Lena Meyer-Landrut, die sich mittlerweile nur noch Lena nennt, im Wizemann Foto: Michael Latz

Lena Meyer-Landrut hat am Freitagabend ihre meist sehr jungen Fans im Wizemann begeistert. Mehr als um die Musik ging es um die neue Marke Lena.

Stuttgart - Nein, magersüchtig, wie zuletzt manche anlässlich eines Instagram-Posts mutmaßten, sieht Lena Meyer-Landrut bei ihrem Auftritt am Freitagabend in der Halle des Wizemann nicht aus. Nur sehr schlank, man könnte auch sagen, durchtrainiert. Stolz zeigt sie ihren hübschen Waschbrettbauch, Lenas hellgrauer Hoodie bedeckt gerade so die Unterbrustlinie. Ihr Haar fällt in weichen Beachwaves bis zu den Schultern, von den Blessuren, die sich die 28-jährige beim Sturz während ihres Konzerts in Hannover zugezogen hat, ist nichts zu sehen.

Es geht auch gleich zur Sache. Mit der Energie eines Flummis steigt Lena in die ersten drei Songs ein und lässt die Fans vergessen, dass erst wenige Minuten zuvor ein paar Sanis kreislaufschwachen Gästen wieder auf die Beine helfen mussten. Nach dem Auftritt von Lenas Support Danyiom war die Luft im Saal ziemlich dick geworden. Dennoch bouncen und nicken Lenas Musiker engagiert an Gitarre, Bass, Schlagzeug und Keys. Um Lena herum sind zwei Sängerinnen und zwei Tänzerinnen gruppiert. Eine solidarische Combo, die der Künstlerin den zarten, trotz manch böser Gerüchte aber aufrechten Rücken stärkt.

„Einen Fick auf das geben, was andere sagen“

Lenas Widerstandskraft und Selbsttreue werden an diesem Abend häufiger Thema. Für das größtenteils weibliche, sehr junge Publikum ist die einstige ESC-Siegerin ein echtes Vorbild; beste Freundin und strahlendes Idol in einem. Dass Lena allen Gekommenen den „allerschönsten Abend“ bereiten will, nimmt man ihr ab. Als sie sich vor dem vierten Song ihres Alibi-Pullis entledigt und kess anmerkt, das sei aber „kein sexuelles Ausziehen, sondern einfach der Temperatur geschuldet“, grinsen einige. Zum Vorschein kommt ein knappes, schwarzes Bustier mit schick verschlungenen Trägern. „Es ist so toll, wenn man keinen Fick auf das geben muss, was andere sagen“, setzt Lena hinzu.

Ein Schienbeintritt der 2009 von Entertainer Stefan Raab entdeckten Sängerin in Richtung der Presse, weil die nicht immer wohlwollend über jene Bilder schreibt, die Meyer-Landrut von sich in Sozialen Netzwerken veröffentlicht hat. Den gesamten Abend über inszeniert sich Lena als junge, von unfairen Zeitgenossen missverstandene Frau, die aber in der Musik und innerhalb ihrer sie schützenden Gang individuellen Ausdruck und Halt findet.

Musik wie ein Potemkinsches Dorf

Das kommt gut an, besonders bei noch unsicheren Teenagern, denen Lena mit Zeilen wie „I love myself ’cause I am trying“ griffige Merksätze zur Selbstermutigung schenkt. Das aber all das eben auch einem klugen Marketingkonzept folgt, mit Lenas Offenherzigkeit und Schnoddrigkeit als Unique Selling Point, sieht man nur mit etwas Abstand.

Die Musik wird fast zur Nebensache, ist im Wizemann allerdings toll abgemischt. Jede Note sitzt, Lenas heller Mezzo-Sopran bleibt zwar flach, klingt aber – anders als bei ihrer gestandenen Kollegin Madonna neulich beim ESC – makellos. Die Drums sind schön fest, doch weder der organische Rhythmus, noch die Breakbeats aus der Konserve wummern bis hinunter in die Magengrube. Schade auch, dass die eigentlich funkigen Basslinien schon auf halbem Weg zum Zwerchfell in der Luft verebben, insgesamt ein unbefriedigendes Erlebnis, dem es an körperlich spürbarer Sinnlichkeit fehlt. Lenas Musik ist letztlich wie ein Potemkinsches Dorf: Eine angenehme Oberfläche, wenig dahinter.