentimeter wächst ein Tropfstein in 100 Jahren. Heidi Schubert deutet auf das Rudiment eines Stalaktiten. Einen Zentimeter „neues“ Wachstum erkennt die Expertin an dem Stumpf – ein Hinweis darauf, dass ein Höhlenschänder nur kurze Zeit nach der Entdeckung der Höhle vor rund 130 Jahren durch den Pfarrer Karl Gußmann ein vermutlich stattliches Exemplar gekappt haben muss und vermutlich als Trophäe nach Hause geschleppt hat.

Durch schmale und niedrige Gänge, die zum Bücken zwingen, und mehrere geräumige Hallen führt der Weg durch die Höhle. Keine Spur von einer Fledermaus. In der „Teilungshalle“ hält sich laut Heidi Schubert hin und wieder das männliche Exemplar einer Langohrfledermaus auf. Sie strahlt die in Frage kommenden Stellen mit der Taschenlampe an, doch Fehlanzeige. Das Tier ist heute nicht an seinem Platz.

Mücken und Spinnen leben in der Höhle

Dafür begegnen den Kindern in der Höhle andere Tieren – etwa die Höhlenpilzmücke. Diese Insekten halten sich an den Sinterformationen auf, überzogen sind sie mit einem Pilz, der sie wie Schneeflocken aussehen lässt und der am Ende zum Ableben der Mücke führen wird. Dann sind da noch die Höhlenspinnen am Höhleneingang, deren Anblick ruft bei einigen Kindern allerdings Ekel hervor.

Wieder draußen, sieht die Gruppe dann endlich Fledermäuse – allerdings in getrockneter Form und in Gläsern aufbewahrt. Heidi Schubert erzählt allerhand Wissenswertes über die faszinierenden Säugetiere, die sich über Echoortung zurechtfinden und diese sehr erfolgreich für ihre Jagd auf Insekten einsetzen. Eine Zwergfledermaus etwa frisst circa 1000 Mücken pro Nacht. Vampire, mit denen Fledermäuse häufig in Verbindung gebracht werden, sind die 20 in Baden-Württemberg beheimateten Fledermäuse übrigens nicht. Sie ernähren sich ausschließlich von Insekten, Spinnen und anderen Gliedertieren. Allerdings haben sie eine Blut leckende Verwandtschaft, die in Mittel- und in Südamerika lebt.

Tipps für „Fledermausfreundlichkeit“ in Haus und Garten

Die Kinder lernen bei der Führung unter anderem, wie Haus und Garten „fledermausfreundlich“ gestaltet werden können, indem beispielsweise Fledermauskästen angebracht werden, die den Tieren als Behausung dienen. Es wird auch gebastelt, der Clou dabei ist ein Handbuch zum Bau eines Fledermausdetektors. Mit diesem einfachen Gerät zum Selberlöten kann man die Ultraschalllaute der Fledermäuse für das menschliche Ohr hörbar machen.

Rulaman und andere Märchen

Bewohner
Die Gutenberger Höhle gilt als eine der schönsten Tropfsteinhöhlen der Schwäbischen Alb. Dort wurden Knochenfunde etwa von Biber, Hyäne, Höhlenbär, Höhlenlöwe und Nashorn entdeckt. Sensationell war der Fund von Kiefernstücken eines Berberaffen und des Alpenwolfes. Die Gutenberger und die benachbarte Gußmannshöhle sind von Mai bis Oktober samstags von 13 bis 16 Uhr sowie sonn- und feiertags von 10 bis 16 Uhr geöffnet.

Märchenabend
Sandra Linsenmayer und Luis Arellano haben die Geschichte des Neandertalers Rulaman und andere Märchen stimmungsvoll vertont. Am Freitag, 7. September, laden sie zu einem Märchenabend von 17.30 Uhr in die Gutenberger Höhle ein. Der Eintritt kostet neun, ermäßigt sechs Euro. Anmeldungen sind möglich im Gutenberger Rathaus unter der Rufnummer 0 70 26/609-45.