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Ratgeber soll Gaststätten helfen, rechtsextreme Mieter fernzuhalten

Stuttgart - Auf den ersten Blick wirkt die bunte Broschüre wie ein branchenüblicher Prospekt beim Werben um neue Gäste. Auf den zweiten Blick aber wird deutlich, dass es kein normaler Ratgeber ist, den Gastronomen und Hoteliers da erhalten. Der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) hat für seine Mitglieder eine Broschüre mit dem Titel „Sie sagten doch, sie wollten nur Geburtstag feiern . . .“ erstellt. Das Ziel: Mietversuche der extremen Rechten rechtzeitig erkennen und im Vorfeld verhindern.

Der Ratgeber ist die Konsequenz aus regelmäßig wiederkehrenden Vorfällen der vergangenen Jahre. Immer wieder kam es im gesamten Bundesgebiet vor, dass sich rechtsextreme Gruppierungen in Räumlichkeiten einmieteten, aber der Gaststättenpächter oder Hallenbesitzer nicht über den wahren Hintergrund informiert war.

88 oder 28 sind beliebte Zahlencodes der Neonazis

Der Bundesgerichtshof hat in einem Urteil vom März 2012 festgestellt, dass ein Hotelier grundsätzlich frei entscheiden kann, wen er beherbergt oder nicht. Der Haken: Wurde bereits ein Vertrag geschlossen, kann dieser grundsätzlich nur gekündigt werden, wenn ein wichtiger Grund gegeben ist. Um solche Situationen auszuschließen, hat der Verband der Hoteliers und Gastronomen für seine Mitglieder inzwischen einen umfangreichen Ratgeber erstellt. Er beinhaltet Hinweise

auf typische Bekleidungsmarken wie Consdaple, Masterrace und Walhall Germany, die von den Rechtsextremen bevorzugt getragen werden, oder auch

auffällige Zahlencodes wie „88“ (für Heil Hitler) und „28“ (für Blood & Honour) oder

Symbole wie Keltenkreuz, schwarze Sonne, Adler und Gaudreieck, die auf extremistische Gesinnungen hindeuten.

In diesem Zusammenhang enthält der Leitfaden eine Übersicht von Jahresterminen, die von den Rechtsextremen gerne für Gedenkfeiern genutzt werden – wie der 17. August als Todestag von Hitlers Stellvertreter Rudolf Heß – und für die die Szene dann entsprechende Lokalitäten sucht. Mehr noch: Der Ratgeber beinhaltet Tipps für Gastronomen zur Ausgestaltung eines Mietvertrags – inklusive Informationen zu Haftungsfragen und die Festlegung von Vertragsstrafen. Motto: „Rechtsextremisten nicht auf den Leim gehen“.

Aus Sicht des Dehoga-Landesverbands Baden-Württemberg bündelt der Ratgeber, der vom Landesverband Brandenburg erstellt wurde, viele nützliche Informationen. „Wir sind ein tolerantes und weltoffenes Gewerbe und geben rechtsextremen Gruppen keine Bühne“, sagte ein Sprecher des Landesverbands am Donnerstag unserer Zeitung. Von den aktuell rund 12 000 Dehoga-Mitgliedsbetrieben in Baden-Württemberg seien rund 2000 mit ausländischer Nationalität. Die größte Gruppe würden die Italiener stellen, gefolgt von Griechen und Türken.

Der komplette Leitfaden im Netz unter:www.stn.de/neonazis